Sprache wandelt sich: Welcher Verlag würde heute noch wagen, ein Gebetbuch mit dem Untertitel „Zum besonderen Gebrauch des andächtigen Weiber-Geschlechts“ zu versehen? Das 231 Jahre alte Bet- und Belehrungsbuch „Himmelsschlüssel“ mit dem damals keineswegs anstößigen „W-Wort“, das schlicht eine verheiratete Frau bezeichnete, zählt zu den überraschenden „Schatzfunden“, auf die einige „Detektive“ des Pressather Heimatpflegebunds beim Ausräumen des „Koiser-Wastl“-Hauses am scharfen Eck von Bahnhof- und Bachstraße stießen. Eine Ausstellung im "Haus der Heimat" bietet bald Einblicke.
Bis ins 17. Jahrhundert lässt sich die Geschichte des ehemaligen Hauses Nummer 229 verfolgen, in dem noch bis vor wenigen Jahren Angehörige der Familie Haustein wohnten. „Das Haus lässt in seiner Bauweise erkennen, dass es einer wohlhabenderen Familie gehört hatte“, weiß Barbara Zankl, die zurzeit eine Ausstellung der Funde aus dem auch „Haustein-Wastl“ genannten Gebäude vorbereitet: „Immerhin besaß es eine direkt an die Hauswand angebaute Toilette. Die Bewohner mussten also kein abseitiges Klohäusl aufsuchen.“
Damit nicht genug: „Seit 1838 besaß zwar jedes Pressather Haus das Kommunbraurecht, aber nur wenige hatten auch ein Schankrecht. Das Koiser-Wastl-Haus war eines davon.“ Bierzapfutensilien, Pfandmarken, Bierseidel und eine Bierspindel zur Stammwürzemessung erinnern daran. Darüber hinaus fanden die Geschichtsfreunde in dem jetzt verwaisten Bau noch allerlei weitere Zeugen der Haus- und Familiengeschichte: so etwa ein rund 100 Jahre altes und perfekt erhaltenes Brautkleid oder Kriegsandenken wie das „Tornister-Wörterbuch Französisch“ und das auf „Heimatfront“-Lebensmittelmarken-Rationen zugeschnittene Rezept „Was backen wir zu Weihnachten mit 50 Gramm Zucker und einem Ei?“
„Sogar Alltägliches wie alte Kernseifestücke und Gebrauchsanweisungen hat sich erhalten“, staunt Barbara Zankl. Die reich bestückte Ausstellung über das „Koiser-Wastl“-Haus kann erstmals am Sonntag, 14. April, von 14 bis 16 Uhr im „Haus der Heimat“, Kemnather Straße 2, besichtigt werden.
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