Wächter über viele Wege: Robert Reil sorgt für ein "wanderbares" Bayern

Pfreimd
08.05.2023 - 10:27 Uhr
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Landeswegewart im Wanderverband Bayern: Mit diesem Titel darf sich seit einigen Wochen der Pfreimder Robert Reil schmücken. Ein Ehrenamt, das viel mit Natur aber auch nicht wenig mit Verwaltung zu tun hat.

Wer mehr als einen kurzen Spaziergang auf vertrauten Strecken plant, ist dankbar für die kleinen Symbole, die Orientierung geben: ein roter Punkt, ein gelber Buchstabe oder einfach eine Zahl, egal ob auf einem Schild oder auf Baumrinde gepinselt. So manchen Wanderer bewahrt das vor Irrwegen. Doch wo und wann solche Hinweise auftauchen müssen, ist eine Wissenschaft für sich – und auch ein Merkmal dafür, ob es sich um einen Qualitätswanderweg handelt. "Es soll ja auch kein Schilderwald sein", sagt Robert Reil, der seit Anfang März im Prinzip alle Wege im Wanderverband Bayern im Blick hat. Er hat das Amt des Landeswegewarts von Vorgänger Sigi Wild übernommen – und kann zum Start schon mal eine gute Nachricht verbuchen.

Wanderrouten hat der neue Mann aus dem Pfreimder Ortsteil Untersteinbach gleich jede Menge vor der Nase: Nur wenige Meter von seiner Haustüre lockt der Eixlberg mit breiten Waldwegen und einem Netz aus schmalen Pfaden. Und natürlich stimmt hier auch die Markierung. Das geht auch auf das Konto des 66-Jährigen, der seit 2010 und bis vor kurzem für den Oberpfälzer Waldverein (OWV) im Zweigverein Pfreimd rund 80 Kilometer betreut hat.

"Die Beschilderung ist ein sehr komplexes Feld geworden", sagt der passionierte Wanderer auf einer kleinen Stippvisite mit Oberpfalz-Medien an seinem Hausberg. Er deutet auf den kleinen Pfeil unter dem Symbol am Verkehrsschild, der zusätzlich die Richtung anzeigt. 100 Meter weiter ist der nächste Hinweis. Gleich nach der Abzweigung gibt es ein sogenanntes Bestätigungszeichen. "Und dort, in der Ferne sieht man, wenn man genau hinschaut, schon das Beruhigungsschild", erklärt Reil. Das soll dem Wanderer Sicherheit geben, dass er auf dem richtigen Weg ist. Denn nicht immer sind auch alle Schilder dort, wo sie sein sollten. "Manchmal gibt es Vandalismus oder jemand dreht einen Pfeil einfach um", weiß der Wegewart. Ein Grund mehr, nach 200 bis 300 Metern noch einmal nachzulegen.

"Da gibt es ganz klare Kriterien", berichtet der 66-Jährige. "Früher wurde nur das Nötigste gemacht", erinnert er sich an von Hand mit Farbe aufgemalte Zeichen an Bäumen. Jetzt sind das meist Aufkleber auf einem biegsamen Blech. Höhe und Winkel, für all das gibt es bei der Kennzeichnung Richtlinien. Reil erzählt von der Umstellung von Parallelmarkierung auf Sichtmarkierung in den Jahren 2014 bis 2017: Früher wurden die Hinweise nämlich parallel zum Weg angebracht, jetzt sollen sie dem Wanderer gleich frontal ins Auge fallen. Das bedeutet allerdings auch die doppelte Menge an Symbolen, denn der Hinweis muss in beide Richtungen funktionieren. Die Kriterien dafür hat der Deutsche Wanderverband definiert.

Jetzt warten größere Aufgaben auf Reil, die erst einmal nichts mit dem bunten Sortiment an Aufklebern zu tun haben, die handgemalte Symbole an Baumstämmen ersetzen. Deen die Betreuung von Wegen kostet nicht nur Zeit, sondern auch Geld – und das will verteilt sein. Mit 200.000 Euro jährlich fördert der Freistaat Bayern die Arbeit der 13 Gebietsvereine im Wanderverband Bayern, die insgesamt 44.000 Kilometer Wanderwege betreuen. Einer davon ist der Oberpfälzer Waldverein mit rund 4400 Kilometern. Ein Bruchteil der Fördersumme landet deshalb beim Hauptverein in Weiden, der entsprechende Summen dann an die Zweigvereine weitergibt. in diese Vorgaben kommt jetzt Bewegung. "Die festgeschriebene Förderhöchstgrenze von 200.000 Euro ist entfallen", lautet die gute Nachricht. Laut Umweltministerium stehen demnach rein theoretisch 300.000 Euro zur Verfügung, schließlich muss so mancher Weg mehrmals im Jahr begangen werden.

"Was den einzelnen Verein bleibt, ist im Grunde zu wenig", sagt Reil, in dessen Ressort nun die Geldverteilung fällt. Denn die Anforderungen nehmen zu. "Wenn mehr Bäume umfallen, kommt es häufiger vor, dass Wege freigeschnitten werden müssen", verdeutlicht er mit Blick auf den Borkenkäfer. Die Doppelnutzung von Wanderwegen, Stellungnahmen als Träger öffentlicher Belange bei Trassen und PV-Anlagen, Beiträge für Wander-Apps, all das ist mit ehrenamtlichen Kräften kaum noch zu stemmen. Auch der Pfreimder IT-Fachmann im Ruhestand leistet ehrenamtliche Arbeit bei der Verwaltung und Überprüfung von Wegen. 44.000 Kilometer im Jahr, das ist natürlich zu viel, aber Stichproben gibt es da schon.

Hat der neue Landeswegewart da überhaupt noch einen Blick für die Natur? "Aber sicher", sagt der 66-Jährige, der seit 2014 auch zertifizierter Wanderführer ist, seit 2019 außerdem zertifizierter Bestandserfasser beim Deutschen Wanderverband und momentan stark involviert in die Umsetzung eines rund 80 Kilometer langen "Glasschleifererwegs" (Landkreis Neustadt/WN). "Ich bin ein Genusswanderer, der immer nach rechts und links schaut und fast jeden Tag draußen ist", sagt Reil. "Die Natur ist und bleibt das A und O."

Hintergrund :

Wanderverband Bayern

  • Mitglieder:derzeit etwa 100.000 in 16 Mitglieds- und 13 Gebietsvereinen
  • Aufgaben: Betreuung und Instandhaltung von Wanderwegen und Wanderheimen, geführte Wanderungen, Ausbildung von Wanderführern, Zertifizierung von Wegen; anerkannter Naturschutzverband
  • Wanderwege: rund 44.000 Kilometer
  • Aufwand: rund 31.000 Stunden pro Jahr an ehrenamtlicher Arbeit
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