"Gefahr für Leib und Leben" hatte noch im September das Landratsamt angesichts des maroden Bauwerks in der Pfreimder Rosengasse Nummer 1 gesehen - und die komplette Sperrung der Straße in der Altstadt angeordnet. Vorausgegangen war ein Schadensfall: Ein herabfallender Dachziegel hatte ein dort parkendes Auto beschädigt, die Stadt hatte dies daraufhin der Behörde in Schwandorf gemeldet. Dazu kam ein Teileinsturz im rückwärtigen Teil, weshalb der Eigentümer, ein Privatmann, zum "kontrollierten Rückbau" aufgefordert wurde.
"Es war nie die Intention der Stadt, das Gebäude abzureißen", stellt Bürgermeister Richard Tischler klar, der sich nach einem Bericht bei Oberpfalz-Medien mit Bürgern konfrontiert sah, die sich für den Erhalt des aus ihrer Sicht wertvollen Gebäudes einsetzen wollten. Bei einem Ortstermin in der Rosengasse, die inzwischen nicht mehr gesperrt ist, warteten nun Vertreter des Historischen und Heimatkundlichen Arbeitskreises zusammen mit dem Amberger Tragwerksplaner Anton Landgraf und Denkmal-Preisträger Christian Eichinger mit einem umfassenden Plädoyer für eben diesen Altbau auf.
"So ein durchdachtes Gefüge findet man selten", sagt Landgraf, der sich seit 40 Jahren mit Sanierungen befasst und sich - alarmiert durch die lokalen Denkmalschützer - das Gebäude unentgeltlich näher angeschaut hat. "Drüben in der Hauptstraße, da könnten viel eher Dachziegel runterrutschen", stellt er fest und schwärmt vom intakten Ziegelgewölbe, das den Kern des Hauses darstellt. "Das ist wie eine Milchhaut, die würde als erstes reißen, wenn ein Einsturz droht", erklärt er, "aber die hat nicht einen Riss".
Eingestürzt sei lediglich ein Anbauteil, das nun mit Hilfsstützen gesichert wurde. "Die Achse vorne steht wie eine Eins", ist sich der Fachmann sicher und zeigt dann im Innern auf, was in seinen Augen diesen Altbau so wertvoll macht. "So eine Bohlenbalkendecke habe ich in meinem Büro", erzählt er und leuchtet wegen der zum Teil mit Brettern verbauten Fenster mit der Taschenlampe auf die weiß überstrichenen Balken im Erdgeschoss. Er geht von wertvoller Bausubstanz aus, auch deshalb, weil 1650 als Besitzer des Anwesens ein Baumeister namens Zacharias Amode als Besitzer belegt ist.
Hinweise auf Renaissance
Punkten könne das Haus auch durch seinen Dachstuhl im Stil der Renaissance, vermutet Landgraf. Der Typus "stehender Stuhl" sei hier, wo Barock dominiere, eher selten. Oben im ersten Stock zeugt eine Stuckdecke von besseren Zeiten. Elegant geschwungene Beschläge am Tür-Scharnier treffen dort auf Jahrzehnte alte Vorhänge und einen Abreißkalender, der das Datum vom 18. April 1992 anzeigt. Auf eine übrig gebliebene Sitzgruppe mit Tisch und Sesseln ist ein Regen von Putzbrocken niedergegangen, weil das Dach an dieser Stelle undicht war.
"Reizvolle Details, geringe Heizkosten durch die kompakte Bauweise, überschaubares Volumen", zählt Christian Eichinger die Vorteile des Sanierungsobjekts auf. Er selbst hat 2020 für ein Bürger- und Handwerkerhaus am Marktplatz 23 den Denkmalpreis des Bezirks Oberpfalz bekommen und engagiert sich seit längerem über eine gemeinsame Plattform mit Gleichgesinnten unter dem Überbegriff "Altbaufreunde". Zentral gelegen und mit verstecktem Garten, das mache ein Haus interessant. "Das wäre doch etwas für eine junge Familie, die sich heute keinen Bauplatz mehr leisten kann", spekuliert Eichinger. Allerdings brauche es ein geschultes Auge, um das zu erkennen.
Denkmal-Status angestrebt
"Gehen Sie mal zu jemandem, der vorher skeptisch war und jetzt fertig ist", empfiehlt Landgraf allen, die bei der Sanierung Einschränkungen durch den Denkmalschutz fürchten. Das Haus in der Rosengasse 1 steht momentan unter Ensembleschutz, aber es laufen Bemühungen, es auf die Denkmal-Liste zu setzen. Inzwischen hat sich abgezeichnet, dass der aktuelle Eigentümer eine Sanierung nicht schultern will, und das Haus deshalb verkaufen würde. "Diese alten Häuser sind darauf angewiesen, dass sie einen Liebhaber finden", sagt der Bürgermeister. "Die Stadt Pfreimd kann nicht alles kaufen, aber wir helfen so gut wir können." Schließlich wurde gerade erst das benachbarte Haas-Haus unter Regie der Stadt saniert. Nachdem klar war, dass von dem Objekt in der Rosengasse keine Gefahr mehr ausgeht, wurde die Sperrung der Straße bereits vor einigen Wochen aufgehoben. Immerhin, eine Lobby hat der Altbau jetzt. "Die wenigsten jungen Leute können sich vorstellen, wie einzigartig man einen Altbau herrichten und darin leben kann, und es wird ihnen auch nicht näher gebracht", bedauert Christian Eichinger. Die Bauwirtschaft habe sich auf den schnellen, schlüsselfertigen Bau auf der grünen Wiese eingeschossen, in den Medien lese man Horrormeldungen von Holzwürmern, Mauerschwamm und Denkmalschutz, hat Eichinger festgestellt und kritisiert: "Von Baumängeln in hermetisch abgedichteten Neubauten mit verkeimter Zwangsklimatisierung liest man selten. "
Tipps, Hilfen und Ratschläge für Altbau-Sanierung
- Gestaltung: in Pfreimd kostenlose städtebauliche Beratung durch Architekt Günter Naumann
- Finanzierung: Beratung durch Sonja Kaatz; neben Mitteln der Städtebauförderung kommt auch eine kommunale Förderung mit bis zu 80.000 Euro infrage.
- Austausch: Gruppe "Altstadt-Freunde", initiiert von Christian Eichinger, aktuell Plattform für 15 Sanierungswillige, vom Schlossherrn bis zum Bauernhaus-Besitzer.
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