Sprache ist ein Türöffner

Oberviechtach
22.11.2019 - 11:58 Uhr

Egal ob mit Kopftuch oder im Minirock: Die Mütter, die sich im Pfarrheim Oberviechtach treffen, haben eines gemeinsam: Sie wollen Deutsch lernen. Möglich macht dies die Initiative "Integration SAD" mit Elke Reinhart an der Spitze.

Der Deutschkurs für Mütter im Pfarrheim läuft auf Initiative von Elke Reinhart (hinten, rechts). Dozentin Anita Stangl (Vierte von links) freut sich über den Lerneifer der Frauen. Beim Pressetermin schauten Vertreter von Rotary und Lions Club als Förderer der Initiative "Integration SAD" vorbei sowie Michael Hösl (Dritter von links) vom Volksbildungswerk Oberviechtach-Schönsee.

Die Frauen hängen an den Lippen von Anita Stangl. Sie sprechen Worte nach und schreiben Buchstaben ab. Die Oberviechtacherin leitet den Kurs "Deutsch für Mütter", der seit April 2019 an drei Vormittagen für jeweils zwei Stunden im Pfarrheim angeboten wird. Etwa zehn Frauen aus verschiedenen Nationen büffeln deutsche Grammatik, während ihre Kinder nur eine Türe weiter spielen.

Ohne Sprache, Wohnung und Arbeit kann Integration nicht gelingen“, stellt die Neunburger Integrationsbeauftragte Elke Reinhart beim Pressetermin klar. „Eigentlich ist es ja der Job des Staates. Aber Mütter fallen oft durch das Raster.“ Mangels Kinderbetreuung sind sie von den regulären Integrations- und Deutschkursen in Weiden und Schwandorf abgeschnitten. „Deutsch für Mütter“ ist Reinhart ein Herzensanliegen und das Hauptprojekt der Initiative "Integration SAD", welche von den fünf Service-Clubs im Landkreis (Rotary, Lions und Round Table) getragen wird. "Das Angebot wird gut angenommen. Im Juli waren es im ganzen Landkreis 90 Mütter mit 233 Kindern, die während des Unterrichts betreut werden", freut sich die Projektleiterin. Start war 2017 in Neunburg vorm Wald; es folgten Nabburg, Schwandorf, Pfreimd und ab heuer auch Oberviechtach. "Wir danken Pfarrer Alfons Kaufmann und Kirchenpfleger Günther Flierl, dass wir die Räume nutzen dürfen", bemerkt Elke Reinhart. Inge Keller half bei der Organisation und fand sechs Damen, die sich als Dozentin oder bei der Kinderbetreuung engagieren.

Die Fortschritte sind gut. Ich bin überrascht, wie schnell viele lernen.

Anita Stangl

Anita Stangl

Nicht mehr hilflos sein

Anita Stangl steht an der Tafel. "Die Fortschritte sind gut. Ich bin überrascht, wie schnell viele lernen." Die Oberviechtacherin will auch die Schreibschrift vermitteln, "damit die Mütter mit den Lehrkräften ihrer Kinder kommunizieren können und sich nicht hilflos gegenüberstehen". Der Bereich Schule ist im Lehrbuch "Leben in Deutschland" weit vorne angesiedelt Im Kurs lernt die Mama Wörter wie Sekretariat, Klassenzimmer und Wochenende kennen und in einfache Sätze einzubauen. "Das ist die Basis. Wenn man nicht die gleiche Sprache spricht, kann man nicht diskutieren und keine Konflikte lösen", betont Elke Reinhart, die ihren Einsatz nicht nur auf Flüchtlinge beschränkt. Am Tisch sitzen vor allem EU-Ausländerinnen. Diese "Durchmischung" ist ihr wichtig: "Die Frauen lernen so in einem behüteten Raum voneinander und schließen Freundschaften. Das stärkt ihr Selbstbewusstsein." Auch arabische Frauen würden animiert, über Selbstverwirklichung und Arbeitsstelle nachzudenken: "Der Sprachkurs ist ein Türöffner!"

Diesmal sind nur zwei junge Mütter aus Syrien und Afghanistan anwesend. Hannah aus der Ukraine ist neu in der Runde. Sie wohnt in Weiding und sitzt neben Karina aus dem Irak. Diese lebt schon seit drei Jahren in Deutschland, ist Mutter von zwei Kindern und macht gerade den Führerschein. Drei Frauen stammen aus dem Kosovo. Sie wollen die Sprache auch deshalb lernen, um eine gute Arbeit zu finden. Giovanna aus Spanien arbeitet bereits in der Pflege, muss aber ihre Sprachkenntnisse noch verbessern. Ilham aus dem Irak ist schon zweimal durch die Prüfung gefallen. Die junge Mutter von drei Kindern ist strebsam. "Aber sie hat Probleme mit den schwierigen Hörtexten", erklärt Anita Stangl. Mit viel Geduld bemüht sie sich, auf die unterschiedlichen Leistungsstufen einzugehen. Für die Fortgeschrittenen hat Elke Reinhart eine gute Nachricht parat: "Ab sofort könnt ihr mit dem Oberviechtacher Kurs auch die Prüfung ablegen."

Die Volkshochschulen im Landkreis sind als Partner für die Personalkostenabrechnung mit an Bord. Michael Hösl, Vorsitzender des Volksbildungswerks Oberviechtach-Schönsee betont beim Pressetermin: "Integration ist wichtig. Wir sind froh, dabei unterstützen zu können." Eine junge syrische Mutter schaut herein. Sie hat das Sprachzertifikat bereits erworben und hilft jetzt bei der Kinderbetreuung (ab acht Wochen bis zum Schulalter) mit. Spielküche, Puppen, Malecke und Bausteine lassen keine Langeweile aufkommen. "Die Ausstattung stammt von den Krabbelgruppen", lautet die Auskunft des engagierten Betreuerteams. Beim "Deutschkurs für Mütter" lernen auch die Kinder, sich besser in Deutschland zurechtzufinden.

Die Kinderbetreuung ist ein wichtiger Baustein beim Deutschkurs.
Sie dürfen im Nachbarzimmer spielen, während die Mamas lernen.
Initiative "Integration Sad":

Deutschkurs für Mütter

Sponsoren

Der Schwandorfer Unternehmer Michael Horsch und die Neunburger Integrationsbeauftragte Elke Reinhart sind die bekannten Gesichter hinter der Initiative "Integration SAD". Diese wird getragen von den Sponsoren: Rotary Club Schwandorf, Round Table Schwandorf, Lions Club Schwandorf, Rotary Club Oberpfälzer Wald und Lions Club Oberpfälzer Wald. Projektpartner sind die Volkshochschulen und Volksbildungswerke im Landkreis Schwandorf.

Fördern und fordern

Die Initiative "Integration SAD" will aktiv an der gesellschaftlichen Integration von Migranten im Landkreis Schwandorf mitwirken: Verbesserung der Sprachkenntnisse, Vorbereitung auf das tägliche Leben in Deutschland unter Vermittlung der Werte zur Sicherstellung eines sozialverträglichen Zusammenlebens und Starthilfe in den Arbeitsmarkt. Das Motto lautet: "Fördern und fordern" und zwar unabhängig von der Herkunft der Person. (ptr)

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