Rötz
17.04.2019 - 08:00 Uhr

In der Heimat nach den Sternen greifen

"Wutzschleifen"-Koch Gregor Hauer über das Weggehen, das Wiederkommen und das "Gespür für daheim".

von mvs
Jongliert nicht nur Töpfe meisterlich: Gregor Hauer, Chef-Koch und zugleich Geschäftsführer der "Wutzschleife" in Rötz, hat seinen Michelin-Stern erfolgreich verteidigt. Bild: mvs
Jongliert nicht nur Töpfe meisterlich: Gregor Hauer, Chef-Koch und zugleich Geschäftsführer der "Wutzschleife" in Rötz, hat seinen Michelin-Stern erfolgreich verteidigt.

Mit dem Realschulabschluss in der Tasche machte sich Gregor Hauer als 16-Jähriger von der Oberpfalz auf in die große, weite Welt: Die Lehre bei Alfons Schuhbeck in Waging am See brachte ihn via Bewerbung und auf Empfehlung in die Schweiz, nach Italien und Belgien in Zwei- und Drei-Sterne-Restaurants. Dort eignete er sich Know-How an, um es in den elterlichen Betrieb, die "Wutzschleife" in Rötz am Eixendorfer See, einzubringen. Das wurde mit einem Michelin-Stern belohnt. Speisen mit Stil...

Von Rötz nach Mailand

„Mein Bezug nach Hause war immer groß, auch als ich weit und noch weiter weg war. Ich bin nach der Arbeit in Mailand kurz nach Mitternacht los, um übers Wochenende daheim mitzuhelfen. Das waren einfach knapp 700 Kilometer. Als es der Mama mit dem Hotel und der Gastronomie zu viel wurde, blieb ich ganz und seit ihrem Tod vor einem Jahr bin ich allein verantwortlich“, beschreibt Gregor Hauer seine tiefe Verwurzelung in der Oberpfalz. Die Verantwortung, die er als Geschäftsführer und Chef-Koch für ein Vier-Sterne-Hotel und zwei Restaurants mit derzeit 35 Beschäftigten schultert, ist ihm bewusst. Rund um die Uhr. „Als Koch lernst du durchzuhalten: Ich hab mich gar nicht so oft geschnitten, wie man meinen mag. Dafür ging das viele Stehen auf die Beine, bis man abgehärtet ist. Du musst präsent sein, fleißig und dir deine Kraft so einteilen, dass du auch für Kreatives noch Luft hast. Denn für 08/15 gibt es keinen Stern“, schildert der rührige Allrounder ein großes Ziel, das er nicht nur einmal erreicht hat, sondern auch erfolgreich halten konnte.

Weg zum Erfolg

Wie gelang der Griff nach dem Michelin-Stern, der begehrten Auszeichnung für gehobene Gastronomie? „Wir haben lange hochwertig gekocht, uns redlich bemüht – und doch bekamen wir keinen Stern! Kam einfach nicht! Wir konnten es uns nicht erklären, unsere Qualität war herausragend“, erinnert sich Hauer an die Zeit vor dem ersten Stern. „Eines Tages aß ein Kritiker bei uns, der mir das bestätigt hatte. Und dann meinte er: Dass wir einen anderen Rahmen brauchen, einen separaten Raum mit eigenem Eingang beispielsweise, in dem wir servieren. Wir hatten bis dahin gedacht, unser Restaurant im Atrium, in dem echte Bäume unter einem Glasdach drei Etagen hoch wachsen und am Piano ein Musiker sein Bestes gibt, wäre das richtige Flair. Und es war ja auch schön.“

Der Hunger nach dem Stern war so groß, dass der damals knapp Dreißigjährige kurzentschlossen und resolut die Weichen stellte: Er entwickelte das separate „Gregor's Fine Dining“ genau nach Empfehlung des wohlmeinenden Kritikers, rührte mit seinem Team noch schwungvoller feine Saucen und erreichte schließlich das große Ziel, den ersten Stern. „Das war ein großartiger Moment. Mein damaliger Küchenchef Sebastian Andrée und ich haben dort oben mit einem Glas Sekt darauf angestoßen“, blickt Hauer zu einer Empore hoch. Offenbar ein guter Ort für große Gefühle: „Dort werden auch oft Heiratsanträge gemacht, erst letzte Woche wieder.“

Nach dem Stern ist vor dem Stern

„Für uns war der Stern eine große Bestätigung. Wir wollen ihn halten, mindestens, und sind stolz, dass uns das gelungen ist“, freut sich Hauer darüber, dass die Auszeichnung bestätigt wurde. Ein Blick in die Speisekarte zeigt, dass die Macher der Wutzschleife regionale Produkte kreativ interpretieren: „Wir planen nicht weit im Voraus, was wir kochen, sondern lassen uns überraschen, was es Gutes auf dem Großmarkt gibt. Hier zum Beispiel hat unser Einkäufer, der Hannes, sehr gute rote Beete bekommen, und wir haben dann gezaubert: natürlich hausgemachte Fagottini, gefüllt mit roter Beete und abgeflämmtem Ziegenkäse, das gibt einen ganz feinen Schmelz, dazu ein Püree aus Steckrüben und – ganz langsam reduziert – einen Sud aus der Beete. Das war für die Augen und den Gaumen ein echter Genuss“, blickt Hauer auf die Karte und zurück auf ein Gericht seines "Fine Dining". In der Spiegelstube nebenan gibt es ebenfalls ausgezeichnete Küche, viergängige Menüs zu bezahlbaren Preisen (inklusive der klassischen Speiseglocke, die beim Servieren gelüftet wird). „Mir ist wichtig, dass gutes Essen und ein schöner Abend nicht nur für große Geldbeutel erschwinglich sind“, erklärt Hauer, der Exotisches gesehen hat – zum Beispiel eine von weltweit drei existierenden Hummerpressen –, und dabei trotz allem das "Gespür für daheim" nicht verloren hat. „Ja, wir sind stolz auf das, was wir hier in der Oberpfalz zu bieten haben.“

Gehobene Küche für anspruchsvolle Heimkehrer gibt es auch in der Oberpfalz. Zum Beispiel in der "Wutzschleife" von Gregor Hauer, den es selbst in die Ferne gezogen hatte, bevor der wieder nach Rötz zurückkam. Bild: mvs
Gehobene Küche für anspruchsvolle Heimkehrer gibt es auch in der Oberpfalz. Zum Beispiel in der "Wutzschleife" von Gregor Hauer, den es selbst in die Ferne gezogen hatte, bevor der wieder nach Rötz zurückkam.
 
Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.

Klicken Sie hier für mehr Artikel zum Thema:
Zum Fortsetzen bitte

Sie sind bereits eingeloggt.

Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.