Aktionsgruppe fürchtet: Krankenhaus Oberviechtach künftig ohne Notfallversorgung

Oberviechtach
26.02.2023 - 09:04 Uhr
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Erneut wendet sich die Aktionsgruppe gegen Kliniksterben in Sachen Krankenhaus Oberviechtach an die Öffentlichkeit. Gerade mit Blick auf die Krankenhausreform fürchtet sie um den Klinikstandort Oberviechtach. Die IWG Holding hält dagegen.

Ein Gedankenspiel: Wenn es das Krankenhaus in Oberviechtach nicht gäbe, sähe die medizinische Versorgung gerade im östlichen Landkreis Schwandorf mau aus. Das geht aus einer Simulation des Spitzenverbands Bund der Krankenkassen hervor. Um ein Haus für medizinische Grundversorgung für Erwachsene zu erreichen, bräuchte ein Schönseer über 40 Minuten, ebenso Menschen aus Oberviechtach, Weiding, Dieterskirchen und Teilen der Gemeinde Teunz sowie der Stadt Neunburg.

Aus den Gemeinden Thanstein, Winklarn, Niedermurach und Schwarzhofen braucht man immerhin noch zwischen 30 und 40 Minuten. Gerade im Vergleich zum Umland von Städten wie Weiden, Amberg, Schwandorf oder Cham steht der östliche Landkreis Schwandorf da schlecht da.

„Kann lebensentscheidend sein“

Das ist freilich nur eine Simulation. Die "Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern" fürchtet jedoch, dass daraus Realität werden könnte, und wendet sich mit einem offenen Brief an die IWG Holding, die das Krankenhaus ab April von Asklepios übernehmen möchte. "Die Sicherstellung des Krankenhauses Oberviechtach – unabhängig von ökonomischen Kriterien – kann nur ein kommunaler Träger gewährleisten", heißt es in dem Schreiben. "Müsste das Krankenhaus Oberviechtach mittelfristig aus wirtschaftlichen Gründen schließen, könnten 32.700 Einwohner keine klinische Allgemeinversorgung einschließlich Notfallversorgung binnen 30 Fahrzeitminuten erreichen. Das kann lebensentscheidend sein."

Zweifel an Versprechen

Dass die IWG, wie sie bisher versicherte, alle Abteilungen des bisherigen Krankenhauses erhalten und die Notfallversorgung sicherstellen kann, bezweifelt die Aktionsgruppe. Im Zuge der Krankenhausreform würde die Einrichtung in Oberviechtach wegen der momentanen Strukturen als eine Einrichtung ohne Notfallversorgung, unter pflegerischer statt ärztlicher Leitung, mit ambulant ärztlicher Anwesenheit tagsüber und ärztlicher Rufbereitschaft in der Nacht eingestuft werden. Damit wäre das Krankenhaus Oberviechtach "eben nicht für klinische Notfälle geeignet". Die Notfallversorgung in Oberviechtach sicherzustellen oder gar auszubauen wäre laut der Aktionsgruppe "nicht oder nur mit maximalem Aufwand" möglich.

Daher fordert die Aktionsgruppe, den Versprechen auch Taten folgen zu lassen, um Vertrauen zurückzugewinnen: Die IWG solle die nötigen Strukturen für eine Basisnotfallversorgung am Krankenhaus in Oberviechtach schaffen – dazu gehört etwa eine Intensivstation mit mindestens sechs Intensivbetten, eine Zentrale Notaufnahme und die 24-stündige Verfügbarkeit von Computertomographie. Nur dann hätte das Krankenhaus die Voraussetzungen, nach der Reform als Krankenhaus mit Notfallversorgung eingestuft zu werden. "Damit sichern damit Sie den Klinikstandort Oberviechtach dauerhaft."

Reform noch in Diskussion

Auf Nachfrage von Oberpfalz-Medien nimmt die IWG Holding Stellung zu dem Brief. Eine Sprecherin des Unternehmens weist darauf hin, dass die aufgeworfenen Fragen der Aktionsgruppe unter anderem auf die Empfehlungen der Regierungskommission für eine moderne Krankenhausversorgung abzielen. Diese seien Teil eines bundesweiten Diskussionsprozesses und "bilden nicht die heute geltende Rechtslage ab", betont das Unternehmen. Erst Donnerstag habe zu dem Thema wieder eine Aktionsgruppe getagt, der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek habe außerdem bereits zum Ausdruck gebracht, dass die Reformvorschläge nicht 1:1 umgesetzt werden könnten. Es gebe voraussichtlich eine Bereitschaft für flexiblere regionale Lösungen.

"Wir stehen zu unserer Aussage, dass wir das Krankenhaus Oberviechtach weiterentwickeln und damit die medizinische Versorgung der Menschen im Landkreis Schwandorf sicherstellen und ausbauen wollen", heißt es in der Stellungnahme weiter. Dazu kombiniere man die Größe und Kraft des Asklepios-Konzerns mit dem Know-How der IWG Holding, "die bereits mehrfach unter Beweis gestellt hat, ambulante medizinische Versorgung ,am Land' organisieren zu können".

Ziel der IWG sei es, mehr Medizin und medizinnahe Dienstleistungen an den Standort Oberviechtach zu bringen als es bislang der Fall war. "Dass wir uns dabei in eine Kooperation mit Asklepios begeben, ist aus unserer Sicht mehr als logisch: Wir wollen gemeinsam mehr erreichen und nicht zur Konkurrenz werden", so die Sprecherin weiter. Denn unabhängig von der Trägerschaft warten die immer selben Herausforderungen: Fachkräftemangel, hohe Anforderungen an Bürokratie und die bislang strikte Trennung zwischen ambulanten und stationären Leistungen.

Hintergrund:

Vorgeschichte

  • Januar 2023: Die IWG und Asklepios verkünden, einen Kaufvertrag über das Krankenhaus Oberviechtach geschlossen zu haben
  • Geplanter Trägerwechsel: 1. April 2023
  • Zuständigkeiten: Arbeitgeber für Pflegepersonal und Ärzte wird IWG, Klinikmanager bleibt Asklepios
  • Plan: IWG will den Neubau des Krankenhauses übernehmen, im Altbau soll ein ambulantes Ärztehaus entstehen
 
 

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