Pfreimd
01.08.2018 - 18:56 Uhr

Helfer mit Rat und extrem viel Tat

Die Eichingers und Bürgermeister Richard Tischler räumen mit einem Vorurteil auf: Das Landesamt für Denkmalpflege ist nicht der Feind alter Häuser. Die Familie, die das "Kramer-Haus" saniert, lobt die Zusammenarbeit in höchsten Tönen.

Silvia und Christian Eichinger (Achte und Zehnter von links) haben es geschafft: Das sanierte Kramerhaus kann bezogen werden. Bei der Einweihungsfeier dankten sie den vielen Helfern. cv
Silvia und Christian Eichinger (Achte und Zehnter von links) haben es geschafft: Das sanierte Kramerhaus kann bezogen werden. Bei der Einweihungsfeier dankten sie den vielen Helfern.

Schön ist es geworden, das Haus Nummer 23 am Marktplatz. Die Besitzer, Christian und Silvia Eichinger, haben lange überlegt, ob sie das Wagnis eingehen. Christian Eichinger ist Schreinermeister, erfüllt als Projektleiter in der Möbelmanufaktur Arnold erlesene Kundenwünsche, fliegt für den Innenausbau einer Jacht auch mal schnell ins Ausland. Der erste Sanierungsversuch wurde 1995 gestartet und scheiterte. 1997 wurde neu gebaut, man wollte das alte Haus 2000 verkaufen - ohne Erfolg. Dann 2001 ein erneuter Anlauf: Behörden und Berater wurden kontaktiert, doch der Pferdefuß war die Kostenschätzung. Der Ansprechpartner fehlte, um zu wirklich belastbaren Zahlen zu kommen.

Nägel mit Köpfen wurden 2010 gemacht, als der frühere Archivbetreuer Helmut Friedl mit dem damaligen Bürgermeister Arnold Kimmerl, dem städtebaulichen Berater Günter Naumann und Raimund Karl vom Landesamt für Denkmalpflege einen runden Tisch organisierte. Es gab eine konkrete Kostenanalyse, und mit Petra Högen aus Weigendorf war auch die richtige Architektin im Boot. Dann war Geduld gefragt, um Mittel aus dem Entschädigungsfonds, vom Landesamt für Denkmalpflege, von Landkreis, Bezirk und Stadt in Form des kommunalen Förderprogrammes zu bekommen. Als das Konzept stand, ging es im Sommer 2015 los. Bis auf die Inneneinrichtung ist das Werk nun abgeschlossen. Für die Eichingers ein Grund, allen Mitwirkenden bei einer Einweihungsfeier Danke zu sagen. Bilder von der Baustelle machten deutlich, was geleistet worden war. "32 Container Schutt wurden aus dem Haus geräumt", erzählt Eichinger. Die Familie investierte 7800 Arbeitsstunden, verlegte 1742 Meter Dachlatten.

Christian Eichinger hat ein Auge fürs Detail. Nicht umsonst wurde er auf der Baustelle "der Pico-Bello-Mann" genannt. Und er hatte Helfer "mit Rat und extrem viel Tat". Die Eltern, die Frau, die mit ihm das Risiko einging, die Kinder, ihre Partner, die kompetenten regionalen Handwerker, "die in dem Haus, das keinen rechten Winkel hat", gerade Linien zauberten. Schreiner Heini Lippert steuerte das alte Haustürschloss des Kramerhauses bei, das sein Vater vor 40 Jahren aus der ausrangierten Eingangstür ausgebaut und aufgehoben hatte. Christoph Schnabel rettete Tür- und Fensterbeschläge aus Abbruchhäusern. Er hat sie den Eichingers geschenkt.

Und da ist noch Wisam Balsini aus dem Irak. Der Jeside stand vor Eichingers Tür und fragte, ob er helfen kann. Mittlerweile hat er in der Firma Arnold einen Arbeitsstelle gefunden, den Staplerschein gemacht. "Alle reden von Integration. Das geht nur in der Arbeit und nicht im Ghetto", betonte Eichinger. Ein großer Dank galt Raimund Karl vom Landesamt für Denkmalpflege, der auch die Wege zu den Fördertöpfen ebnete und gemeinsam mit Architektin und Statikerbüro "eine klare Linie vorgab". Die Komplimente wurden an die Hausbesitzer zurückgegeben. "Das ist ein Glücksfall, wie ihn sich ein Bürgermeister nur wünschen kann", fassten Richard Tischler und sein Vorgänger Arnold Kimmerl zusammen. "Es war eine Freude, mit Christian Eichinger und der Stadt zusammenzuarbeiten", betonte Raimund Karl. "Pfreimd ist es wert".

Die Eichingers haben übrigens ihre Pläne geändert: Eigentlich wollten die Kinder Maria und Michael die beiden Wohnungen beziehen. Nun wird der Sohn das bisherige Elternhaus übernehmen. Silvia und Christian Eichinger hingegen ziehen ins Altstadthaus, den späteren bequemen Alterssitz.



Der Treppenaufgang trägt Christian Eichingers Handschrift. cv
Der Treppenaufgang trägt Christian Eichingers Handschrift.
Das alte Türschloss wurde in der Schreinerei Lippert vor 40 Jahren "vorausschauend" aufgehoben. Nun ziert es die neue Haustür. cv
Das alte Türschloss wurde in der Schreinerei Lippert vor 40 Jahren "vorausschauend" aufgehoben. Nun ziert es die neue Haustür.
Der Marktplatz ist um ein Schmuckstück reicher. cv
Der Marktplatz ist um ein Schmuckstück reicher.
Die alten Holzbalken wurden erhalten. cv
Die alten Holzbalken wurden erhalten.
Auch ein Brunnen wurde freigelegt. cv
Auch ein Brunnen wurde freigelegt.
Hintergrund:

Bierausschank im Kramerhaus

Rund um den Marktplatz standen seit dem Mittelalter wichtige Bürger- und Handwerkerhäuser, zu denen das Kramerhaus gehört. Archivalisch ist seine Existenz bis 1660 belegt. Es gibt etliche Besonderheiten wie eine Seitenstube in einem Zwischengeschoß oder den Bierausschank. Im Verzeichnis der bräu- und schankberechtigten Bürger der Stadt ist auch Krämer Christoph Fuchs aufgeführt. Es gab ein geräumiges Gärgewölbe. An Bräugeschirr waren vier Gärbottiche und Fässer für "bis zu 200 Eimer Bier" vorhanden. Die bei den Aufräumarbeiten gefundenen alten Bierfässer und eine Anschreibetafel stützen diesen alten Quellenhinweis.

 
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