Wer bei der 8. "Ausbildungsmesse im VierStädtedreieck" das Gespräch mit den 49 Firmen, Behörden und Bildungseinrichtungen suchte, die in der Pressather Mehrzweckhalle um Berufs-"Pfadfinder" warben, merkte schnell: "Azubis" sind ein begehrtes Gut. Der vielzitierte "rote Teppich für Schulabgänger" liegt auch in der Nordoberpfalz aus - man muss ihn nur betreten wollen.
"Es fehlt nicht an Ausbildungsstellen, sondern an Bewerbern." Mit dieser Einschätzung befand sich Ausbildungsleiter Johannes Beierl vom Elektrotechnikspezialisten Rogers aus Eschenbach in bester Gesellschaft. "Wir hätten locker doppelt so viele Auszubildende einstellen können": Solche Stoßseufzer waren quer durch alle Berufszweige zu vernehmen.
Geburtenschwache Jahrgänge
Und längst werben nicht nur Handwerksbetriebe oder Einrichtungen der pflegenden Berufe, sondern sogar Anbieter des traditionell beliebten öffentlichen Dienstes "händeringend" und initiativ um junge Fachkräfte. Woran liegt das? Polizei-Ausbildungsleiter Ulrich Glaser sieht die Ursache vor allem im demografischen Wandel: "Die geburtenschwachen Jahrgänge schlagen spürbar durch" - eine Sicht, die viele Ausbilder und Personaler teilen.
Imageprobleme bestimmter Berufsfelder spielen dagegen eine immer geringere Rolle, auch wenn man in manchen Branchen durchaus noch gegen überholte Klischees ankämpft und auf längst selbstverständliche technische Erleichterungen, flexible Arbeitszeiten und übertarifliche Löhne verweist.
Abitur und Studium als unter fast allen Umständen anzustrebendes Nonplusultra gilt offenbar auch immer weniger. Manchen Eltern und Schülern müsse man zwar noch die Wertschätzung für Mittelschulabschluss oder Mittlere Reife und für eine Berufsausbildung nahebringen, räumten die Vertreter der Schulleitungen der vier Grund- und Mittelschulen im Schulverbund VierStädtedreieck ein.
Doch im großen Ganzen seien ein Bewusstseinswandel und ein wachsendes Interesse an diesen Bildungs- und Berufswegen zu spüren - nicht zuletzt, weil die Aussicht, bald nach dem Schulabschluss Geld zu verdienen, Interesse wecke und man zudem sehe, dass "es nicht mehr unbedingt die Akademiker sind, die am besten verdienen".
Martin Pepiuk, Vorsitzender des Pressather Gewerberings, beurteilt diese Trendwende positiv: "Ein Schritt zurück kann ein Anlauf für Größeres sein." Entsprechend selbstbewusst treten Handwerks- und Industrieunternehmen auf. "Wir setzen die Energiewende um", hält Jonas Günthner vom gleichnamigen Wirbenzer Heizungsbauer fest. Johannes Beierl ist überzeugt: "Wertschöpfung findet vor allem in Handwerk und Industrie statt."
Premium-Schulnoten seien auch nicht mehr das Maß aller Dinge, betonen viele Ausbildungsverantwortliche. Berufsbildungswerke wie das Grafenwöhrer Sankt-Michaels-Werk oder Unternehmen wie die Großbäckerei Kutzer werben mit Chancen für Menschen aller schulischen Niveaus ob ohne Abschluss oder mit Abitur. Auf Motivation und Fähigkeiten, die zum Beruf passen, komme es an. Das sei nur bedingt eine Frage von Zeugnissen.
Die Erfahrungsberichte von Schul- und Unternehmensverantwortlichen illustrierten auch die Folgen des coronabedingt zeitweilig aus der Ordnung geratenen Schulunterrichts. Gewisse Abstriche beim Bildungsniveau seien durchaus festzustellen, und mancher tue sich schwer mit einem strukturierten Arbeitstag. Dennoch: An der Motivation junger Menschen, einen Berufsweg erfolgreich zurückzulegen, fehlt es nach allgemeiner Einschätzung nicht - daran hat auch das leidige Virus nichts geändert.
Positives Fazit
Alles in allem könnten alle Beteiligten mit dem Verlauf dieser bisher größten der acht VierStädtedreieck-Ausbildungsmessen vollauf zufrieden sein können, urteilte Mitorganisator Thomas Weiß von der SPD Grafenwöhr abschließend: "Wir haben sehr viele positive Rückmeldungen erhalten." Mehr als 600 Besucher habe man gezählt, darunter 250 Jugendliche. Bernhard Stangl, Pressather Bürgermeister und Vorsitzender des von den SPD-Ortsvereinen in Eschenbach, Grafenwöhr, Kirchenthumbach und Pressath ins Leben gerufenen Ausbildungsmessen-Trägervereins, ließ wissen, dass für die 9. Ausbildungsmesse der 14. Oktober 2023 als Termin bereits feststehe.
Mit der Messe war eine Verlosung verbunden: Ein von Alexander Stümpfl (Grafenwöhr) gestiftetes Ticket für ein FC-Bayern-Spiel ging an Sebastian Stäudle (Parkstein). Zwei Angehörige der Grafenwöhrer Familie Jakimenko besuchen auf Einladung des SPD-Abgeordneten Ulrich Grötsch den Bundestag in Berlin, je zwei Mitglieder der Kirchenthumbacher Familie Hecht und der Pressather Familie Kirchberger auf Einladung der Abgeordneten Annette Karl den Landtag.
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