Oberviechtach
19.03.2024 - 18:19 Uhr

Oberviechtacher Lokalkolorit und der Avantgarde-Komponist Stockhausen

„Mathematisch konfigurierte Musik“ ist nicht jedermanns Sache. Trotzdem ist die Comicshow über Stockhausen unterhaltsam und mit positiven Überraschungen verbunden.

Die Besucher der Lesung in Oberviechtach staunen, als die ersten Seiten des Comicbandes in der Präsentation erscheinen. Das zugrunde gelegte über 380-seitige voluminöse Werk über den Avantgarde-Komponisten Karlheinz Stockhausen beginnt mit farbenfrohen Bildern von Oberviechtach: Die Stadtpfarrkirche, der Maibaum, der Zoigl vom Gasthaus Post sind vertraute Motive, die dem Publikum sofort ins Auge springen.

„All das gehört immanent dazu, da wird auch meine Geschichte mit erzählt“, bekennt der 1977 geborene Autor Thomas von Steinaecker, der von 1981 bis 1989 Kindheitsjahre in der Eisenbarth-Stadt erlebt hat. Sein Vater hatte damals das Notariatsamt inne und für die beiden Buben des Freiherrn Michael von Steinaecker war das Leben in Oberviechtach über Strecken „ereignislos“ und „langweilig“, wie die Comictexte verraten. Das fleißige Ministrieren bei Monsignore Michael Feil und später bei Pfarrer Berthold Helgert bot da keine Abhilfe, wie zwei Comicseiten über den Altardienst der beiden Notarsbuben offenbaren.

Prominenter "Ehemaliger"

Die Freunde der Kunst hatten zusammen mit dem Ortenburg-Gymnasium anlässlich von dessen 60-jährigem Gründungsjubiläum Thomas von Steinaecker zusammen mit dem Illustrator David von Bassewitz zu einer Präsentation ihrer Graphic Novel eingeladen, verbunden mit einem vormittäglichen Workshop Musik und Kunst für die elfte Jahrgangsstufe.

Der Schriftsteller, Filmemacher und Journalist Thomas von Steinaecker zählt zweifellos zu den prominenten „Ehemaligen“ des Oberviechtacher Gymnasiums, auch wenn er bereits 1989 die Schule verlassen hatte, als sein Vater auf eine neue Notariatsstelle in der Hallertau wechselte.

Der Vater, eigentlich ein Freund klassischer Musik, hatte bei einem Stockhausen-Konzert in Wien das Augenmerk seines zwölfjährigen Sohnes auf diesen Komponisten gerichtet, der das gesamte Musikleben revolutionierte. „Ich mache nicht meine Musik, sondern übertrage die Schwingungen, die ich auffange“, zitierte Thomas von Steinaecker seinen „großväterlichen Freund“ Stockhausen, der weltweit zu einem Synonym für die elektronische Musik geworden ist.

Bis ins kleinste Detail

„Ursprünglich war es hauptsächlich eine Brieffreundschaft“, erzählt der Autor, den „über hundert teilweise sehr persönlich gestaltete Briefe“ mit dem Avantgarde-Komponisten verbinden. Parallel dazu fand der Schriftsteller aber bereits als Jugendlicher den persönlichen Zugang mit oftmaligen Besuchen im Kürtener Haus mit den markanten achteckigen Zimmern. Die Verbindung dauerte 18 Jahre bis zum Tod Stockhausens 2007, als von Steinaecker an einem Film über diesen arbeitete.

Bei der gemeinsamen Multimedia-Präsentation von Steinaeckers und von Bassewitz´ mit Musikeinspielungen und Geräuschen bekommen die Zuhörer einen Eindruck von dem Komponisten, der eine mathematisch konfigurierte Musik schuf und folglich die Umsetzung im Orchester bis in kleinste Detail vorschrieb. Dass dies oftmals nicht konfliktfrei mit den Musikern erfolgte, kann man sich denken. „Stockhausen wollte absolute Kontrolle“, verrät von Steinaecker seinem Publikum und ist sich sicher, dass der "Kontrolletti" mit seinem Film und mit der Graphic Novel auch nicht ganz einverstanden gewesen wäre. „Hat scho passt, oder?“, fragt der Autor nach der Präsentation abschließend sein Publikum im Musiksaal des Gymnasiums, als Anne Gierlach von den Freunden der Kunst mit passenden Dankesworten an die beiden Künstler Eisenbarth-Elixiere überreicht.

Hintergrund:

Thomas von Steinaecker

  • Geboren: 6. Februar 1977 in Traunstein, lebt heute in Augsburg
  • Berufsfelder:Schriftsteller, Filmemacher, Hörspielautor, Journalist
  • Preise:Zahlreiche deutsche und internationale Auszeichnungen
  • Kindheit: von 1981 bis 1989 in Oberviechtach
  • Studium: Literaturwissenschaften an der LMU München und der University of Cincinnati, Promotion 2006
 
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