Reichenau bei Waidhaus
24.04.2019 - 10:15 Uhr

Musikalisches Dorf verstummt langsam

Auf satte 70 Jahre bewegt sich der Gesangsverein „Grenzland 1951“ in Reichenau langsam zu. An ein Jubiläumsfest mag der Vorstand noch nicht denken. Der Grund liegt auf der Hand.

Beisitzer Hans Kaas, Vorsitzende Gertrud Winkler und Vorsitzender Ludwig Grötsch (von rechts) stehen dem Gesangsverein Reichenau weiter als Vorstandsmitglieder zur Verfügung. Thomas Grötsch (links) aus Frankenreuth ist nun Hauptkassier. Bild: fjo
Beisitzer Hans Kaas, Vorsitzende Gertrud Winkler und Vorsitzender Ludwig Grötsch (von rechts) stehen dem Gesangsverein Reichenau weiter als Vorstandsmitglieder zur Verfügung. Thomas Grötsch (links) aus Frankenreuth ist nun Hauptkassier.

Im Vereinslokal „Zur Eintracht“ trafen sich die Mitglieder am Sonntag bei zweiter Vorsitzender Gertrud Winkler zur Jahreshauptversammlung. Bei den Neuwahlen konnten sämtliche Posten wieder besetzt werden. Einzig die Zahl der Mitglieder hat mit 35 Personen einen neuen Tiefstand erreicht. Unter allen Waidhauser Vereinen trägt der Gesangsverein Reichenau damit nun die „rote Laterne“ und rangiert auf dem letzten Platz. Der harte Kern um Vorsitzenden Ludwig Grötsch hat aus diesem Grunde auch kein Interesse daran, sich bereits mit dem 2021 anstehenden Jubiläum zu beschäftigen.

Zuvor sagte Vorsitzender Grötsch noch verheißungsvoll: „Unser Gesangsverein wird heutzutage genauso wie unser Heimatdorf, der idyllische Waidhauser Ortsteil Reichenau, nur allzu gerne unterschätzt im Unwissen um die große Tradition.“ Um das bevorstehende Jubiläum zu verdeutlichen, hatte er eine kleine Chronik vorbereitet. Denn das musikalische Dorf konnte von Anfang an einige Gesangstalente aufweisen, wie etwa den „Wirt-Hans“, den „Wirt-Paul“, sowie dessen Schwager, den „Deisinger-Karl“, mit ihren Harmonikas und den „Stich-Förster“ mit seiner Zither.

Reichenau sei durch die Vertreibung der Sudetendeutschen mit neuen Einwohnern und Stimmen beschenkt worden. Auch die beiden Häuser von Zoll und Grenzpolizei brachten zehn Familien in das Dorf. So gingen in die Dorfschule damals oft bis zu 45 Kinder. Das Tanzen lernte die Jugend im „Mizi-Stodl“ nach den Klängen der Harmonikas.

Nach dem grausamen Krieg begann ein neuer Aufbruch der Vereine. Im März 1951 wurde dabei auch der Gesangsverein aus der Taufe gehoben. Gestartet wurde gleich mit 48 Mitgliedern. Lehrer Georg Magerl konnte als erster Dirigent gewonnen werden. Er spielte auch das Harmonium in der Ortskirche, und so wurde der neue Gesangsverein von Beginn auch zugleich der Kirchenchor „mit hervorragenden Stimmen in Opernsängerqualität“. Bei großen Festen verstärkten die Reichenauer sogar den Chor in Waidhaus. Dirigent Magerl war auch als Komponist tätig, wodurch oft an Festtagen die lateinische Messe nach seinen Kompositionen gesungen wurde. Aber auch im Theaterspielen war der Verein aktiv. So wurde mehrere Jahre ein Weihnachtsspiel in der Schule und im Saal der „Alten Post“ in Waidhaus aufgeführt und mit eigenen Kostümen und Kulissen bestritten. In den 1950er Jahren konnte der Verein einige Volltreffer mit Einaktern, Musik- und Faschingsbällen landen.

Leider verlor der Verein durch die Auflösung der Schule und durch den Wegzug der Polizei- und Zollbeamten viele Sänger. Im und um den Verein wurde es immer ruhiger. Nach fünf Jahren Amtszeit entschied sich der Vorstands zunächst einmal für Neuwahlen. Beide Vorsitzende statteten die Mitglieder bei der Wiederwahl mit einstimmigen Ergebnissen aus. Als Hauptkassier stellte sich Thomas Grötsch aus Frankenreuth zur Verfügung. Schriftführerin Carola Winkler-Grötsch konnte zum Weitermachen bewegt werden. Als Beisitzer vervollständigen Hans Kaas, Gerhard Wagner und Gisela Grötsch den Vorstand.

 
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