Niedermurach
25.07.2019 - 15:51 Uhr

Wenn Kirchenbänke leerer werden

Die Zahlen über Kirchenaustritte alarmieren: Sie werden auch bei der Dekanatsversammlung in Niedermurach thematisiert. Die Pfarrgemeinden sind gefordert.

Dekan Alfons Kaufmann (Mitte) zelebriert in der Pfarrkirche St. Martin Niedermurach das Messopfer mit seinem Stellvertreter Prodekan Herbert Rösl (Dritter von links) und den geistlichen Mitbrüdern im Priesteramt aus den Pfarreigemeinschaften des Dekanats Neunburg/Oberviechtach. Bild: boj
Dekan Alfons Kaufmann (Mitte) zelebriert in der Pfarrkirche St. Martin Niedermurach das Messopfer mit seinem Stellvertreter Prodekan Herbert Rösl (Dritter von links) und den geistlichen Mitbrüdern im Priesteramt aus den Pfarreigemeinschaften des Dekanats Neunburg/Oberviechtach.

„Wer wir sind – Kirche als Zeugnisgeber“ war der übergreifende Themengedanke in der Predigt und dem anschließenden Vortrag bei der Dekanatsversammlung in Niedermurach. Pfarrgemeinderäte und Mitglieder der Kirchenverwaltungen aus dem Dekanat Neunburg/Oberviechtach waren dazu eingeladen. Die jüngsten alarmierenden Zahlen zu den Kirchenaustritten verliehen den Einschätzungen zu den künftigen Herausforderungen in Kirche und Pfarrgemeinden noch besonderes Gewicht.

In Konzelebration mit den Geistlichen aus den Pfarreien des Dekanats feierte Dekan Stadtpfarrer Alfons Kaufmann das Messopfer, das von der Chorgemeinschaft „Venite“ festlich gestaltet wurde. In seiner Predigt machte er deutlich, dass aus der Sicht des Apostel Paulus die christliche Gemeinde, die Kirche, mit ihren Spannungen, Problemen, Fehlern, Sündern und Versagern "eben der Christus ist, den man sehen kann".

Dekan Alfons Kaufmann machte klar: „Wenn etwas anders geworden ist, seit er kam, dann muss das an der Kirche ablesbar sein.“ Missbrauchs- und Finanzskandale, Prinzipienreiterei in moralischen Fragen, mangelnde Sensibilität für Menschen in konkreten Nöten seien bevorzugte Gründe, die Kirche zu verlassen. „Daran ist die Kirche selber schuld.“

Kaufmann richtete seinen Blick aber auch darauf, was Kirchengegner kaum oder gar nicht zur Kenntnis nehmen: „Alles, was Christen im Namen Jesus tun für Arme, Kranke, Behinderte, Gescheiterte und solche, die ewig auf der Schattenseite des Lebens stehen, hat die Welt verändert.“ Hier würden Christen, werde die Kirche als Zeugnisgeber sichtbar.

Im Saal des neuen Pfarrheims trafen sich dann die ehrenamtlich Tätigen mit ihren Ortspfarrern zum Vortrag „Kirchenentwicklung – Herausforderung (nicht nur) für Pfarrgemeinderäte“ mit Pastoralreferent Manfred Fürnrohr, Geschäftsführer "Diözesane Räte" beim Bistum Regensburg. Zunächst spannte der Referent den Bogen von der Urkirche bis in die Gegenwart und beleuchtete die äußeren und inneren Einflüsse in der Entwicklung der Kirche. Als zentralen Punkt sah er das Apostolat der Laien, aus dem jedem Christen durch Taufe und Firmung das Recht und die Pflicht erwächst, sich in Kirche und Welt zum Wohl der Menschen und zum Aufbau der Kirche einzubringen. Dieser Verantwortung würden die Pfarrgemeinderäte als Impuls- und Ideengeber in vorbildlicher Weise gerecht.

Den drastischen Rückgang des Kirchenbesuchs sah Manfred Fürnrohr darin begründet, dass jeder für sich entscheiden könne, ob und wie er seinen Glauben lebe, was heute Hemmschwellen schneller sinken lasse als früher. Skandale in der Kirche und der damit einhergehende Verlust an Glaubwürdigkeit seien die Hauptursachen für die enormen Kirchenaustritte. Aber auch verloren gegangene Bindungen und die um sich greifende Meinung, es geht auch ohne Kirche, fallen darunter.

Eine wichtige Komponente des Vortrags war der Blick nach vorne: Wie wird sich die Kirche entwickeln? Wie wird unsere Pfarrgemeinde morgen aussehen? Was wird wichtig werden? Der Referent legte den PGR-Mitgliedern nahe, über den eigenen Kirchturm hinauszublicken, Gemeinsamkeiten in den Pfarreigemeinschaften zu suchen und sich vom Anspruchsdenken, „Wir haben das schon immer so gemacht“, zu verabschieden.

„In der Kirche muss vom Rosenkranz bis Taizé alles Platz haben“, betonte der Referent und brachte es auf den Punkt: „Wenn die Menschen in den Pfarreien nichts machen, passiert auch nichts.“ Die Mitarbeit im Pfarrgemeinderat sah er als erfüllende, herausfordernde und zeugnisgebende Aufgabe, das Gesicht von Kirche und Pfarrgemeinde zu prägen. Im Hinblick auf den zunehmenden Priestermangel seien auch Veränderungen und Neuordnungen in den Pfarreigemeinschaften und Dekanaten zu erwarten.

Die Anregung der Zuhörer, in immer leerer werdenden Kirchen Platz für eine gesellschaftlich-soziale Begegnungsstätte einzurichten, sah Manfred Fürnrohr als zukunftsweisende Idee, die man im Auge behalten müsse.

Pastoralreferent Manfred Fürnrohr beleuchtete in seinem Vortrag Vergangenes, Gegenwärtiges und zu Erwartendes in Kirche und Pfarrgemeinden. Bild: boj
Pastoralreferent Manfred Fürnrohr beleuchtete in seinem Vortrag Vergangenes, Gegenwärtiges und zu Erwartendes in Kirche und Pfarrgemeinden.
 
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