Heiko Herrmann lässt beim Kunstdinger-Finale in Pertolzhofen die Puppen tanzen

Pertolzhofen bei Niedermurach
07.06.2022 - 11:00 Uhr
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Zwei Jahre war Pause, jetzt will es Künstler Heiko Herrmann noch einmal wissen. Beim Finale der Kunstdingertage in Pertolzhofen lässt er die Puppen tanzen – im Trash-Theater.

Vom Haus der Kunst zum Dorf der Kunst: Diese Idee hat Künstler Heiko Herrmann vor mehr als einem Vierteljahrhundert in Pertolzhofen verankert, als er dort einen alten Zehentstadel zum Atelier erkor. Einmal im Jahr waren dort für zwei Wochen Künstler-Kollegen eingeladen, um miteinander oder nebeneinander an ihren Projekten zu arbeiten – und ein ganzes Dorf durfte spätestens bei der abschließenden Feier mit Ausstellung über die "Pertolzhofener Kunstdingertage" Zeuge sein.

Die Corona-Pandemie hatte dieses Miteinander jäh unterbrochen, doch nun wagt sich die Kunst wieder aus der Deckung. "Nachdem die Masken gefallen sind, will ich es jetzt noch einmal so richtig krachen lassen", sagt der Gastgeber und Kunstvereinsvorsitzende. Stolz präsentiert er die Gästeliste. Die Bildhauerin Katja von Lübtow steht darauf, der Maler und Zeichner Albert Richard Pfrieger und das Künstler-Duo Annette Reichardt und Stewens Ragone. Letztere haben sich der "Fifty-fifty-Kunst" verschrieben und arbeiten im Tandem an einem Werk. Das Ergebnis war vor einigen Jahren schon einmal in Pertolzhofen zu sehen, bei einer Ausstellung im örtlichen Kunst-Container. Am Samstag, 16. Juli, soll es losgehen.

Phasen eines Künstler-Treffs

Der Aufenthalt ist heuer allerdings auf acht Tage beschränkt. "Ich bin schon ein bisschen skeptisch und halte auch nicht mehr so viel Stress aus", gesteht der Gastgeber, der nächstes Jahr seinen 70. Geburtstag feiert. "Wenn ich so an die Anfänge denke, da war das eine 24-Stunden-Veranstaltung", erinnert er sich. "Wenn die einen aufgestanden sind, sind die anderen erst ins Bett gegangen." Aber das sei lange her: vor der "Beauty-Phase", als heilende Steine und wohlige Klänge samt besonders gesundem Tee in Mode kamen.

Crossover mit Puppen

In diesem Jahr konzentriert sich viel auf das große Abschlussfest am Samstag, 23. Juli, ab 16 Uhr. Spätestens zu diesem Termin werden Albert Beedi und Marcus Stiefach-Dürr mit ihrem Puppen-Trash-Theater aus Karlsruhe erwartet. Bei "The Poppets" handelt es sich um ein etwas anderes Figurentheater, das nicht auf eine Bühne und ein starres Publikum fixiert ist. "Die Puppenspieler erklären uns die moderne Kunst im Verhältnis zu Pertolzhofen, backen nebenbei Waffeln und mischen sich ganz mobil unters Volk", beschreibt Hausherr Herrmann das Konzept.

Beim Finale mit Ausstellung spielt außerdem die Nabburger Band "Ollie und die Blinden". Die Pertolzhofener Edelweißkapelle sorgt für zünftige Klänge, wenn die Künstler samt Gäste durchs Dorf ziehen und an den Stationen für den Skulpturenpark Halt machen. Vorgestellt wird bei dieser Gelegenheit auch der Neuankömmling unter den Skulpturen, den Bildhauerin Katja von Lübtow im Gepäck hat: ein massives Objekt aus Eichenholz. Ein Stopp ist außerdem an der "Kunsthalle Pertolzhofen" geplant, einem über Fenster einsehbaren Container. Dort eröffnet die Kulturreferentin des Landkreises Cham, Bärbel Kleindorfer-Marx eine Ausstellung, die sich mit der Vielfalt von Trinkgefäßen befasst. "Ohne den Drang des Gestaltens würden wir wohl heute noch aus der hohlen Hand trinken", scherzt Kurator Herrmann über die Hilfsmittel, die von Kürbisschalen übers Trinkhorn bis hin zum Pappbecher reichen.

"Die Künstler kommen, da brennt der Stadl", tönte schon vor zehn Jahren Kunstdingertage-Teilnehmer Heribert Heindl und pries das weltweit einzigartige Treffen von Museumsmachern, Kuratoren und Kulturschaffenden, das Hemmschwellen abbaut. "Gerüchte vermelden, dass in jedem Pertolzhofener Haus Kunst von den Kunstdingertagen existiert, als Zeichen des vollzogenenen Kulturaustauschs oder auch ,nur' als stolze Trophäe aus der jährlich stattfindenden Tombola", brachte es Heindl damals auf den Punkt.

Wie viele solcher Symposien es nach den "26. Pertolzhofener Kunstdingertagen" noch geben wird, lässt der Gastgeber Herrmann offen. "Ich glaube nicht, dass ich das bis zu meinem 80. Geburtstag mache", überlegt er und verhehlt dabei nicht, wie groß die Freude ist, sich nach der langen Corona-Pause endlich wieder mit Gleichgesinnten auszutauschen. Dabei habe diese Zeit für ihn zumindest einen schönen Nebeneffekt gehabt: "Die Bussi-Bussi-Gesellschaft ist zusammengebrochen."

Hintergrund:

Kunstdinger-Finale in Pertolzhofen

  • Kunstdingertage: heuer verkürzt, Samstag, 16. Juli, bis Samstag, 23. Juli
  • Abschlussfest: Samstag, 23. Juli, ab 16 Uhr mit Edelweißkapelle, "Olli und die Blinden" Tombola, Führung, Umzug durchs Dorf und Ausstellung der bei den Kunstdingertagen entstandenen Werke
  • Kunst-Container": Samstag, 16.30, Eröffnung der Ausstellung "Trinken - Formen von Gefäßen aus aller Welt" mit Einführung von Bärbel Kleindorfer-Marx, Kulturreferentin des Landkreises Cham
  • The Poppets: Puppen-Trash-Theater mit Albert Beedi und Marcus Stiefach-Dürr aus Karlsruhe (Stabfiguren, Klappmaulpuppen und Marionetten). Zwei aus der "absolut chaotische Puppentruppen" sind bei Kunstdingertagen entstanden: „Niedermuri“ und „Obermuri" (inspiriert durch Ober- und Niedermurach).
 
 

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