Pirk
20.09.2018 - 10:50 Uhr

Jubiläum, das Zweite

Eigentlich ist der Ort Pirk heuer 900 Jahre alt. Die 10-tägige Feier geht aber schon vor mehr als 25 Jahren über die Bühne. Doch die Pirker lassen sich das Feiern nicht nehmen - und fahren an den Ort der erstmaligen Erwähnung Pirks.

von FSB
Die Pirker Besuchergruppe an der Wehrmauer des Klosters. Bild: fsb
Die Pirker Besuchergruppe an der Wehrmauer des Klosters.

Zurück zu den „historischen Wurzeln“ des Orts ging es bei einer Exkursion der „Kultur Freunde“ nach Reichenbach im Vorderen Bayerischen Wald. Daran beteiligten sich 29 heimatkundlich Interessierte, unter ihnen Vorsitzender Hermann Schwab, das Ehepaar Prell als Organisatoren der Fahrt und der ehemalige Bürgermeister Georg Stahl. Amtierende Kommunalpolitiker waren bei dieser Kulturfahrt nicht vertreten. Reichenbach feiert heuer in mehreren Veranstaltungen das 900-jährige Bestehens seines Klosters. Im Faksimile der Gründungsurkunde von 1118 wird ein „Adalbertus de Pirke“ aufgeführt, so dass auch der Ort Pirk selbst durch diese erstmalige Erwähnung dieses Jahr sein 900. Jubiläum begehen kann: Anlass genug, dies mit einem Besuch zu würdigen.

„Das berühmte Kloster liegt auf dem Berg wie eine Burg“: So beschrieb ein Nürnberger Humanist Ende des 15. Jahrhunderts die mächtige Klosteranlage. Sowohl davon als auch von den verschiedenen Gebäuden des Klosters und besonders der Klosterkirche zeigte sich die Besuchergruppe beeindruckt. Reichenbachs Bürgermeister Franz Pestenhofer ließ es sich nicht nehmen, seine Gäste durch die Anlage und die Klosterkirche zu führen. Mit seinem geschichtlichen Wissen begeisterte er die Zuhörer.

Die ehemalige Benediktinerabtei erlebte durch die Jahrhunderte Höhen und Tiefen. Gegründet von Markgraf Diepold III. von Vohburg und seiner Mutter Luitgard, verlor Reichenbach seine regionale Bedeutung, nachdem der letzte Diepoldinger ohne Nachkommen starb und die Wittelsbacher 1204 die Vogtei übernommen hatten. Im 14. Jahrhundert vollzog sich eine Wende zum Besseren. Die Befestigungsanlagen des Klosters verhinderten 1428 und 1433 die Eroberung durch die Hussiten. In der Folgezeit erlebten die Wissenschaften, vor allem die Mathematik und die Astronomie, einen kräftigen Aufschwung. In den Wirren der Reformation kam es im 16. Jahrhundert zum Bildersturm der Kalvinisten, der die reiche spätgotische Ausstattung der Klosterkirche planmäßig vernichtete. Nach der Wiedererwerbung und der Rekatholisierung der Oberpfalz wurde Reichenbach 1669 von St. Emmeram in Regensburg wiederbesiedelt, administriert und 1695 erneut selbständige Abtei. Im folgenden Jahrhundert erlebte das Kloster eine neue Blütezeit. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts standen infolge der zweiten Aufhebung die Klostergebäude teilweise leer, teilweise waren sie an Privatleute verkauft, die unter anderem dort eine bedeutende Steingutfabrik errichteten. 1891 gelangten die Bauten in den Besitz der Barmherzigen Brüder vom heiligen Johannes von Gott, die ein bis heute bestehendes Wohn- und Wohnpflegeheim für Menschen mit Behinderung einrichteten und dadurch die Klostergebäude vor dem Ruin retteten. In der modernen Behinderten-Einrichtung, deren Träger nun der Bezirk ist, wurden über 800 Arbeitsplätze geschaffen.

Zu den schönsten Kirchen der Oberpfalz gehört die Klosterkirche „Mariä Himmelfahrt“, deren Sanierung rechtzeitig zum Jubiläum abgeschlossen werden konnte. Sie ist von der Baustruktur her eine romanische Basilika und wurde in der gotischen Epoche verändert. Aus dieser Zeit stammt auch das Stiftergrabmal Diepolds in der Grabkapelle, eine Sandsteinplatte aus dem Jahr 1304. Ende des 17. Jahrhunderts wurde der barocke Konventbau errichtet und dessen Innenraum von 1742 bis 1747 im spätbarocken Stil umgestaltet. Diese Umformung geht mit dem spätromanischen Bau eine gelungene Synthese ein und besticht durch den Zusammenhang von künstlerisch bedeutsamen Fresken, von den durch seinen Formenreichtum und seiner fein abgestimmten Farbigkeit bestechenden Stuck, seinen verschiedenen Altären und den figürlichen Schmuck: ein Juwel im Regental.

Seinen Abschluss fand die Kulturfahrt schließlich im neuen Gemeinschaftshaus, in den Pestenhofer zusammen mit einigen Gemeinderäten und Vereinsvorständen zu Kaffee und Kuchen geladen hatte. Er freute sich, dass eine stattliche Anzahl von Pirker Gemeindebürgern den Weg nach Reichenbach gefunden hatte und er ihnen die Erkenntnisse der 3,3 Millionen Euro teuren Innen- und Außenrestaurierung weitergeben konnte. An die "Kultur Freunde" überreichte er das neue Buch „900 Jahre Kloster Reichenbach“. Hermann Schwab und Karl Prell, die Pirker Zoigl mitgebracht hatten, dankten Pestenhofer mit der Übergabe der Ortschronik, des Kirchenführers, einem Obstler von Wildkirschen aus Schwabs Garten und einer Einladung in die historisch verbundene Gemeinde Pirk.

Reichenbachs Bürgermeister Pestenhofer (rechts) erläutert den Besuchern, unter ihnen Vorsitzender Hermann Schwab sowie Karl Prell (Dritter und Vierter von rechts) und der ehemalige Bürgermeister Georg Stahl (links) die Klosterkirche. Bild: fsb
Reichenbachs Bürgermeister Pestenhofer (rechts) erläutert den Besuchern, unter ihnen Vorsitzender Hermann Schwab sowie Karl Prell (Dritter und Vierter von rechts) und der ehemalige Bürgermeister Georg Stahl (links) die Klosterkirche.
Vorstandsmitglied und Organisator Karl Prell (Zweiter von rechts) und Vorsitzender Hermann Schwab (Dritter von rechts) überreichen Bürgermeister Pestenhofer (rechts) mit Schriftführerin Rosa Prell (links) Gastgeschenke. Bild: fsb
Vorstandsmitglied und Organisator Karl Prell (Zweiter von rechts) und Vorsitzender Hermann Schwab (Dritter von rechts) überreichen Bürgermeister Pestenhofer (rechts) mit Schriftführerin Rosa Prell (links) Gastgeschenke.
Bürgermeister Pestenhofer (Zweiter von rechts) führt durch die Kirche. Bild: fsb
Bürgermeister Pestenhofer (Zweiter von rechts) führt durch die Kirche.
 
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