Das traditionelle Büro hat keinen Platz mehr in einer Arbeitswelt, in der alles im Fluss ist. Kleine Räume, vollgepfercht mit Regalen und Aktenordnern, sind bei vielen jungen Firmen passé. Die Ablage erfolgt überwiegend in einer Cloud, jederzeit und an jedem Ort für jeden Mitarbeiter zugreifbar. Das Büro der Zukunft passt sich den Anforderungen der digitalen Welt an und entwickelt sich vom reinen Arbeitsplatz hin zum Treffpunkt des sozialen Austauschs. Während Kaffeevollautomaten und höhenverstellbare Schreibtische schon fast zur Standardausstattung gehören, geht die SSI Schäfer IT-Solutions GmbH in Oberviechtach neue Wege.
Die rund 50 IT-Spezialisten die hier seit eineinhalb Jahren die Lager-Software für Weltfirmen wie Pepsi-Cola und Haribo austüfteln, arbeiten in zwei lichtdurchfluteten Großraumbüros. Es sind architektonisch offen gestaltete Räume für einen produktiven und sozialen Austausch. Nicht nur die großen Fensterfronten im leerstehenden Industriegebäude am Sandradl waren eine Herausforderung für Daniela Juraske. Die technische Redakteurin mit Faible für Inneneinrichtungen begleitete den Umbau auf den rund 800 Quadratmetern mit ihren Ideen. Sie zauberte mit vielen Accessoires eine Wohlfühlatmosphäre in die nüchterne Halle. Zu den „Schäfer-Farben“ Gelb, Weiß und Anthrazit kam viel heimisches Holz. Gehauene alte Balken verschönern den Zugang ins Obergeschoss, der mit einer zentral gelegenen Cafeteria zum Herzstück wurde. Im Kaminofen züngeln künstliche Flammen, während echte Holzscheite als Raumteiler dienen. Der Obstkorb lädt mit Himbeeren, Äpfeln und Heidelbeeren zum gesunden Naschen ein und eine Couch-Landschaft daneben zum Entspannen oder auch zum Arbeiten am Laptop.
„Es ist ein guter Treffpunkt für unsere Mitarbeiter“, sagt Diplom-Informatiker (FH) Erich Juraske. Der Vice President IT Market Sector Food & Beverage ergänzt: „Außerdem entstehen gute Ideen nicht nur am Schreibtisch.“ Sandra und Sebastian nicken bei dieser Aussage ihres Chefs. Sie genießen gerade einen Cappuccino an der Kaffeebar – natürlich kostenfrei. Und sie schwärmen von der sehr guten Stimmung im Team, von flexiblen Arbeitszeiten und meinen: „Man geht hier einfach gerne in die Arbeit.“ Beim Blick ins offen angrenzende Großraumbüro mit 27 PC-Arbeitsplätzen sind viele Vorurteile, wie beispielsweise zur Geräuschkulisse, wie weggeblasen. Statt Kabel fallen viele Grünpflanzen und die bunten Kissen ins Auge, welche die Holzbank über den Heizkörpern rund um die umlaufende Fensterfront zieren. „Ideal für eine spontane kurze Abstimmung im Team“, erklärt Daniela Juraske. Die hohe Hallendecke ist mit stehenden Fichtenbrettern abgehängt. Die höhenverstellbaren Schreibtische sind überwiegend in Vierer-Blöcken angeordnet. Es gibt keine festen Plätze und statt im Rollcontainer können die persönlichen Sachen ins Spind-Fach gelegt werden. „Eine flexible Arbeitsplatzwahl ist für uns wichtig, da die Teams für jedes Projekt neu gebildet werden“, erklärt Erich Juraske. Das Motto lautet: „Mittendrin statt nur dabei!“ Innerhalb der Projekte müsse die Kommunikation sehr eng sein. „Deshalb überwiegt der Vorteil der Informationsweitergabe den Nachteil der Störung“, bekräftigt er.
Je nach Bedarf stehen vier Besprechungszimmer und einige speziell vom Schreiner angefertigte Cubes bereit, die gerne zum Telefonieren bzw. für Videokonferenzen genutzt werden. Snoopy, Charlie Brown und andere aus den Peanuts-Comics halten unübersehbar als Namensgeber her und finden sich auch in anderen Bereichen. Fünf Mitarbeiter tauschen sich gerade im Daily-Standup-Meeting via Bildschirm mit zwei Kollegen in Dortmund aus. „Eine gewisse Disziplin im Hinblick auf die Lautstärke ist schon notwendig“, meint der Chef, wobei er der Meinung ist: „Kommunikation ist wichtiger als Dokumentation.“ Das gelte auch bei der Zusammenarbeit mit den neun Mitarbeitern im Büro in Regensburg. Das Wichtigste sei, dass die Belegschaft ein gemütliches Ambiente vorfindet. Denn in einem Umfeld, in dem man sich wohlfühlt, sei man auch produktiver. Spontane Treffen und Gespräche in der Lounge oder Cafeteria sind bei SSI Schäfer ausdrücklich erwünscht. Im abgestuften Auditorium finden nicht nur Vorträge und Informationsveranstaltungen statt, sondern es werden in der Freizeit auch gemeinsam Fußballübertragungen verfolgt. Fest steht, die Grenzen zwischen Arbeit und Privatleben sind seit dem Einzug der Digitalisierung nicht mehr so starr.
Zum Gesamtkonzept gehört auch, dass es eine Gleitzeit ohne vorgegebene Kernzeit gibt: Zwischen 6 Uhr und 20 Uhr darf gearbeitet werden. „Das ist für das Familienleben sehr förderlich“, sagt Daniela Juraske und weiß als zweifache Mutter wovon sie spricht. Natürlich würden sich die Teams eine selbstbestimmte Kernzeit geben, doch es sei eine großzügige Home-Office-Regelung vorhanden und auch Teilzeit ist kein Problem. Wo alles vernetzt ist und jeder über die Cloud auf alle Daten zugreifen kann, ist es gar nicht mehr so wichtig, von wo aus gearbeitet wird. Zum Mittagessen spendiert das Unternehmen einen Zuschuss. „Und in der Küche hat sich schon der eine oder andere Hobbykoch verausgabt und die ganze Belegschaft mit delikaten Speisen verwöhnt“, ergänzt Daniela Juraske. Es gibt teambildende Maßnahmen und auch kleine Feste werden gemeinsam gefeiert. Modernisiert wurden auch die Sanitärräume in der ehemaligen Industriehalle. Wer mit dem Fahrrad zur Arbeit kommt oder sich in der Mittagspause sportlich fit halten möchte, kann hier in einem schönen Ambiente duschen. Auch der Chef ist beim Training für den Landkreislauf und den Nofi-Lauf dabei, was auch das Gemeinschaftsgefühl steigert.
Übrigens: Die Schäfer IT-Solutions unterhält elf Standorte in Deutschland. In Oberviechtach werden Logistik-Anlagen für den Bereich „food and beverage“ (Essen und Trinken) entwickelt, aktuell unter anderem für Coca-Cola (Australien) und für einen Sushi-Großhandel (Philippinen). Aber auch Projekte für andere Markt-Sektoren (wie Fashion, Nike) werden von den Teams im Großraumbüro je nach Bedarf abgewickelt.
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