(frd) Man schrieb den 11. August 1961. Panzergrenadiere vom frühen Grenadierbataillon 14 aus Amberg, angeführt von Bataillonskommandeur, Oberstleutnant Martin Leske, marschierten in Oberviechtach ein. Am Rande des mit Kopfsteinpflaster ausgelegten Marktplatzes stand ein Bub, der in der nahen Schönseer Straße wohnte. Er versuchte zwischen den Erwachsenen einen Blick auf das Geschehens zu erhaschen. Das Einzige, was er dabei mitbekam, waren ein paar abgehackte Wortfetzen wie „still gestanden, Augen gerade aus“. Doch er verstand den Sinn nicht, denn Ähnliches hatte er vorher noch nie gesehen oder gehört. Und damit konnte er schlichtweg nichts anfangen.
Durch eine Lücke in der Menschenmenge konnte er eine lange Reihe von Köpfen mit Stahlhelmen erblicken, die sich wie Marionetten nach diesen Kommandos bewegten. Noch ein paar Minuten zuvor hatte das Kopfsteinpflaster vom Gleichschritt der einmarschierenden Soldaten gedröhnt. Und am Morgen hatte er schon in der „Grenz-Warte“ vom großen Ereignis dieses Tages, der Ankunft der Soldaten gelesen, das sich nun vor seinen Augen abspielte. Dort wo er noch vor ein paar Jahren mit seinen Eltern Reisig und Heidelbeeren gesammelt hatte, war in den letzten beiden Jahren eine Kaserne gebaut worden, die nun bezogen werden sollte. Ja, es war jetzt ganz schön was los im bisher leicht verschlafen wirkenden Oberviechtach.
Ein lautes Kommando weckte den jungen Burschen aus seinem Gedanken und nach einem „Achtung präsentiert“ marschierten ein paar Soldaten und Zivilisten grüßend an der Front der Soldaten vorbei und der Bub spürte, dass das heute doch ein besonderer Tag sein müsste, denn es schlossen sich auch Reden an, in denen von Aufschwung, Fortschritt und einer guten Zukunft für Oberviechtach gesprochen wurde. Doch da fiel dem Buben ein, dass er ja für den morgigen Tag seine Hausaufgaben noch nicht gemacht hatte, was ihm deutlich wichtiger schien, als dass Oberviechtach heute Garnisonsstadt geworden ist. Also lief er schnell nach Hause um zu lernen.
Bleibt noch anzumerken, dass dieser Bub einige Jahre später als Wehrpflichtiger in die Grenzlandkaserne eingezogen wurde. Er wurde Berufssoldat und verrichtete hier 33 Jahre bis hin zum Panzergrenadierzugführer und Kompaniefeldwebel seinen Dienst. Mit dem Einzug der Bundeswehr in Oberviechtach hatte sich also auch sein Leben entscheidend verändert . Doch das hatte er damals noch nicht ahnen können.
Als feststand, dass Oberviechtach Garnisonstadt wird, war das Interesse von vielen Bürgern, vor allem das der Grundstücksbesitzer, geweckt. Es gab natürlich auch einige, die ein größeres Stück vom „Kasernenkuchen“ abbekommen wollten.
Doch auch Gegner des Kasernenbaus traten auf den Plan und formierten sich in Versammlungen. Sie versuchten, Fakten zu finden, die gegen eine Garnisonsstadt sprechen. In erster Linie waren das größere Landwirte, die keine Grundstücke verkaufen konnten und um ihre bis dahin meist gering bezahlten Arbeitskräfte fürchteten. Doch die Vorarbeiten gingen unverdrossen weiter und nach mehreren Protestveranstaltungen gegen den Kasernenbau musste am 5. Dezember 1958 noch einmal eine Bürgerversammlung einberufen werden, in welcher der damalige Landtagsabgeordnete Werner und Landrat Zwick noch einmal die Vorteile einer Garnison erläuterten.
Josef Welnhofer (Beckadofferl), der Sprecher der Garnisonsgegner machte den Befürwortern den Vorwurf, die Geschäftsleute wollten auf Kosten der Landwirtschaft eine Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse erreichen. Bürgermeister Roßmann schloss diese Versammlung mit den Worten: „Wir können nicht mehr zurück, wir müssen jetzt vorwärtsgehen und bei gutem Willen wird alles zu einem guten Ziel kommen, das auch für die Grundstückeigentümer von Nutzen ist. Hoffentlich hat all das, was heute gesprochen worden ist, den Sinn, dass alles fruchtbringend für den Einzelnen und für die Gesamtbevölkerung wird“. Zwar konnte mit dem Bau noch nicht im Frühjahr 1959 begonnen werden, doch der Bauauftrag an das Finanzbauamt Regensburg wurde schließlich am 14. Juni 1959 nach Überwindung aller Schwierigkeiten erteilt.
Der Bau der Kaserne dauerte bis in den Sommer 1961 hinein. Einzug war dann am 11. August 1961 mit Panzergrenadieren vom frühen Grenadierbataillon 14 aus Amberg.















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