Oberviechtach
29.06.2025 - 11:36 Uhr

Thomas von Steinaecker liest aus seinem Gesellschaftsroman „Die Privilegierten“

Thomas von Steinaecker liest aus seinem Gesellschaftsroman „Die Privilegierten“ vor. Das Spannungsverhältnis Stadt – Land wird bei diesem Autorenabend in mehrfacher Hinsicht zum Thema gemacht.

„Die zwei wichtigsten Orte in Oberviechtach waren für mich die Kirche und das Kino“, merkt Thomas von Steinaecker an, als er im Kulturzentrum des Museums aus seinem 2023 erschienenen Roman „Die Privilegierten“ las. Unter der Moderation der Bibliothekarin Heike Hagl gestaltete sich der Autorenabend von Steinaecker in seiner ehemaligen Heimatstadt zu einer unterhaltsamen Rückschau auf die Kindheit des 1977 geborenen Schriftstellers und Filmemachers.

In Oberviechtach besuchte er den Kindergarten, die Grundschule und die Unterstufe des Gymnasiums. Drei ehemalige Lehrer freuten sich über die Begegnung mit ihrem prominenten Schüler von einst. Eröffnet wurde der Abend mit der Projektion eines Grundschulfotos der 3./4. Jahrgangsstufe mit der Lehrerin Elisabeth Bücherl.

Treffen auf der Panoramabank

Die 2. Vorsitzende der Freunde der Kunst, Anne Gierlach, hatte den Leseabend anlässlich des 35. Vereinsjubiläums vorbereitet. Mit von der Partie waren aber auch der Museumsverein mit Christoph Ahlemeyer und die Stadt. Bevor es zur Lesung ging, empfing Bürgermeister Rudolf Teplitzky den aus Augsburg angereisten Autor auf der Panoramabank, wo dieser zusammen mit der Vorstandschaft der Kunstfreunde „Ostmarkstraße, Hochhäuser und Sandradl“ im Blick hatte, die im Roman immer wieder thematisiert werden.

In zwei seiner Werke, nämlich in der Graphic Novel über den Avantgarde-Komponisten Stockhausen und im jetzigen Roman nimmt Oberviechtach einen breiten Raum ein. „Zu beachten ist, dass Autor und Protagonist nicht identisch sind“, gibt von Steinaecker zu bedenken, als die Moderatorin Stellen im Roman anspricht, in denen die Eisenbarth-Stadt gar nicht so gut wegkommt. Viele Ortsbezüge vermischen sich auch mit Mainburg, wo der Vater des Autors einst seine neue Notariatsstelle bezog und der Sohn nicht nur die Schule, sondern auch den Freundeskreis wechseln musste.

Dass das Verhältnis von großstädtischem Leben und ländlicher Provinz im literarischen Schaffen von Steinaeckers eine grundsätzliche Rolle spielt, wird in der Präsentation eines Hörspielausschnitts über Fußball-Kreisklassen und in einem Auszug aus seinem Dokumentarfilm über den Regisseur Werner Herzog deutlich. „Der Film über den einstigen Provinzler Herzog, der aus dem Chiemgau stammt, war für mich eine Herausforderung“, gestand von Steinaecker, dem es gelang, zu dem prominenten Regisseur ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. „Steini, du machst Filme?“, fragten seine einstigen Mitschüler bei einem Klassentreffen erstaunt über dessen Schaffensbandbreite. „Mit so einem Projekt muss ich hinaus in die Welt“, erzählte er und machte deutlich, dass die Arbeit am Schreibtisch eigentlich mehr seinem Naturell entspreche.

Acht Jahre bis Publizierung

„Wie erfolgt der Einstieg in so einen Roman mit über 600 Seiten?“, wollte Heike Hagl zum Entstehungsprozess der „Privilegierten“ wissen. „Plott und Protagonisten sind die ersten Schritte“, erzählt der Autor. Bis aber das beim renommierten S. Fischer Verlag publizierte Mammutwerk fertig war, vergingen nahezu acht Jahre. Den Beruf des Schriftstellers peilte er übrigens schon als Siebenjähriger an. Die Vorlage eines kindlichen romantischen Naturtextes, entstanden während seiner Oberviechtacher Grundschulzeit, galt als Beleg für die frühe Berufsorientierung.

Am Schluss der Lesung nahmen die Zuhörer die Gelegenheit wahr, Fragen zu stellen. Dabei rückte auch die eigentliche Hauptfigur des Gesellschaftsromans ins Blickfeld, der die Lebensgeschichte des Ich-Erzählers Bastian Klecka von der Geburt bis ins Alter zum Thema hat. „Es ist ein Roman über unsere Zeit“, bilanzierte Thomas von Steinaecker, „mit einer Welt von Widersprüchen und Bedrohungen“. Bei der Lesung selbst kamen diese kritischen Einlassungen des Autors zu den gesellschaftlichen Entwicklungen unserer Zeit nur am Rande zur Sprache.

Hintergrund:

Thomas von Steinaecker

  • Kindheit: von 1981 bis 1989 in Oberviechtach, wo er zusammen mit seinem Bruder auch als Ministrant aktiv ist
  • Bezug: Der Vater, Freiherr Michael von Steinaecker, ist Notar in Oberviechtach
  • Berufsfelder: Schriftsteller, Filmemacher, Hörspielautor
  • Preise: Zahlreiche deutsche und internationale Auszeichnungen
  • Vorhaben: Arbeit an einem siebten Roman und am 2. Band der Graphic Novel mit Planung eines Kinofilms zum 100. Geburtstag von Karlheinz Stockhausen
 
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