Pfreimd
16.10.2018 - 10:44 Uhr

Ein Festtag im Ziegen-Biotop

Blauer Himmel, Sonnenschein, die weiße Burg thront über dem Pfreimdtal mit seinem herbstlich gefärbten Bäumen: Eine grandiose Kulisse für den Goißn-Abtrieb in Stein, den wieder die Bund-Naturschutz-Ortsgruppe Pfreimd ausrichtet.

Rudi Lottner führte mit seiner Steirischen den Abtrieb an, gefolgt von Bund-Naturschutz-Vorsitzendem Arnold Kimmerl. Bild: sus
Rudi Lottner führte mit seiner Steirischen den Abtrieb an, gefolgt von Bund-Naturschutz-Vorsitzendem Arnold Kimmerl.

Die Goißn, die das ganze Jahr über als "Landschaftspfleger" auf den Hängen in Stein unterwegs sind, genossen zusammen mit ihrem Hirten Ludwig Rauch die Aufmerksamkeit. Unzählige Hände gaben den Vierbeinern Streicheleinheiten. Noch bevor sich der kleine Zug der mit Kränzen geschmückten Ziegen und ihren Begleitern auf den Weg machte, fraßen sich die Vierbeiner bereits gegenseitig die Kränze aus Kiefernnadeln, Kräutern und Blumen vom Hals. Rudi Lottner ging der Gruppe über die Hänge voran und begleitete sie auf seiner Steirischen.

Wer wollte, konnte seine Kreativität beim Basteln mit Kastanien, Eicheln, Zapfen und Vogelbeeren ausleben oder sein Glück beim Goldwaschen versuchen. Gottfried Blank machte in seiner Führung über die in Bayern einzigartigen Magerrasen bei Stein auch eine kleine historische Rückblende. Entstanden sind die Flächen durch die extreme Beweidung, die keine Büsche und Bäume aufkommen lässt. Jeder der Hänge in Stein habe einen etwas anderen Charakter, erläuterte Blank Der Hang unterhalb der Burg beispielsweise beheimatete Kalk liebende Arten, die es sonst nur im Jura gibt. "Die Hänge in Stein gleichen einer Insel mit rund 300 verschiedenen Pflanzenarten", sagte Blank. Zoologisch wurden in den vergangenen 20 Jahren beispielsweise die Vorkommen der Ameisen, Tag- und Nachtfalter sowie Wildbienen näher untersucht. So kommen auf den Silikat-Magerrasen 33 Ameisenarten vor, dies entspricht rund der Hälfte aller Ameisenarten in Bayern. Von den in Stein kartierten Ameisenarten sind alleine 22 auf der roten Liste und damit besonders schützenswert. Unter ihnen ist die gelbe Dieb-Ameise. Sie ist eine extrem kleine Ameisenart, die sich über unterirdische Gänge an andere Ameisenvölker heran gräbt, um sie schlagartig zu überfallen. Die beraubten Ameisen können sich gegen die winzigen Angreifer kaum wehren. Eine Verfolgung ist durch die kleinen Gänge unmöglich.

Gemeinsam ist all den Arten der Flora und Fauna, dass sie den Magerstandort mit seiner freien Fläche und den offenen Bodenstellen benötigen, die durch die Beweidung der Fläche durch die Ziegen entstehen. Immer wieder sind die Magerrasen Gegenstand wissenschaftlicher Forschungsarbeiten. Selbst Wissenschaftler vom Naturhistorischen Museum in London waren für ihre Arbeiten in Stein. In diesem Jahr überzeugte sich Professor Peter Poschlod vom Lehrstuhl für Ökologie und Naturschutzbiologie der Universität Regensburg vom Fortschritt des Beweidungsprojekts.

Die Ziegen heimsten nach dem Abtrieb viele Streicheleinheiten ein. Bild: sus
Die Ziegen heimsten nach dem Abtrieb viele Streicheleinheiten ein.
 
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