„Das West-Fernsehen hat die DDR zu Fall gebracht“, erzählt Titus Müller mit Ironie bei der Lesung der Freunde der Kunst und blendet damit schon auf den dritten Band seiner Trilogie mit dem Titel „Der letzte Auftrag“, der im Mai erscheinen wird. Der Autor, 1977 in Leipzig geboren, ist selbst Zeitzeuge, den er erlebte als Sohn einer Pastorenfamilie das Leben im Unrechtsstaat DDR hautnah.
In großen Teilen seiner Veranstaltung erzählt er - und das so unmittelbar und spannend, dass die Zuhörerschaft gebannt an seinen Lippen haftet. „Jetzt muss ich mich wieder dem Buch zuwenden, damit der Begriff Lesung überhaupt gerechtfertigt ist“, witzelt er, als er wieder den im Mittelpunkt stehenden Band 2 der Trilogie „Das zweite Geheimnis“ aufschlägt.
1961, 1973 und 1989 sind die zentralen Daten seiner Spionin-Trilogie um die Heldin Ria Nachtmann, die die fiktive Geschichte einer mutigen Frau und 30 Jahre deutsch-deutscher Geschichte erzählt. Die Jahre 1973/74 sind mit der Enttarnung des Spitzenspions Günter Guillaume verbunden, den die Staatssicherheit der DDR seinerzeit ganz nach oben an die Seite von Bundeskanzler Willy Brandt gehievt hatte. Titus Müller bezeichnet es aber auch als Skandal, dass ihn der Bundesnachrichtendienst dann „erst zehn Monate nach der Enttarnung hat auffliegen lassen“. Willy Brandt legte dann sein Amt nieder.
Eine andere Station der Lesung war das Stasi-Gefängnis Hohenschönhausen, das heute eine Gedenkstätte ist. Die Zuhörer hatten das Gefühl, sich unmittelbar in dieser Einrichtung der DDR-Unterdrückungsmaschinerie zu bewegen. Fiktional wird es, wenn der Autor Margot und Erich Honecker in der Küche belauscht und hierbei offenbart sich auch wieder ein schlitzohriger Erzählstil, der in Müllers Werken immer wieder zum Vorschein kommt. Erich Honecker, im erlernten Beruf Dachdeckergehilfe, waren die Kontakte seiner Frau Margot zum Bildungsestablishment suspekt, was sich in den „Küchengesprächen“ subtil satirisch äußert.
Dass es ein Zusammentreffen von Titus Müller mit Margot Honecker tatsächlich gegeben hat, lässt die Zuhörer aufhorchen. Bei einem Schulbesuch der damaligen Bildungsministerin gehörte er zusammen mit seinem Bruder zum angetretenen Kinderchor. Das privilegierte Leben der DDR-Prominenz in der Siedlung Wandlitz, wo eine Versorgung mit begehrten Gütern aus dem Westen selbstverständlich war, und die Anschaffung von über 100 Luxus-Volvos waren weitere Themen neben Breschnews Mercedes-Geschenk beim Besuch in der Bundesrepublik. In Müllers Vermischung von Fakten und Fiktion tauchten die Zuhörer ein in die Welt der Geheimdienste. Die damals eingesetzte Spionagekamera zeigte er als authentisches Anschauungsobjekt.
Schriftsteller Titus Müller
- Als Pastorensohn 1977 in Leipzig geboren
- In Berlin Studium von Literatur, Geschichtswissenschaft und Publizistik
- Seit 2014 Mitglied der Schriftstellervereinigung P.E.N.
- Veröffentlichung von 14 Romanen
- Lebt heute mit seiner Familie in Landshut
- Erneute Lesung bei Freunden der Kunst nach positiver Resonanz 2022














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