Albin Dickert ist nicht nur Geschäftsführer der DLB Oberviechtach, er hat auch einen grünen Daumen. "Bei uns pflanzt der Chef", sagt Betriebsleiter Ingo Neumann und deutet auf die Blumenwiese vorm Haupteingang zum Draht- und Litzenwerk. Beim Pressegespräch mit Oberpfalz-Medien geht es um die Nachhaltigkeit im Produktionsablauf, also um "Green Production". Ein Thema, welches die Industrie aktuell umtreibt. Energiesparen ist aber auch ein Thema in den Kommunen, weshalb sich Bürgermeister Rudolf Teplitzky für die Pläne der DLB, mit 110 Arbeitnehmern einer der größten Betriebe im Stadtgebiet, interessiert.
Täglich gehen am Standort im Sandradl 70 Tonnen Kupferdraht rein und raus. "Das sind 160 Millionen Euro jährlich an Materialwert", stellt Ingo Neumann fest. Die Kunden sind Kabelwerke in ganz Europa. Die DLB Oberviechtach GmbH & Co. KG, deren Kernaufgabe in der Herstellung von Mehrfachdrähten, Litzen und Seilen aus Kupfer liegt, hat seit der Übernahme des Draht- und Litzenwerks Krämer in 2018 schon viel in Richtung "Industrie 4.0" investiert. Bis Ende 2022 sind das alleine sieben Millionen Euro in neue Maschinen. Erst kürzlich wurde die Galvanik für den Ausbau der Kapazität und die Erweiterung des Produktspektrums in Betrieb genommen. Damit bleibt die Wertschöpfung am Ort, hohe Transportkosten entfallen.
"Umwelt und Nachhaltigkeit" steht bei den Investitionen in 2023 im Vordergrund. "Wir wollen bis 2027 zu 90 Prozent energieautark sein", stellt der Geschäftsführer fest. "Das passt zum städtischen Ziel, bis 2030 energieautark zu sein", freut sich der Bürgermeister, "wer sich nicht mit dem Thema auseinandersetzt, ist in fünf Jahren weg". Beim Rundgang über das Betriebsgelände lobt er den Einsatz für eine Co2-reduzierte Produktion.
Abwärme statt Ölheizung
Und Teplitzky stellt Berührungspunkte mit der derzeit laufenden Erstellung des städtischen Energienutzungsplans heraus. "Es gibt mehrere Firmen im Stadtgebiet, die viel Abwärme erzeugen und diese in die Luft rauspusten. Man könnte diese für die Beheizung von Häusern nutzen." Das ist auch ein mittelfristiges Ziel der DLB: "Wir sind mit der Kaserne im Gespräch und könnten auch Wohngebiete anschließen", betont Albin Dickert zur Nutzung der Kompressoren-Abwärme, also der Wärmerückgewinnung. Diese soll im eigenen Betrieb künftig auch die Ölheizung für Halle und Büros ersetzen.
Schon konkrete Pläne gibt es für den Aufbau der Eigenversorgung mit Strom. 40 Prozent des Verbrauchs sollen schon ab Ende 2023 mittels einer 5,5 Megawatt-Photovoltaik-Anlage am 50 000 Quadratmeter großen Firmengelände am Sandradl erzeugt werden. Im Gespräch ist eine Freiflächen-PV-Anlage auf 20 000 Quadratmetern, zuzüglich zunächst 6000 PV-Quadratmeter auf Dachflächen. "In fünf Jahren wollen wir alle Hallendächer mit PV bestückt haben, doch diese sind 25 Jahre alt und müssen erst saniert werden", gibt Albin Dickert die Marschrichtung bis 2027 vor. Die PV-Freiflächenanlage wird sich in Richtung der ehemaligen Zinser-Halle ausdehnen, dort wo jetzt noch der Pferdesportverein als Pächter seine Koppeln hat.
Windrad im Gespräch
Auch neue Maschinen sollen die stromintensive Fertigung kostengünstiger machen. In vier Wochen wird der dritte Grobzug fürs Drahtziehen geliefert. "Ein Prototyp mit 25 Prozent weniger Stromverbrauch", sagt Betriebsleiter Neumann. Und er verrät: "Wir werden heuer rund 3,5 Millionen Euro an Stromkosten zahlen, das sind 2,5 Millionen Euro mehr als in 2021." Vor allem die Monate August und September schlugen mit einem horrend hohen Strompreis ein. Um künftige Sprünge aufzufangen, wird auch die Nutzung von Windenergie zur Eigenversorgung in Betracht gezogen. Gedacht ist an ein zwölf Meter hohes Windrad um auch in der Nacht genügend Energie für die 24-Stunden-Produktion verfügbar zu haben. "Aktuell laufen noch die Versuche bei der Herstellerfirma", informiert Albin Dickert. Positive Analysen für den Standort am Betriebsgelände lägen in Bezug auf das Windaufkommen jedoch bereits vor.
Auch Wassersparen ist angesagt. Künftig will die DLB weniger städtisches Trinkwasser verbrauchen und Regenwasser für die Kühlung nutzen. Dafür soll 2023 eine Zisterne gebaut werden. Ein weiterer Punkt hinsichtlich Umwelt und Nachhaltigkeit ist die Abfallreduzierung bei der Emulsion (Gemenge aus zwei ineinander unlösbaren Flüssigkeiten) vom Schmieren und Kühlen. Hier soll ab nächsten Jahr ein Vakuumverdampfer zur Gewinnung von destilliertem Wasser eingesetzt werden. "Damit können wir 95 Prozent des Wassers wieder verwenden", informiert Dickert und ergänzt: "Wir wollen alles nutzen, um Energie zu sparen." Die DLB sei hier innovativ und ein Vorreiter hinsichtlich einer Co2-freien Kupferdraht-Herstellung.
Unterwegs in Trendbranchen
"Wir sind eine Firma, die in Märkten tätig ist, die alle boomen", betont der Geschäftsführer. So sei die DLB Marktführer für E-Mobility-Produkte (Ladekabel, Hochvolt-Leitungen im Auto), für Kabel zur Industrieautomatisierung (Robotik) sowie für Produkte zur Tiefsee-Förderung von Öl und Gas. Dickert erzählt von einem Kunden in Norwegen, der Kabel für die Gasförderung im Schwarzen Meer fertigt.
"Beim Maschinenpark für die Seilefertigung ist keiner so gut aufgestellt wie wir", bekräftigt Betriebsleiter Neumann und der Geschäftsführer ergänzt: "Der Markt hilft uns, jetzt müssen wir uns darauf vorbereiten." Die DLB Oberviechtach, die zur BEHG Holding AG mit Sitz in Berlin gehört, werde weiter wachsen, "in Berlin fehlt der Platz". Nicht so in Oberviechtach: "Bei einer Erweiterung können wir die Freiflächen-PV aufs Dach raufpacken." Unangetastet bleiben die 80 Obstbäume, die Kurt Krämer nach der Firmengründung 1985 hinter der Halle gepflanzt hat. "Das ist der schönste Platz von Oberviechtach", sagt Albin Dickert.
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