„Auf die Plätze, streckt die Hände, Fäuste machen, Tschu tschu wa“: Die Kinder der Traktor-Gruppe haben sich gerade auf dem runden Teppich im Spielzimmer aufgestellt und tanzen zur Musik. Es ist Nachmittag in der Kindertagesstätte „Dreirad“ im Regensburger Stadtosten. Gleich gibt es Brotzeit, dann kommen Mama oder Papa zum Abholen. Die Eltern haben etwas gemeinsam: Sie alle arbeiten bei Continental in Regensburg.
Es war eine Elterninitiative, aus deren Engagement 2006 die Kindertagesstätte entstanden ist. Mitarbeiter des Automobilzulieferers mit Kindern wünschten sich eine Betreuungsmöglichkeit nahe am Arbeitsplatz. Sie gründeten einen Verein, der bis heute Träger der Kita ist. Eine Krippengruppe, eine Kindergartengruppe und eine gemischte Gruppe für Kinder von eineinhalb bis dreieinhalb Jahren bietet das Haus, insgesamt gibt es 60 Plätze.
Große Nachfrage
„Die Nachfrage nach den Plätzen ist groß“, erzählt Vereinsvorstand Marco Reich, dessen eigene zwei Kinder die Einrichtung besuchen. Er und seine Frau arbeiten beide bei Continental in Regensburg und wissen es zu schätzen, dass die Kinder gleich nebenan betreut werden. Früher arbeitete Reich bei Continental in Roding und musste am Feierabend mit dem Auto zu seinem Wohnort bei Regensburg hetzen, um seinen älteren Sohn abzuholen, der dort eine Kita besuchte. „Dass der Stress jetzt wegfällt, ist schon toll.“
Kita-Leiterin Bettina Bernard erzählt von den Besonderheiten der Einrichtung. Die Continental-Mitarbeiter kämen aus aller Welt. Fast die Hälfte der betreuten Kinder würde bilingual aufwachsen. Darauf werde in der Kita Rücksicht genommen. Wenn beide Elternteile eine andere Sprache sprechen, sei der Kindergarten umso wichtiger, um Deutsch zu lernen. Um die Arbeitszeiten der Eltern möglichst gut abzudecken, müsse nicht an jedem Tag die gleiche Stundenzahl gebucht werden. Von 7.30 Uhr bis 17.30 Uhr habe die Einrichtung geöffnet. Und wenn bei einem Elternteil kurzfristig ein wichtiges Arbeitstreffen ansteht, könne auch mal spontan eine Zusatzstunde gebucht werden.
Passend zum Automobilzulieferer Continental sind die Kita-Gruppen nach Fahrzeugen benannt: „Feuerwehr“, „Traktor“ und „Bagger“ heißen sie. Alle Spielräume sind bunt und fröhlich gestaltet, eine Turnhalle, Schlafräume, ein Esszimmer, ein großer Garten stehen zur Verfügung. Das Essen wird in der Einrichtung frisch zubereitet.
Die Einrichtung ist ausschließlich für Kinder von Conti-Mitarbeitern vorgesehen. Das habe damit zu tun, dass der Konzern den Trägerverein bezuschusst, erklärt Vereinsvorstand Reich. Das zusätzliche Geld fließe komplett in die Betreuung. „So haben wir den Luxus eines höheren Betreuungsschlüssels“, sagt Reich. Der Verein sei zudem nicht gewinnorientiert, es gehe allein um das Wohl der Kinder.
Gleich neben der Kita liegt eine weitere Einrichtung für Eltern: Ein Eltern-Kind-Büro, das Continental-Mitarbeiter wie ein Besprechungszimmer buchen können, wenn sie ihren Nachwuchs mal mit zur Arbeit nehmen müssen, etwa wenn unerwartet die Schule ausfällt. Das Zimmer ist durch eine Glaswand samt Tür zweigeteilt: Auf der einen Seite stehen zwei Arbeitsplätze bereit, auf der anderen bilden ein Spielteppich, eine Kuschelecke, Autos und andere Spielzeuge ein kleines Kinderparadies.
Kinderbetreuung
Kinderbetreuung ist ein Thema, das alle großen Regensburger Arbeitgeber umtreibt. „Ein extrem wichtiger Faktor für die Motivation und Zufriedenheit unserer Mitarbeiter ist die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, um die wir uns seit vielen Jahren intensiv bemühen“, sagt Thomas Ebenhöch, Standortleiter von Continental in Regensburg. Neben Kitaplätzen, einem Kinderferienprogramm und weiteren Angeboten würden Continental-Mitarbeiter vor allem von flexiblen Arbeitsbedingungen profitieren. Ein Fünftel der Belegschaft arbeite in Teilzeit. Mobiles Arbeiten außerhalb des Firmengeländes werde ebenso angeboten wie ein Sabbatical.
Auch im BMW-Werk in Regensburg hat die Vereinbarkeit von Familie und Beruf einen hohen Stellenwert, wie Unternehmenssprecher Eric Metzler erklärt. Zum einen gebe es viele Möglichkeiten, die Arbeitszeit flexibel zu gestalten. Zum anderen verfüge der Standort mit den BMW-Strolchen über eine eigene Einrichtung zur Kinderbetreuung auf dem Gelände. Knapp 50 Kinder werden dort aktuell in Krippe und Kindergarten betreut. Dabei soll es nicht bleiben. Im März beginnt die Bauphase für eine Erweiterung, sagt Metzler. „Ab Herbst wollen wir eine weitere Kindergartengruppe mit 25 Kindern anbieten.“ Die Kita sei vorrangig für BMW-Mitarbeiter. „Das Angebot wird so gut angenommen, dass die Plätze lange ausgebucht sind, bevor sie frei werden.“
Infineon hat in Regensburg keine eigene Kita, ist aber Kooperationspartner der Kinderinsel St. Markus, die sich gleich neben dem Betriebsgelände befindet und Krabbelstuben- und Kindergartenplätze anbietet. „Dieses Angebot wird sehr gut angenommen“, berichtet Unternehmenssprecherin Barbara Zierer. Um die Eltern in der Ferienzeit zu entlasten, gebe es eine betriebliche Ferienbetreuung. Im vergangenen Jahr hätten über 40 Mitarbeiterkinder im Alter von 3 bis 15 Jahren daran teilgenommen. Am schulfreien Buß- und Bettag finde seit 2014 der Ferientag „Spaß & Technik“ mit großem Erfolg statt. Nach einem bunten Programm könnten die Kinder ihre Eltern am Arbeitsplatz besuchen.
Als weiterer große Arbeitgeber in Regensburg bemüht sich die Universität samt Uniklinik um Familienfreundlichkeit. Elf Kindertagesstätten bieten allein um den Campus der Universität Regensburg herum 450 Plätze für Kinder des Personals und von Studierenden, sagt Uni-Sprecherin Christina Glaser. Knapp 100 Plätze gebe es in einer Kindertagesstätte auf dem Gelände der Uniklinik. Die Öffnungszeiten seien hier, angepasst an die Klinikmitarbeiter, besonders lang. Ein universitätseigener Familien-Service für Schulkinder biete an fast allen bayerischen Ferientagen ein abwechslungsreiches Programm am Campus an. „Da wird dann schon mal im Botanischen Garten oder in den naturwissenschaftlichen Laboren geforscht.“ Auch eine spontane „Notfall“-Kinderbetreuung biete die Uni an, die ein eigenes Familienbüro eingerichtet hat.
Zwei eigene Krippen und ein städtischer Kindergarten mit insgesamt knapp 100 Plätzen stehen für Mitarbeiter der Medizinischen Einrichtungen des Bezirks Oberpfalz (Medbo) in Regensburg zur Verfügung. Auch eine bezuschusste Ferien- und eine Notfallbetreuung werde angeboten, erklärt Medbo-Sprecherin Lissy Höller. Die Mitarbeiter, viele davon in Pflegeberufen, hätten einen großen Spielraum bei der Anpassung der Arbeitszeiten an die Kinderbetreuungszeiten. Auch längere Auszeiten seien möglich. Eine betriebsinterne Bedarfsermittlung habe ergeben, dass die „Medbo-Mütter“ heute früher aus der Elternzeit zurückkehren, im Schnitt nach einem Jahr.















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