Oberviechtach
25.09.2018 - 09:18 Uhr

Wenn Jedermann an Fäden tanzt

Das Hohenloher Figurentheater zeigt die "Freunde der Kunst" in seinen Bann. Mit dem Stück "Jedermann" schaffen die Puppenspieler Johanna und Harald Sperlich eine beeindruckende Atmosphäre. Was spielerisch aussieht, ist harte Arbeit.

Johanna und Harald Sperlich vom Hohenloher Figurentheater begeisterten das Publikum mit „Jedermann“ in Form von offenem Stabpuppenspiel und brachten ein Meisterwerk der Weltliteratur auf die Oberviechtacher Bühne. Bild: weu
Johanna und Harald Sperlich vom Hohenloher Figurentheater begeisterten das Publikum mit „Jedermann“ in Form von offenem Stabpuppenspiel und brachten ein Meisterwerk der Weltliteratur auf die Oberviechtacher Bühne.

„Salzburg hat seine Jedermann-Festspiele - Oberviechtach hat den Jedermann des Hohenloher Figurentheaters“, mit diesen Worten hieß Klaus Habl im Namen der Vereinsführung die Gäste im Pfarrheim willkommen. „Mit dem Figurentheater haben die ,Freunde der Kunst' wieder einmal etwas ganz Besonderes engagiert“, meinte er.

Nach 2015, als Johanna und Harald Sperlich mit dem Kindermärchen „Aladin“ und der farbenprächtigen „Variete-Aufführung“ glänzten, waren sie diesmal mit dem Meisterwerk der Weltliteratur, „Jedermann“, zu Gast. Das bekannteste Werk von Hugo von Hofmannsthal über das Sterben des reichen Mannes, das Millionen von Menschen auf dem Domplatz von Salzburg oder in anderen Aufführungen gesehen haben, stellte eine große Herausforderung an die beiden Protagonisten dar.

Mit ihren ausdrucksstarken, 80 Zentimeter großen Stabfiguren und ihrer offenen Spielweise sowie den verschiedensten Stilmitteln des Figurentheaters gelang es Johanna und Harald Sperlich, die Gäste zu faszinieren und eine bemerkenswerte Atmosphäre zu schaffen. Allein die kunstvoll gestalteten Figuren von Jedermann, Buhlschaft, Tod und Teufel, waren beeindruckende Kunstwerke. Phantasievoll und überraschend war der Auftritt von „Mammon“ aus der Schatzkiste, der Jedermann klar macht, dass er nur eine Marionette war.

Gespannt konnte man sein, wie die zwei Künstler die Tischgemeinschaft mit Jedermanns Gästen darstellen würden. Dies gelang ihnen mit festen Figurengruppen in den Fenstern der imposanten Kulisse, die sich durch das Ziehen von Schnüren auch bewegen ließen. Verlassen von allen Freunden wendet sich Jedermann in seiner Verzweiflung an „Werke“ und „Glaube“, die eindrucksvoll als Heiligenfiguren rechts und links vom Hauptportal des Bühnenbildes angebracht waren und entsprechend zum Text den Mund bewegten.

Allein der anspruchsvolle Text, den die Puppenspieler vortragen mussten, und das ständige Anpassen der Stimme an die entsprechende Figur, war eine riesige Herausforderung. Was so spielerisch aussah, entpuppte sich als echte Knochenarbeit: Neben Spiel und Text musste Harald Sperlich im „Vorbeigehen“ noch Ton und Technik bedienen. Nach rund 70 Minuten Hochleistungsarbeit wie Puppenspiel, Sprechen, Singen und Technik bedienen erhielten die beiden Akteure ihren verdienten Schlussapplaus.

Johanna und Harald Sperlich, die wieder bewiesen, dass Figurentheater auch etwas für Erwachsene ist, kamen nach vorne und präsentierten, wie sie die Stabpuppen bewegen und blitzschnell die Stimme wechseln. „Danke, dass Sie diese bemerkenswerte Weltliteratur in Form von Stabfiguren nach Oberviechtach gebracht haben“, bedankte sich Klaus Habl für die „Freunde der Kunst“ und überreichte ein Weinpräsent.

Theater mit Tradition:

Das Hohenloher Figurentheater ist eines der traditionsreichsten professionellen Figurentheater im deutschsprachigen Raum. Beide Akteure kommen aus Puppenspieler-Familien. Der Großvater von Harald Sperlich hat das Figurentheater vor 78 Jahren im Hohenloher Land in Gerabronn gegründet. Mittlerweile konnte bereits das 44-jährige Bühnenjubiläum von Johanna und Harald Sperlich gefeiert werden. Mit Sorgfalt und höchster Aufmerksamkeit wird jedes Detail umgesetzt. Die handgeschnitzten, etwa 80 Zentimeter großen Figuren aus Lindenholz mit ihren prächtigen Kostümen werden mit flinken Händen und unterschiedlichen Stimmen zum Leben erweckt. Die Künstler waren auch schon mit Stücken wie „Variete“, „Faust“, „Der Diener zweier Herrn“ sowie „Besuch der alten Dame“ und diversen Kinderstücken auf Tournee. (weu)

 
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