Oberviechtach
09.07.2018 - 18:48 Uhr

Kampf gegen Kombiklassen

Im Schuljahr 2018/19 sollen die ersten und zweiten Klassen an der Doktor-Eisenbarth-Grundschule jahrgangsübergreifend unterrichtet werden. Viele Eltern wehren sich gegen diese Kombiklassen und haben eine Unterschriftenaktion gestartet.

Über den richtigen Unterricht für Grundschüler wird zurzeit diskutiert. Bild: Mascha Brichta/dpa
Über den richtigen Unterricht für Grundschüler wird zurzeit diskutiert.

(ptr) Das Schuljahr 2017/18 neigt sich dem Ende zu. Doch die Vorfreude auf die Sommerferien ist in etlichen Familien mit einer großer Aufregung überlagert. Grund dafür sind die Pläne von Rektorin Beate Vetterl, für die kommenden ersten und zweiten Klassen jahrgangsübergreifenden Unterricht einzuführen. Die Eltern wehren sich dagegen und wenden sich in einem "offenen Brief" an die Redaktion von Oberpfalzmedien.

25 Kinder und mehr

Geplant sei, dass aus den bestehenden zwei zweiten Klassen und den kommenden zwei ersten Klassen zukünftig drei jahrgangsübergreifende Klassen entstehen sollen. "Für die Kinder ist das sehr belastend", so Petra Hösl, Klassenelternsprecherin. Auch die Eltern der zukünftigen Schulkinder seien mit der Entscheidung nicht einverstanden. "Die Klassen werden sehr groß", betont Juliane Ried, Mutter eines Vorschulkindes. "Bisher wird jahrgangsübergreifender Unterricht mit 16 bis 18 Kindern durchgeführt. Zukünftig werden es wohl 25 und mehr sein." Und darunter leidet die Qualität, zeigen sich die Eltern überzeugt. "Wir wurden erst sehr spät über die Pläne informiert", sagt Verena Teplitzky, Klassenelternsprecherin und verweist auf den Elternbrief mit Datum 14. Juni, mit welchem zu einen Info-Abend am 27. Juni zum Thema "Lernen in jahrgangsgemischten Klassen" eingeladen wurde. "Wir wurden vor vollendete Tatsachen gestellt." Die Eltern hätten sich einen offenen Dialog über das Thema gewünscht, Ein Hauptproblem sehen sie darin, dass die jetzigen ersten Klassen gleich wieder auseinander gerissen werden. "Es sind Freundschaften entstanden und ein Klassenverbund. Nun wird alles neu eingeteilt." Um ihr Ziel zu erreichen, haben sie Unterschriften gesammelt. "Wir haben über 130 Unterschriften zusammen. Bei ungefähr 75 betroffenen Kindern sind das rund 90 Prozent der Eltern", heißt es im Schreiben. Und weiter: "Wir hoffen darauf, dass diese Entscheidung zurückgenommen wird. Sie ist für niemanden richtig verständlich und bringt vor allem für die Kinder nur Nachteile."

Auch an das Kultusministerium und das zuständige Schulamt haben die Eltern geschrieben. "Das Schulamt hat eine Stellungnahme abgegeben, kann aber keine Entscheidung fällen", stellt Schulrat Jürgen Bomertl auf Nachfrage von Oberpfalz-Medien klar. Die Sache liege zur Bearbeitung bei der Regierung der Oberpfalz und beim Kultusministerium in München. "Wir werden mit den Eltern sicher noch ins Gespräch kommen", sagt Bomertl und betont: "Es geht um die Kinder. Es ist keine emotionale, sondern eine pädagogische Entscheidung." Der Schulrat sieht in Kombiklassen keinen Rückschritt, sondern ein gleichwertiges Modell. Das bekräftigt auch Rektorin Beate Vetterl auf Nachfrage: "Im bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetz sind Kombiklassen und reine Jahrgangsklassen als gleichberechtigte Form dargestellt." Mehr möchte sie dazu zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. Während Kombiklassen an etlichen "Zwergschulen" an der Tagesordnung sind, wurden diese im Landkreis Schwandorf auch an der Grundschule Bruck eingeführt. Die anfänglichen Bedenken und Befürchtungen der Eltern seien laut dem Schulrat hier längst vom Tisch.

Derzeit gibt es an der Grundschule Oberviechtach neun Klassen, darunter eine gebundene Ganztagsklasse 1/2. Im Brief monieren die Eltern, dass die Einführung der Kombiklassen durch eine weitere, neu entstehende gebundene Ganztagsklasse notwendig werde. Um eine Mehrung der Klassenanzahl zu vermeiden, müssten aus künftig zwei ersten und zwei zweiten Klassen drei Kombiklassen entstehen. Das sei nach Ansicht der Eltern aber unverständlich: "Wir sehen nicht ein, dass 75 Kinder anders unterrichtet werden sollen nur, weil für etwa 15 Andere eine neue Klasse geschaffen werden soll. Da wedelt der Schwanz mit dem Hund", heißt es in der Presseerklärung. Außerdem sei für die Grundschüler mit einem Betreuungsbedarf der "offene" Ganztag möglich. Auch Bürgermeister Heinz Weigl haben die Eltern um Unterstützung gebeten. Elf Väter und Mütter trafen im Rathaus auf offene Ohren. Auf Nachfrage betont Weigl: "Ich halte nichts von Kombiklassen, wenn man normale Regelklassen zusammenbringt." Er findet es nicht gut, wenn die Politik gegen den Willen der Eltern Entscheidungen fällt. Er ist mit Landrat Thomas Ebeling in Verbindung und versucht seit einer Woche, einen Termin bei Regierungspräsidenten Axel Bartelt zu bekommen. Am Dienstag wird er die Stadträte in nichtöffentlicher Sitzung informieren.

Keine Versuchskaninchen

"Bisher haben wir noch kein Argument gehört, welches uns überzeugt hätte", so Volker Wille, einer der betroffenen Väter. Und als Versuchskaninchen wolle man seine Kinder nicht hergeben. Sauer stoße auf, dass die Schulleitung damit argumentiere, dass die meisten Eltern das Konzept gut fänden. "Das ist aber nicht so, wenn 90 Prozent gegen die Einführung der Kombiklassen unterschrieben haben." "Einem Teil des Elternbeirats wurde diese Entscheidung zwei Tage vor dem entsprechenden Elternbrief lediglich mitgeteilt", erklärt Anna Ruhland, Klassenelternsprecherin. "Eine Möglichkeit der Mitsprache bestand nicht."

Die Eltern wollen nicht aufgeben und betonen: "Uns geht es um unsere Kinder." Sie warten nun ebenso wie Rektorin, Schulamt und Bürgermeister auf die Entscheidung des Ministeriums. Doch die Zeit ist knapp. Die Ferien stehen vor der Tür und die Vorbereitungen für das Schuljahr 2018/19 haben bereits begonnen.

Ich halte nichts von Kombiklassen, wenn man normale Regelklassen zusammenbringt.

Bürgermeister Heinz Weigl

 
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