„Glauben Sie, dass die alles drucken, was sie da mitschreiben?“ Der Einwand des Tischnachbarn des Berichterstatters bringt es auf den Punkt. Es wäre besser gewesen, vorab eine halbe Seite in der nächsten Ausgabe zu buchen. Wie soll man auch das Konzert einer Band in wenige Zeilen pressen, die auf der Homepage selber 15 Adjektive zur Selbstbeschreibung benötigt? Doch die Band ist eben ungeheuer vielseitig.
Vielleicht ist das der Grund, warum die Zuhörer in Scharen zum Konzert strömen. Gleich zu Beginn verursachte ein kurzes Regentropfen-Prélude aus dem Himmel kurzzeitig Sorgen um die wertvollen Instrumente, aber die Dame und die vier Herren auf der Bühne ließen sich nicht beeindrucken und verjagten mit einem halsbrecherischen Auftakt aus virtuosen Instrumentalsoli und wilden Taktwechseln sämtliche Regenwolken. Damit schien die Richtung des Abends – „Polka und Folk, Klezmer und Jazz, Reggae und Rock wirbeln bunt durcheinander“ - festgelegt. Denkste! Mit ihrer sehr eigenen Interpretation des Schlagers „Es liegt was in der Luft“ machte "Flez Orange" sofort klar: Versucht erst gar nicht, für uns eine Schublade zu suchen.
Die Niederbayern begeistern nicht nur mit beeindruckender Instrumentalbeherrschung. Besonders die Anmoderationen und teils herrlich albernen Geschichten zu den Stücken lassen kaum ein Auge trocken. Selbst für clownesken Slapstick ist sich das Quintett nicht zu schade. Und so verstecken die Musiker hundertfach musikalische Gemeinheiten aus schrägen Harmonien, verrückten Taktarten und scheinbar wirren Rhythmen in ihren Eigenkompositionen mit ebenso einprägsamen Namen wie „Ali Baba und die 7 Viertel", "Prinzessin Evi" oder "Hasenjagd im 9/8-Takt".
Auf diese Weise entsteht aus der Kombination von Moderation und Musik eine große Geschichte im Kopf des Zuhörers.
in- und hergerissen zwischen ruhigen Balladen, umgedeuteter Volksmusik und atemberaubender musikalischer Achterbahnfahrt nimmt ein äußerst unterhaltsamer Abend seinen Lauf. Selbst der Storch schaut vorbei und klappert vom Dachfirst seinen rhythmischen Kommentar in den Hof. „Eine Kritik muss schon erkennen lassen, wenn etwas ganz besonders gut ist“ sagt der Tischnachbar. Recht hat er.
Pirk
08.07.2018 - 13:08 Uhr
Hasenjagd im Brauereihof
von Harald Bäumler
Klicken Sie hier für mehr Artikel zum Thema:
Meistgelesene Artikel

E-Mail eingeben
Sie sind bereits eingeloggt.
Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.