Regensburg
28.02.2019 - 08:00 Uhr

Eine Boomstadt ohne Makel

Es brummt an der Donau. Ein analytischer Blick auf den Regensburger Arbeitsmarkt

Nicht verwunderlich: Der Akademikeranteil in Regensburg ist hoch. Die Nachfrage nach Fachkräften ist aber besonders auch im nicht-akademischen Bereich hoch. Grafik: NT/AZ
Nicht verwunderlich: Der Akademikeranteil in Regensburg ist hoch. Die Nachfrage nach Fachkräften ist aber besonders auch im nicht-akademischen Bereich hoch.

Wer in Deutschland eine Stadt mit einer besonders markanten Zunahme des Arbeitsplatzangebots sucht, stößt schnell auf Regensburg. Geht die Entwicklung so weiter, entfällt in einigen Jahren sogar auf jeden Einwohner ein Arbeitsplatz. Der seit bald zehn Jahren anhaltende Wirtschaftsboom hat zusammen mit vielen anderen Faktoren in der Stadt Regensburg zu einem außergewöhnlichen Beschäftigungswachstum geführt.

Einzelheiten sind den Statistiken der Bundesagentur für Arbeit und ihrer Online-Datenbasis Arbeitsmarktmonitor zu entnehmen: Seit Juni des Jahres 2009, also dem Endpunkt der letzten Wirtschaftskrise, bis Juni des vergangenen Jahres ist in Regensburg die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten um 30,1 Prozent auf 125100 gewachsen. Damit nimmt Regensburg zum Beispiel den Spitzenplatz im Arbeitsplatzwachstum aller Landkreise und kreisfreien Städte der Oberpfalz ein, deren Hauptstadt sie ist, und liegt dabei auch weit über dem bayrischen Durchschnitt von plus 24,3 Prozent.

Magnet Regensburg

Wie sehr Regensburg zum Beschäftigungszentrum für eine große Region geworden ist, zeigt das quantitative Verhältnis von sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen zur Einwohnerzahl. (Während etwa in den sonstigen größeren Städten der Oberpfalz, deren Bezirkshauptstadt Regensburg ist, wie Amberg oder Weiden auf hundert Einwohner zirka 66 Arbeitsplätze entfallen, sind dies in Regensburg derzeit rund 20 mehr.) Fast zwei Drittel der im Stadtgebiet Regensburg beschäftigten Arbeitnehmer pendeln ein, so dass der Arbeitsplatzstandort Regensburg stark in das Umland ausstrahlt.

Auffallend im Vergleich zu anderen Regionen ist, dass in Regensburg fast jeder zweite Arbeitnehmer in einem Betrieb mit mehr als 250 Beschäftigten arbeitet. Dabei ist die Stadt gleichzeitig Dienstleistungs- und auch Industriezentrum. Wachstumsträger im vergangenen Jahrzehnt war allerdings eindeutig der Dienstleistungssektor. Nur rund 5000 der zusätzlichen 29000 sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze entfallen auf das Verarbeitende Gewerbe, also Industrie und Handwerk – trotz der dazu gehörenden vielen bekannten Unternehmen. Die Beschäftigtenzahl im Baugewerbe stagniert sogar bei 2700 Arbeitnehmern.

Dagegen sind weitgehend alle größeren Branchen im Dienstleistungsbereich mit Raten teilweise weit über 10 Prozent gewachsen. Zum Beispiel hat sich die Beschäftigtenzahl im Bereich Heime und Sozialwesen auf jetzt 5000 annähernd verdoppelt. Sogar mehr als verdoppelt hat sich die Zahl der Arbeitskräfte in der Arbeitnehmerüberlassung, auf 8300. Auch der Öffentliche Dienst, einschließlich Sozialversicherung, der anderswo stagniert, nahm um 13 Prozent zu. Eine Ausnahme unter den größeren Gruppen bilden die Finanz- und Versicherungsdienstleistungen mit minus 11 Prozent auf 2600 Beschäftigte.

Auffallend auch, dass sich die Zunahme des Arbeitsplatzangebots gerade in den vergangenen drei Jahren nochmals verstärkt hat: Mehr als 40 Prozent des Gesamtwachstums seit 2009 entfällt auf diese Zeit. Ein positiver Wanderungssaldo, vor allem bei den 18- bis 24-jährigen, trug allerdings dazu bei, dass diese Arbeitsplätze besetzt werden konnten.

Viele Akademiker

Ganz besonders prägend für die Beschäftigung in Regensburg ist der hohe Anteil von Akademikern. Hier spiegelt sich unter anderem die Präsenz von Universität und Fachhochschule, Kliniken, Forschungs-, Verwaltungs-, und Unternehmenszentralen deutlich wider. Etwa jeder fünfte Arbeitsplatz wird von einem Akademiker besetzt: Die Akademikerquote wird mit 20,6 Prozent ausgewiesen, das entspricht absolut 25800 Beschäftigten. In der Umgebung der Stadt Regensburg liegt die Akademikerquote dagegen überwiegend bei unter 10 Prozent. Lediglich die Stadt Straubing kommt hier mit 10,3 Prozent etwas darüber.

Positiv wirkt sich das große Arbeitsplatzangebot der Einpendlerstadt Regensburg auf die Arbeitslosenquote im Umland aus: Alle benachbarten Regionen hatten im Dezember 2018 eine Arbeitslosenquote von unter 3 Prozent. Die Quote von 3,2 Prozent der Stadt Regensburg selbst unterschreitet dennoch, in den meisten Fällen sogar deutlich, den Vergleichswert fast aller großen bayrischen Städte.

 
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