Pater André leistet seit über 20 Jahren Urlaubsvertretung in Oberviechtach

Oberviechtach
12.09.2023 - 14:43 Uhr
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Bittere Armut und eine katastrophale ärztliche Versorgung. Das erwartet Pater André Phanzu, wenn er Ende September wieder zurück im Kongo ist. Seit 2002 weilt er fast jedes Jahr als Urlaubshilfe in der Pfarrei Oberviechtach.

Pater André Kionga Jacques Phanzu (66) ist in Oberviechtach kein Unbekannter. Seit dem Jahr 2002 unterstützt der Krankenhausseelsorger aus der Demokratischen Republik Kongo (Zentralafrika) die Katholische Pfarrei Oberviechtach fast jeden Sommer als Urlaubshilfe. Heuer kam er Anfang August in der Oberpfalz an. In eineinhalb Wochen wird er zurück in die Diözese Boma, im Westen des Landes gelegen, fliegen. "Am 1. Oktober wird das Jubiläum 100 Jahre Krankenhaus Kangu gefeiert, ich muss deshalb wieder zurück", sagt Pater André. Er ist dort als Krankenhausseelsorger tätig.

Beim Gespräch mit Oberpfalz-Medien nimmt sich auch Dekan Alfons Kaufmann Zeit. Er ist jetzt 16 Jahre Stadtpfarrer von Oberviechtach und konnte jedes Jahr im Sommer auf Pater André zählen, zuletzt allerdings aufgrund der Coronapandemie in 2019. Damals bedankte er sich im Pfarrbrief mit den Worten: "Für die Vertretungsdienste ein herzliches Vergelt's Gott, alles Gute und, so Gott will, auf Wiedersehen im nächsten Jahr." Das dauerte dann allerdings einige Jahre.

Kontakte pflegen

"Ich freue mich wieder hier zu sein", sagt der afrikanische Geistliche dann auch und lobt im verständlichen Deutsch die Gastfreundschaft des Stadtpfarrers. Auch dieser schätzt die zuverlässige Aushilfe in der Urlaubszeit: "Neben einer Woche Südtirol waren auch Tagesausflüge gut möglich." Pater André hielt Gottesdienste in den Pfarreien Oberviechtach und Pullenried sowie in der Expositur Wildeppenried, und auch in der Altenheim-Kapelle. "Die Leute sind sehr nett. Oberviechtach ist meine zweite Heimat", stellt der sympathische Geistliche fest. In den rund 20 Jahren hat er hier etliche Freunde und Bekannte gefunden. Er hält Kontakt, wird von Familien eingeladen.

"Kartoffeln, Knödel und Braten", beantwortet er die Frage nach seinem bayerischen Lieblingsgericht. Kartoffeln gebe es zu Hause auch, oft aber auch Reis und Essbananen sowie dazu eher Ziegenfleisch und Fisch. Vom Land Bayern hat er in den zwei Jahrzehnten schon einiges gesehen. Erst am Samstag war er mit dem Kirchenchor Pullenried-Wildeppenried beim Chorausflug in Oberfranken (Basilika Vierzehnheiligen) dabei. 2019 war das Oktoberfest in München ein Highlight.

Sein Alltag in Afrika ist der krasse Gegensatz, denn die Demokratische Republik Kongo zählt zu den ärmsten Ländern der Welt. Und das trotz immenser Bodenschätze, einem riesigen Regenwaldgebiet, fruchtbarem Boden und dem Kongofluss als überregionales Wasser- und Energiepotenzial. Doch das Land ist ausgebeutet von Diktatoren, ausgeblutet durch Kriege. Vor allem im Osten toben aktuell blutige Kämpfe, viele Menschen fliehen vor der Gewalt.

Im Westen sei es zwar ruhiger, "aber es gibt keine Infrastruktur", sagt Pater André Kionga Jacques Phanzu, besonders nach der Regenzeit ab Mitte Oktober seien die Wege aufgrund Schlamm unpassierbar. Das gelte auch für den Toyota-Jeep, welchen die Pfarrei Oberviechtach vor 15 Jahren sponserte. "Der Jeep ist alt geworden, läuft aber noch", sagt Phanzu und zeigt ein Bild, wie er in das Auto einsteigt.

Im Hintergrund ist das Krankenhaus, das aus mehreren Baracken besteht, zu sehen. Die medizinische Lage ist im Kongo sehr schlecht, das Gesundheitswesen. "Es gibt keine Krankenversicherung." Eine Leistung erhalte nur, wer die Behandlung (Medikamente, Operation) selbst bezahlen kann. Und wer Angehörige hat, die ihn ins Hospital begleiten und bekochen. Doch viele Patienten sind bitterarm. Die Notsituationen bedeuten für den Krankenhausseelsorger eine große Herausforderung über die pastorale Arbeit hinaus.

Dankbar für Unterstützung

"Menschen sterben, weil sie verhungern", sagt Pater André. Er sei deshalb sehr dankbar für die Unterstützung aus Oberviechtach. Das Geld verwende er überwiegend für Essen, Medikamente und Arztleistungen, "an Weihnachten wird eine Extra-Portion Lebensmittel verteilt". "Wir werden im Oktober wieder eine Sonntagskollekte in der Seelsorgeeinheit organisieren und direkt nach Kangu weiterleiten", verspricht Alfons Kaufmann.

Die Zeit im Pfarrhof Oberviechtach ist für Pater André bald vorbei, der Rückflug ist für den 25. September gebucht. Auf dem Weg zum Flughafen München besucht er den Pfarrer in Pfatter (Landkreis Regensburg). Er ist ein guter Bekannter und Kollege aus der Region Mayumbe in der Diözese Boma.

Hintergrund:

Das Krankenhaus in Kangu

  • Offizieller Name: L’Hôpital Général de Référence Kangu
  • Lage: Kangu liegt im Westen der Demokratischen Republik Kongo in der Region Mayumbe am Kongo-Fluss und nahe am Atlantik
  • Einrichtung: 265 verfügbare Krankenbetten (überwiegend 100 belegt); Krankenschwestern-Schule ist angegliedert
  • Fachpersonal: vier Mediziner, 8 Krankenpfleger, 19 Krankenschwestern, 2 Laborangestellte (Stand 2019)
  • Träger: Katholische Diözese Boma (Stadt mit Bischofssitz)
  • Gründung: 1923
  • Einzugsbereich: 94.000 Einwohner; versorgt wird ein Gebiet von der Größe Oberfrankens (Quelle: Coburger Initiative für Ärzte im Congo e.V.).
 
 

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