Oberviechtach
27.06.2019 - 17:50 Uhr

Kein Mangel an Hausärzten

Entgegen dem Bundestrend ist die hausärztliche Versorgung in der Doktor-Eisenbart-Stadt gesichert. Und das obwohl drei Allgemeinärzte am Ort bereits Ü-65er sind. Ab 1. Juli sind zwei „Neue“ im Arztkittel anzutreffen.

Dr. Georg Schwindl (links) strahlt: Ab Juli steigt Allgemeinarzt Dr. Jan Hlavácek ein. Das führt dazu, dass es im „Haus der Stiftung“ künftig eine Gemeinschaftspraxis geben wird. Weiterbildungsassistentin Dr. Lucia Laszlo behält ihre Sprechstunden bei. Bild: Portner
Dr. Georg Schwindl (links) strahlt: Ab Juli steigt Allgemeinarzt Dr. Jan Hlavácek ein. Das führt dazu, dass es im „Haus der Stiftung“ künftig eine Gemeinschaftspraxis geben wird. Weiterbildungsassistentin Dr. Lucia Laszlo behält ihre Sprechstunden bei.

"Wer sorgt sich um meine Gesundheit, wenn mein Hausarzt mit mir in den Ruhestand geht?" Eine Frage, die sich auch viele Bürger der Region stellen, nachdem das Schreckgespenst "Ärztemangel" durchs Land zieht. Doch für die Doktor-Eisenbarth-Stadt kann jetzt Entwarnung gegeben werden. Ab 1. Juli kümmern sich zehn Ärzte in drei Praxen um die Gesundheit der Bevölkerung der Region. Die "Zukunft" bilden drei Weiterbildungsassistenten zum Allgemeinarzt. Und die Ü-65er-Hausärzte Georg Schwindl, Adolf Ried und Khalil Najjar bleiben ihren Patienten noch eine Weile erhalten.

Anforderungen steigen

Die größte Veränderung gibt es ab Montag, 1. Juli, in der Praxis im "Haus der Stiftung". Hier steigt Dr. Jan Hlavácek ein, was zur Fortführung in neuer Organisationsform als Gemeinschaftspraxis führt. Dr. Georg Schwindl (Jahrgang 1952) übernahm vor 37 Jahren die Patienten von Frau Dr. Rossmann und ist damit der am längsten praktizierende Arzt am Ort. Schwindl unterhält seit 2005 eine akademische Lehr-Praxis der Universität Regensburg und betreut regelmäßig Studenten im Praktikum. Trotz dieses Netzwerkes war es auch für ihn nicht einfach, einen Nachfolger zu finden. Denn neben der zeitlichen Belastung, seien auch die Anforderungen an einen Hausarzt ständig gestiegen. Als Beispiel nennt er die Multimorbidität (Mehrfacherkrankung) mit ihren Medikamenten-Wechselwirkungen. Seit eineinhalb Jahren ist Dr. Lucia Laszlo, Fachärztin für Anästhesie, als Weiterbildungsassistentin in der 280 Quadratmeter großen Praxis beschäftigt. Mit Jan Hlavácek kümmert sich hier nun der dritte Arzt um die ambulante Versorgung der Kranken. 1971 in Prag geboren und dort studiert, arbeitet er bereits seit 17 Jahren im Altlandkreis und ist hier gut verwurzelt. 2002 trat er eine Stelle als Assistenzarzt am Krankenhaus Oberviechtach an.

"Die ersten Monate waren die Hölle. Ich hab mich erst an den Dialekt gewöhnen müssen", erinnert sich Hlavácek lachend. Unterstützung habe er vom damaligen Chefarzt Dr. Straile bekommen. 2008 wechselte er in die Praxis von Dr. Killer nach Schönsee und legte in München die Prüfung als "Facharzt für Innere und Allgemeinmedizin" ab. Mittlerweile spricht er fließend Deutsch und freut sich auf die Zusammenarbeit mit Georg Schwindl. Beide kennen sich seit längerer Zeit durch Notarzteinsätze. "Er ist sehr, sehr verlässlich", beschreibt Schwindl seinen neuen Kompagnon.

Auch in der Praxis von Dr. Christiana Anzinger-Najjar und Khalil Najjar im Wolfgrubenweg ist am 1. Juli eine neue Ärztin anzutreffen. Christina Bittner (38), seit 2011 Fachärztin für Neurologie und Funktions-Oberärztin am Klinikum Amberg - vorher ab 2008 in der Inneren Medizin am Krankenhaus in Cham tätig - startet ihre zweijährige Weiterbildung zur Allgemeinmedizinerin. Die gebürtige Teunzerin wohnt seit Abschluss ihres Studiums in Oberviechtach. "Ich möchte nicht mehr pendeln", meint sie zur beruflichen Veränderung. Auch freue sie sich darauf, ihre Patienten in den Sprechstunden und bei Hausbesuchen ein Stück des Lebens begleiten zu können. "Dieser intensive Kontakt spricht mich mehr an", erklärt Bittner. Sie ergänzt mit einem Lächeln, dass sie von Khalil Najjar seit Jahren mit der Frage: "Wann sind Sie fertig?", begrüßt worden sei. "Ich kenne die Familie seit über 30 Jahren", erklärt der Mediziner dazu.

Ruhestand nicht in Sicht

Khalil Najjar ist Jahrgang 1950 und laut seinen Worten "der älteste Hausarzt der Stadt". Seine jüngere Gattin, Christiane Anzinger-Najjar, freut sich, dass das Thema "Nachfolge" zeitnah geklappt hat, nachdem sie aus gesundheitlichen Gründen kürzer treten muss. "Für mich war es wichtig, dass wir eine Frau gefunden haben, damit in Oberviechtach der weibliche Part erhalten bleibt." Daneben wird auch Dr. Irmgard Sporrer noch einige Zeit für die Patienten da sein. In der Teunzer Straße beendet Christian Ried (Jahrgang 1983) Ende des Jahres seine Zeit als Weiterbildungsassistent in der Praxis seines Vaters Adolf. Vorher befand er sich fünf Jahre in der internistischen Weiterbildung am Klinikum Weiden (unter anderem in der Kardiologie). Ab 2020 steigt er - neben seinem Bruder Dr. Alexander Ried - als Allgemeinarzt ein. "Die Belastung für den einzelnen wird weniger", freut sich der Senior mit Jahrgang 1953 auf die Zukunft. Aber ebenso wie seine Oberviechtacher Arztkollegen will er weitermachen. Khalil Najjar drückt dies so aus: "Solange es die Gesundheit zulässt und sich die Patienten von mir behandeln lassen wollen."

Christina Bittner (vorne von rechts) unterstützt ab Montag die Hausärzte Khalil Najjar, Christiana Anzinger-Najjar und Irmgard Sporrer im Wolfgrubenweg. Auch das Team freut sich über die Oberviechtacherin, welche in der Praxis zunächst ihre zweite Facharztweiterbildung absolviert. Bild: Portner
Christina Bittner (vorne von rechts) unterstützt ab Montag die Hausärzte Khalil Najjar, Christiana Anzinger-Najjar und Irmgard Sporrer im Wolfgrubenweg. Auch das Team freut sich über die Oberviechtacherin, welche in der Praxis zunächst ihre zweite Facharztweiterbildung absolviert.
In der Praxisgemeinschaft in der Teunzer Straße kann Dr. Adolf Ried auf seine zwei Söhne zählen. Während Alexander (rechts) schon seit Jahren hier praktiziert, ist seit 2018 auch der jüngere Bruder Christian mit im Boot. Dieser wird Ende des Jahres die Prüfung zum Allgemeinarzt ablegen. Bild: Portner
In der Praxisgemeinschaft in der Teunzer Straße kann Dr. Adolf Ried auf seine zwei Söhne zählen. Während Alexander (rechts) schon seit Jahren hier praktiziert, ist seit 2018 auch der jüngere Bruder Christian mit im Boot. Dieser wird Ende des Jahres die Prüfung zum Allgemeinarzt ablegen.
Leere Allgemeinarzt-Praxen:

Wenig Interesse

In Deutschland stehen derzeit etwa 2600 Hausarztpraxen leer. Besonders am Land entwickelte sich ein Mangel. Laut Kassenärztlicher Bundesvereinigung sollen im Jahr 2030 über 10 000 Hausärzte fehlen. Und das Interesse ist dürftig. Der Deutsche Hausärzteverband (HÄV) verweist auf eine Studie des Berliner Universitätsklinikums Charité, wonach sich nur sieben Prozent der Medizinstudenten im praktischen Jahr für Weiterbildung zum Allgemeinarzt entscheiden.

 
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