Als Heribert Prantl so werden wollte wie Rainer Werner Fassbinder

Nittenau
28.07.2023 - 06:30 Uhr
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Heribert Prantl ist einer der bekanntesten Journalisten des Landes, doch beinahe wäre der Nittenauer in der Filmszene gelandet. Zu seinem 70. Geburtstag blickt er auf sein Leben zurück, in dem die Oberpfalz eine der Hauptrollen spielt.

Der Podcast mit Heribert Prantl:

Es hat nicht viel gefehlt, dann wäre bei Heribert Prantl alles anders gekommen. Eine Zeitungsausträgerin des "Neuen Tags" in Nittenau spielte eine große Rolle dabei. Eine noch größere Rolle spielte allerdings ihr Sohn – in Prantls Geschichte und überhaupt. Denn dieser war Kurt Raab, ein bekannter Schauspieler, der unter anderem eng mit Star-Regisseur Rainer Werner Fassbinder zusammengearbeitet hatte. Prantl kam mit dem Schauspieler ins Gespräch – und war fasziniert von dessen Erzählungen, der 68er Zeit in München, der Filmszene in der großen Landeshauptstadt und von Fassbinder sowieso.

Heribert Prantl bewarb sich deshalb an der Filmhochschule, schlug gleichzeitig aber auch einen seriöseren Weg ein – den der "Juristerei", wie er diese Zeit gerne benennt. Auf diesem Weg blieb er zunächst, zur Erleichterung seiner Eltern. Prantl wurde Richter und Staatsanwalt, arbeitete in diesen Funktionen unter anderem in Regensburg und in Kelheim.

Er machte Karriere. Gerade hatte er als Staatsanwalt eine Räuberbande im Blick – sein bis dahin größter Fall. Prantls Ruf war der eines harten Hundes. Er kam gerade aus der Verhandlung mit den Tatwaffen in der Hand. "Um ein bisschen Eindruck zu machen", wie er heute sagt. Er ließ die Waffen fallen. Dann hörte er von einem Kollegen, wer da gerade angerufen hatte. Es war die "Süddeutsche Zeitung" (SZ), die Chefs dort boten ihm einen Job an. Prantl überlegte, sein Vater war zuerst noch skeptisch. Doch der Entschluss stand schnell fest: Tschüss seriöser Weg der "Juristerei" und hallo Abenteuer Journalismus.

Gefeiert, gehasst und berühmt

Der Rest der Geschichte dürfte vielen bekannt sein: Heribert Prantl war 25 Jahre lang Leiter des Ressorts Innenpolitik der SZ und verantwortete danach das Ressort Meinung. Er war acht Jahre lang Mitglied der Chefredaktion, wurde zum Dauergast in deutschen Talkshows und einer der bekanntesten Journalisten des Landes. Vor allem als Kommentator, Kolumnist und Leitartikler wurde er bundesweit gefeiert, gehasst und berühmt. Er machte Karriere – schon wieder.

Prantls Blick fiel in dieser Zeit nicht mehr auf Räuberbanden, sondern durch die Glasfront seines Büros im 25. Stock des Verlagshauses in München. War das Wetter günstig, konnte er von dort einen Blick auf die Alpen erhaschen. Und an ganz guten Tagen könne man sogar bis nach Italien schauen, scherzte er gerne. "Daraus spricht die Begeisterung für dieses Büro und für die Arbeit, die ich da machen durfte", sagt Prantl heute darauf angesprochen und ergänzt: "Der Journalismus macht glücklich." Denn das Schreiben werde er nicht sein lassen. Es seine eine der beiden Heimaten für ihn. Seit 2019 ist er nun offiziell im Ruhestand, doch er arbeitet immer noch als Autor für seine SZ. Kolumnen sind also immer noch ein fester Bestandteil seines Alltags – eine von ihnen heißt übrigens "Prantls Blick".

Doch er genieße durchaus die neue Freiheit. Denn Arbeitszeiten von 8 Uhr in der Früh bis 21 Uhr abends, oder drei bis vier Konferenzen am Tag? Das gehört nun der Vergangenheit an. Prantls Blick geht nun immer weniger in Richtung der Alpen, dafür umso mehr auf die Steinerne Brücke und die Donau. In Regensburg hat er eine Zweitwohnung direkt in der Innenstadt. Er sei also öfter in der Oberpfalz – die neben dem Schreiben seine zweite Heimat ist. Hier will er auch seinen 70. Geburtstag feiern, der am 30. Juli ansteht. "Wahrscheinlich gehe ich durch Regensburg", sagt er. Die großen Feiern will er irgendwann nachholen. Doch am 30. Juli bleibe er in der Heimat, vielleicht unternehme er auch eine Bootsfahrt von seiner Geburtsstadt Nittenau aus nach Heilinghausen. Auf dem Regen, der Naab oder der Donau ist der ehemalige SZ-Chef immer wieder gerne unterwegs, hört da gerne "das Wasser gurgeln". Dort denke er dann auch darüber nach, was alles war und was noch kommt.

"Bin ja nicht Henry Kissinger"

Aufgeschrieben, was war, hat er anlässlich seines runden Geburtstages übrigens schon. In "Mensch Prantl" blickt er auf sein Leben zurück. Doch eine Autobiographie solle das nicht sein, betont er. "Ich bin ja nicht Henry Kissinger." Er habe versucht, seine Erlebnisse mit den Themen, die ihm wichtig sind, zu verknüpfen. "Dann wird das Persönliche so, dass es mir nicht peinlich ist", sagt er. Das Buch habe er teilweise auch in Regensburg geschrieben, also mit dem Blick auf die Donau und die Steinerne Brücke.

In den 25. Stock seines Büros in München kehre er aber auch hin und wieder zurück. "Ich habe da auch noch einen Schreibtisch." Außerdem nehme er da regelmäßig zwei große Ikea-Plastiktüten voller an ihn adressierter Briefe und Post mit. Ein berühmter und gefragter Journalist bleibt er also auch im Ruhestand. Doch beinahe wäre im Leben von Heribert Prantl alles ganz anders gekommen. Denn damals fiel der Blick des Nittenauer Gymnasiasten auch auf die Münchener Filmwelt. "Vielleicht wäre ich dann heute ein Filmregisseur", sagt er.

Hintergrund:

Zur Person: Heribert Prantl

  • Oberpfälzer: kommt aus Nittenau (Landkreis Schwandorf)
  • Alter: wird am 30. Juli 70 Jahre alt
  • Erster Berufsweg: arbeitete als Richter und Staatsanwalt, unter anderem war er als Landgerichtssprecher in Regensburg tätig
  • Zweiter Berufsweg: 25 Jahre lang Chef des Ressorts Innenpolitik der "Süddeutschen Zeitung" (SZ), Leiter des Ressorts Meinung bei der SZ, acht Jahre lang Teil der SZ-Chefredaktion
  • Journalistische Ausbildung: unter anderem beim "Neuen Tag"
  • Neuestes Buch: "Mensch Prantl", ein autobiografisches Kalendarium, 280 Seiten, Langen-Müller (Herausgeber)
 
 

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