Drei Künstlerinnen erzählen in Pfreimd von ihrer Therapie mit Pinsel

Pfreimd
12.03.2023 - 09:22 Uhr
OnetzPlus

Die Landgrafen von Leuchtenberg nehmen sich blass aus vor der Bilderflut zu ihren Füßen. Sie sind umgeben von starken Farben – und starken Frauen. Künstlerinnen, die sich nicht unterkriegen lassen. Den Beweis haben sie mitgebracht.

"3 jetztendlich" titelt die neue Ausstellung des Pfreimder Museums im Bürgersaal. Die Drei steht für die Künstlerinnen Susanne Kempf, Ellen Graf und Stefanie Woch, das "jetztendlich" für die lange Pause aufgrund der Corona-Pandemie. Denn die drei Frauen sind keineswegs Neulinge, wenn es um den Umgang mit Pinsel und Leinwand geht. Längst arrangiert haben sie sich auch mit einer Diagnose, die ihr Schaffen prägt oder überhaupt erst der Auslöser dafür war. Alle drei leiden unter Multipler Sklerose (MS), einer chronisch-entzündlichen Erkrankung des Nervensystems.

Mal sind es zarte Pastellfarben, mal kräftige Rottöne, die in den Bildern von Susanne Kempf dominieren. Sie ist es, die seit 2008 Leidensgefährten Mut macht, sich ein Stück Autarkie und damit auch Anerkennung zurückzuholen. Aus einer einmaligen Aktion unter dem Motto "Denken. Fühlen, Malen" hat sich eine Ausstellungsreihe entwickelt, die allerdings durch die Pandemie unterbrochen wurde. Kempf hat daraufhin eine digitale Bilderschau unter dem Titel "Voilà! entwickelt. Jetzt zeigt sie Werke von bildenden Künstlern und Fotografen digital und analog. Die Krankheit als Eintrittskarte in diesen Kreis der Aussteller ist längst in den Hintergrund gerückt.

Für Susanne Kempf war sie allerdings das Sprungbrett in eine neue Welt. "Ich hatte Lähmungen in den Händen, konnte weder schreiben noch tippen" erzählt sie von der akuten Phase ihrer Erkrankung, in der sie einen Tipp von ihrer Mutter bekam: "Wenn es mit dem Stift nicht klappt, dann nimm doch mal einen Pinsel." "Anfangs war das mehr ein Sport für mich, aber dann wurden die Bilder doch ganz nett", schildert die Weidenerin ihre ersten Erfahrungen auf Papier und Leinwand. Über ihren Beruf als PR-Beraterin hat sie zum ersten Mal bei einer Firma ihre Werke präsentiert und schließlich selbst die erste Ausstellung mit 40 Malern und 128 Bildern gestemmt. "Ich hab' gemerkt, wie gut das tut", sagt sie mit Blick auf das Feedback und liefert noch einen Grund für die künstlerische Betätigung: "Beim Malen wird der Kopf frei, die Ideen, die ich für meinen Beruf brauche, beginnen zu sprudeln."

Unterwegs zu "Fu"

"Egal, was ich gerade in meinem Leben bewältigen muss, tauche ich beim Malen in eine andere Welt ein, die mich Vieles vergessen lässt", erklärt ihre Künstlerkollegin Ellen Graf aus Andernach Sie hat in Trier Sinologie studiert und 16 Jahre ihres Lebens in Taiwan verbracht, bevor es sie im Jahr 2000 zurück in die Heimat zog. "Als meine MS im Jahr 2003 diagnostiziert wurde, fiel ich in ein tiefes Loch", erinnert sich Ellen Graf. Heute mischen sich unter ihre Bilder mit unterschiedlichen Motiven auch ein paar Formate, in denen chinesische Schriftzeichen die Fläche dominieren, ein "Fu" zum Beispiel, das für Glück steht.

Vergessen in der Kunst

Die Dritte in diesem Bund auf Zeit ist Stefanie Woch. Sie ist die einzige akademische Künstlerin in dem Trio. In Braunschweig hat sie freie Kunst studiert, doch auch ihr Lebenslauf ist von Einschnitten geprägt: ein schwerer Autounfall 1991 und dann 1999 der erste MS-Schub. "Malerei ist für mich, das Gesehene und Gefühlte zu verarbeiten", lautete ihr Credo.

"Mit der Kunst kann ich die Krankheit vergessen", betont die Schöpferin der extrem farbenfrohen Bilder voller Blüten und Blätter im Zentrum der Ausstellung. Als Sinnbild des Überbordenden ragen Staubgefäße aus Wolle über die Leinwand hinaus, und dicker Farbauftrag harmoniert in ihren Werken mit filigranen Blattadern.

Die Ausstellung in Pfreimd ist allerdings nur kurz zu sehen. Mehr davon gibt es dann unter "Voilá! 3 und mehr, DFM (Denken, Fühlen Malen" in den nächsten Monaten in Weiden und Weiherhammer, verspricht Susanne Kempf, die inzwischen die Teilnahmebedingungen für interessierte Künstler etwas flexibler gestaltet.

Wer mitmachen will, muss nicht unbedingt MS haben. Eine Voraussetzung ist allerdings, "dass die Bilder in einen Ikea-Umzugskarton passen", schränkt die engagierte Hobby-Künstlerin ein, "sonst könnte der Transport in meinem Auto schwierig werden". Weitere Bilder auf:onetz.de/

Hintergrund:

Ausstellung "3 jetztendlich"

  • Ort: Museum Pfreimd (Bürgersaal), Schlosshof 11
  • Zeit: bis 19. März zu den Öffnungszeiten des Museums (Donnerstag und Sonntag, 14 bis 17 Uhr) und auf Anfrage
  • Künstlerinnen:Susanne Kampf (Weiden), Ellen Graf (Andernach/ Rheinland-Pfalz) Stefanie Woch (Wolfsburg/Niedersachsen)
 
 

Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.