07.09.2018 - 14:44 Uhr

Passenger: Schlagartig erwachsen

Manchmal genügt ein einziges Lied, dass sich die Existenz eines Künstlers um 180 Grad dreht. Im Falle des britischen Singer-Songwriters Mike Rosenberg (Pseudonym Passenger) nennt sich dieser wegweisende Song "Let Her Go".

Der britische Sänger Passenger (Mike Rosenberg) singt auf dem Musikfestival Hurricane in Scheeßel (Niedersachsen). Am 15. September spielt er in München. Bild: Sebastian Gollnow/dpa
Der britische Sänger Passenger (Mike Rosenberg) singt auf dem Musikfestival Hurricane in Scheeßel (Niedersachsen). Am 15. September spielt er in München.

Das Lied besitzt keinerlei Hymnen-Charakter, stattdessen eine traurige, wenngleich einprägsame Melodie plus einen Text, der sich mit der Unfähigkeit des Protagonisten für wahre, romantische Liebe beschäftigt. Nicht unbedingt der Stoff für einen Monster-Hit. "Let Her Go" wurde aus Passengers fünftem Album "All The Little Lights" gekoppelt - und erreichte im Frühjahr 2012 ohne mediale Unterstützung völlig überraschend die Pole Position der australischen Hitparade.

Passenger | Let Her Go (Official Video)

Im Anschluss eroberte diese freundlich-entzückende Nummer Monat für Monat den Rest der Welt. Zunächst in Europa, da die Ballade im niederländischen Radio geballt berücksichtigt - und massig gehört - wurde. Im Mai 2013 erreichte der Selbstläufer Platz 1 der deutschen Charts, nachdem er in dem Kino-Bestseller "Fack Ju Göhte" eingesetzt worden war. Ein Streifen, den bis heute mehr als sieben Millionen Zuschauer gesehen haben.

Seit dieser völlig unerwarteten Großtat ist Passenger ein Superstar. Der 34-Jährige aus dem englischen Brighton hat viele Millionen Follower in diversen sozialen Medien. Gerade eben ist seine zehnte Scheibe "Runaway" (Cooking Vinyl) in den Handel gekommen, das akustisch ganz in der Tradition des begeisterten Straßenmusikanten steht: Americana paart sich mit Folk, Pop und einer Prise Country, Ed Sheeran (übrigens ein alter Kumpel von Rosenberg) trifft auf James Blunt trifft auf Jack Johnson trifft auf Bon Iver.

Der Passenger freut sich diebisch über das Ergebnis, "gerade weil darauf alles handgemacht ist und mir die Reaktionen darauf beweisen, dass man auch mit unprätentiöser, dabei hoffentlich anregender Musik jede Menge Menschen weltweit erreichen kann", strahlt er im Gespräch.

ONETZ: Sie haben über Jahre hinweg Straßenmusik gemacht, ob in England, Australien oder den USA. Und plötzlich wird man von jeder Menge Menschen wegen eines einzigen Lieds in der Öffentlichkeit erkannt, das „Let Her Go“-Video wurde bislang auf Youtube von knapp zwei Milliarden Menschen angeschaut. Wie geht man mit so einer Durchstarter-Karriere persönlich um?

Passenger: Diese Sache ist merkwürdig, einfach nur verrückt! Auch mit mehr als fünf Jahren Distanz kann ich das Ganze immer noch nicht fassen. Zwar wollte ich als Kind unbedingt ein Superstar werden, der auf den großen Bühnen dieser Welt Konzerte spielt.
Aber wenn dieser Traum in Erfüllung geht, bist du schlagartig erwachsen. Ein Zustand mit allen Höhen und Tiefen. Ich bin eher ein scheuer Typ. An manchen Tagen ist es mir zu viel, überall erkannt zu werden. Doch da muss ich jetzt durch.

ONETZ: Ihre Musik fühlt sich seit jeher großteils der Melancholie verpflichtet. Wie kommt’s?

Passenger: Eigentlich bin ich kein melancholischer Mensch, eher entspannt. Doch mir fällt es viel leichter, nachdenkliche oder traurige Stücke zu komponieren als fröhliches Zeug. Na gut, dann mache ich das eben. (lacht)

ONETZ: Worin unterscheidet sich Ihr neues Album von den Vorgängern?

Passenger: Die Platte ist wie eine große Reise durch die USA angelegt. Manch einer wird sich fragen, warum ein Engländer sich dermaßen Amerika verbunden fühlt. Ganz einfach: Mein Vater ist Ami, ich bin mit ihm als Junge während meiner Ferien viel durch seine Heimat gereist. Besonders die Natur dort hat mich seit jeher beeindruckt. An diese Ausflüge habe ich mich zurückerinnert, während ich an "Runaway" tüftelte. Als die Basics fertig waren, habe ich mich mit dem befreundeten Filmregisseur Jarrad Seng auf einen dreiwöchigen Trip quer durch dieses so großartige wie verrückte Land gemacht, wir haben einige Videos gedreht und einfach nur diese unterschiedlichen Landschaften auf uns wirken lassen.

ONETZ: Wie „amerikanisch“ ist Ihr Dasein?

Passenger: Extrem, da ich mit Musik von Koryphäen wie Simon & Garfunkel, James Taylor oder Bob Dylan angefixt wurde. Dieser Sound hat mich total inspiriert bei der eigenen Arbeit. Es ist der schönste Sound der Welt. Jetzt hoffe ich nur, dass keiner meiner Landsleute diese Zeile je zu lesen bekommt. (lacht) Sonst habe ich ein Problem.

ONETZ: Im Herbst sind Sie wieder auf Tournee quer durch die Welt, auch einige deutsche Konzertdaten stehen an. Was ist davon zu erwarten?

Passenger: Nachdem ich zuvor meist mit Band unterwegs war, werde ich dieses Mal wieder alleine auf der Bühne stehen. Das ist gut fürs Selbstbewusstsein! (lacht) Außerdem bin ich so einen Zustand als langjähriger Straßenmusiker gewohnt. Und nach Abschluss der Tournee kann ich mir prima vorstellen, mich in irgendwelche Einkaufspassagen irgendwo auf diesem Planeten zu setzen und einfach nur meine Musik zu spielen. Was für ein wunderbares Gefühl!

Passenger spielt am 15. September in der Münchener Tonhalle. Karten beim NT/AZ/SRZ-Ticketservice unter Telefon: 0961/85-550, 09621/306-230 oder 09661/8729-0 sowie unter www.nt-ticket.de

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