Reichenau bei Waidhaus
23.10.2018 - 08:36 Uhr

Kirchenruine erhält neues Dach

Vor 1931 gingen die Reichenauer nicht nach Waidhaus in die Kirche, sondern lieber in das näher gelegene Neuhäusl in Böhmen. Mit der Weihe einer eigenen Kirche endete diese über Jahrhunderte gepflegte Tradition.

Wegen der Einsturzgefahr blieb die Kirchenruine in Neuhäusl zuletzt gesperrt. Nun laufen die Vorarbeiten für eine Neueindeckung des wuchtigen Kirchenschiffs. Bild: fjo
Wegen der Einsturzgefahr blieb die Kirchenruine in Neuhäusl zuletzt gesperrt. Nun laufen die Vorarbeiten für eine Neueindeckung des wuchtigen Kirchenschiffs.

Gerade noch rechtzeitig entschied sich die Bevölkerung damals für den Bau, denn bald sollte der Weg über die Grenze für lange Zeit unmöglich sein. Während sich in Reichenau immer mehr alles zum Besseren entwickelte, ging der Nachbarort durch leidvolle Jahrzehnte. Nach der Vertreibung der deutschstämmigen Bevölkerung wurden die meisten anwesen eingerissen. Die Kirche Mariä Heimsuchung mit Weihejahr 1836 wurde wie viele Gotteshäusern im Sudetenland geplündert und zerfiel zur Ruine.

1989 durchtrennten die damaligen Außenminister der beiden Nachbarstaaten Dienstbier und Genscher hier symbolisch den „Eisernen Vorhang“ mit einem Bolzenschneider. Die durchlässige Grenze verschaffte auch der Kirchenruine wieder mehr Aufmerksamkeit. Die jetzt verschönerte Umgebung des Gotteshauses ist ein Ergebnis fleißiger Arbeiten der Sommermonate. Beim Arbeitseinsatz im Grenzgebiet kamen viele Helfer zusammen: Schüler, Eritreer und die "Waidhauser Brigade". Mit Motorsäge und Spachteln ging es gegen Unrat in Gemäuern, an Gräbern und vor allem im Umfeld der Ruinen.

Der Reichenauer Johann Kaas hatte mit seinem bereits verstorbenen Freund Johann Schön den Friedhof schon regelmäßig gepflegt und in einem sehr guten Zustand durch die Zeiten gebracht. Die Schüler der 9. Klasse der Mittelschule Pleystein setzten noch eins drauf und traten mit ihrer Lehrerin Claudia Sörgel zum Dienst an. Sie säuberten den Friedhof von Unrat und Unkraut und reinigten mit Spachteln die alten Grabsteine von Moos und Flechten. Die jungen Leute waren mit Begeisterung und guter Laune am Werk und erfuhren nebenbei noch etwas über die Geschichte des Ortes.

Auch aus der Grenzgemeinde kamen Helfer: Neben Kaas gehörten der von Pfarrer Georg Hartl initierten „Waidhauser Brigade“ auch Josef Schmidt, Karl-Heinz Zintl, Johann Klug, Gerhard Wagner, Ludwig Grötsch, Heimatkundler Karl Ochantel und Kirchenpfleger Siegfried Zeug an. Außerdem halfen Nachkömmlinge ehemaliger Bewohner der verfallenen Orte mit. Darunter auch stellvertretende Ortsbetreuerin Emma Weber aus Lohma. Sogar ein junges Ehepaar aus Prag kam zur Hilfe.

Die Leitung der Arbeiten hatten Magistra Barbora Vetrovska und Jakob Ded. Die Organisation oblag der sudetendeutschen Heimatpflegerin Zuzana Finger aus Kirchseeon. Die vielen Helfer rodeten ein breites Umfeld der Kirche. Schmidt und Zintl leisteten mit Motorsäge viel. Das Innere des Gotteshauses blieb dennoch baufällig und kann noch nicht betreten werden, jedoch wurde der Sakristeianbau schon von Bewuchs befreit. Idee und große Unterstützung kamen vom kleinen tschechischen Verein „Omnium Z. S.“, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, verfallende Kirchen und Denkmäler zu retten. Noch größer ist die Freude nun in Reichenau und Waidhaus, nachdem in Neuhäusl in der vergangenen Woche die Reste des Kirchendachs abgedeckt wurde. Im nächsten Jahr soll laut "Omnium Z. S." ein Dach auf die Kirche. Und bisher hat der Verein seine Versprechen eingehalten.

 
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