Damit reihe sich der Ortsverein würdig in die Tradition der 1863 gegründeten deutschen Sozialdemokratie ein, die als „älteste demokratische Partei in Deutschland“ richtungsweisend gewirkt habe, erklärt Bürgermeister Werner Walberer weiter beim SPD-Ehrenabend im Gasthof Heining: „Vieles, was einst als Utopie angesehen wurde, ist heute selbstverständlicher Teil unserer politischen Kultur: Bildung für alle, gleiches und allgemeines Wahlrecht, Gleichstellung der Geschlechter, Sozialstaat. Doch unsere Vordenker haben dafür kämpfen und oft persönliche Nachteile erleiden müssen.“
Zu diesem „entschlossenen Kreis der Visionäre“, denen „eine bessere Gesellschaft“ Herzenssache gewesen sei, hätten auch die elf Männer gehört, die im Frühjahr 1919 im Gasthof Frühlingsgarten den Ortsverein ins Leben gerufen hätten. Wie überzeugend die Partei in Pressath offenbar gearbeitet habe, illustriere noch das Pressather Reichstagswahlergebnis vom 5. März 1933: „Mit dem zweitgrößten Stimmenanteil überflügelte die SPD hier die NSDAP um gut sechs Prozent.“
Am 23. März 1933 habe die SPD-Reichstagsfraktion als einzige gegen das „Ermächtigungsgesetz“ gestimmt, erinnerte Walberer: „Leider wird das oft vergessen.“ Diesen Akt des Widerstands gegen die von den Nationalsozialisten vorangetriebene Aushebelung der Weimarer Demokratie habe auch die Ortsgruppe in der Haidenaabstadt mit der Auflösung und der Internierung von vier Mitgliedern im Konzentrationslager Dachau bezahlen müssen. Als erste der demokratischen Nachkriegs-Parteiorganisationen in Pressath sei der SPD-Ortsverein am 8. November 1945 im Gasthof Hilpert wiedererstanden. Vier sozialdemokratische Bürgermeister hätten bisher über 43 Jahre hinweg Stadtpolitik gestaltet.
Das Vermächtnis aller Sozialdemokraten, die seit 1919 „tatkräftig an der Stadtgeschichte mitgeschrieben“ und der Partei „bei Freunden und Gegnern Ansehen erworben“ hätten, berge die Pflicht in sich, auch künftig „für Freiheit, Gerechtigkeit und Demokratie und für eine attraktive Stadt einzustehen“. Stellvertretend für alle aktiven Genossen der Nachkriegszeit erinnerte Walberer an die früheren Bürgermeister Alfred Oesterreicher, Hans Ficker und Konrad Merkl, an die früheren Ortsvorsitzenden Ernst Schlifka und Georg „Schorsch“ Hausner sowie an Stadtrat und Gewerbering-Initiator Richard Stangl.
Auch heute noch könne die Partei auf viele engagierte Mitglieder bauen, die „zu jeder Tages- und Nachtzeit, selbst bei Wind und Wetter, für unseren Ortsverein unterwegs sind“, um „die Verbindung zu den Bürgern zu halten“, lobte das Stadtoberhaupt. „Sie haben den Spaß am politischen Alltagsgeschäft nicht verloren und wissen, dass sich dieser Einsatz für die Lebensqualität in Pressath gelohnt hat und weiterhin lohnen wird.“
Politikverdrossenheit bekämpfen
„Wir leben in einer Zeit, in der viel von Politikverdrossenheit die Rede ist: Die Bürger, für die wir doch Politik machen, wenden sich von uns ab“, bedauerte Bürgermeister Werner Walberer beim Ehrenabend der Pressather SPD: „Hier gegenzusteuern, ist eine Aufgabe aller, die in allen demokratischen Parteien politische Verantwortung tragen – gerade auf der kommunalen Ebene, denn Kommunalpolitik ist das unerlässliche Fundament der Demokratie.“ Den Mitgliedern der SPD-Stadtratsfraktion, in der es keinen Fraktionszwang gebe, dankte Walberer für die „gute und gedeihliche Zusammenarbeit“ und er beglückwünschte nochmals Fraktionssprecher Franz Floth zu 32 Jahren Ratsmitgliedschaft und der Verleihung der kommunalen Verdienstmedaille.
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