In der Nacht vom 13. auf den 14. März 2020 passierte es: Im Zuge der Pandemie-Bekämpfung riegelten die Regierungen in Berlin und Prag per Dekret vom 12. März die deutsch-tschechische Grenze in Bayern und Sachsen unter dem Begriff Corona-Lockdown hermetisch ab. Mitten in dieser Zeit suchte der an der Grenze zu Sachsen wohnende tschechische Germanist Jan Kvapil nach einen Ausweg für die Menschen, denen die plötzlich wieder geschlossene Grenze wie ein Trauma vorkam.
Im Centrum Bavaria Bohemia (CeBB) sprach er über die Initiative „Wir sind sousedé/My jsme Nachbarn“. Zusammen mit Stephan Messner wurde im April 2020 eine Facebook-Gruppe gegründet und Mitmacher für die Aktion „Samstage für die Nachbarschaft“ gesucht. Mit Erfolg: Bereits Mitte Mai hatte die Gruppe über 1000 Freunde.
Treffen an der Grenze
Die Idee dahinter: Durch den über Monate dauernden Corona-Lockdown nicht alles kappen zu lassen, was sich davor zwischenmenschlich zwischen sächsisch-bayerischer-tschechischer Seite entwickelt hatte. Die ersten Treffen fanden an fünf Orten an der grünen Grenze zwischen der Tschechischen Republik und Deutschland statt. Weitere waren in den folgenden Wochen an bis zu 18 Orten im Grenzbereich.
Auch Bürgermeister Václav Bernard aus Všeruby (Neumark), Nachbarort und Partnergemeinde von Eschlkam im Landkreis Cham, erinnerte sich an die Samstagstreffen: „Die Hälfte der Berufstätigen in meiner Gemeinde mit rund 800 Einwohnern arbeitet in Deutschland. Seit 1990 haben wir endlos viel verknüpft, für uns gab es – Bayern nur ein paar Schritte entfernt – die Grenze in unserem Bewusstsein nicht mehr.“ Er erzählte von den engen Freundschaftsbanden in den Landkreis Cham und von den bayerisch-tschechischen Familien, die daraus erwachsen seien. Dann sei von heute auf morgen im Corona-Lockdown alles dicht gewesen. Deshalb sei er bei der Aktion "Samstage für die Nachbarschaft" dabei gewesen.
Alte Pascherzeiten wieder lebendig
Lars Helbig kam aus Olbernhau im Erzgebirgskreis in Sachsen ins CeBB nach Schönsee. Er verriet, dass alte Pascherzeiten wieder wach wurden, als Bier und Schnapsflaschen, ja ganze Picknickkörbe über die grüne Grenzlinie geschoben wurden. Seine Verbindungen als Vorsitzender der 2018 gegründeten Interessengemeinschaft „Klub Deutsch-Tschechische Partnerschaft“ mit über 2000 Facebook-Followern führten letztendlich dazu, dass aus den Aktionssamstagen an vielen Orten entlang der Grenze ein Ausstellungsprojekt des Tschechischen Nationalmuseums in Verantwortung von Lenka Šaldová wurde.
Sie gehört zu den Verantwortlichen des Klubs und ist stellvertretende Abteilungsleiterin im Nationalmuseums. Ihr ist es gelungen, fast 1500 Fotos von diesen Treffen zu sammeln und in einer Ausstellung der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Sie ist bis 24. April im CeBB zu sehen und zeigt fotografisch dokumentierte persönliche Geschichten von Menschen, die unter der Schließung der Grenze im Lockdown schmerzlich litten.
Veranstaltungen im CeBB
- Ausstellung "Verblichen, aber nicht verschwunden" bis 11. März.
- Ausstellung „Grenze ist nur ein Wort" des Tschechischen Nationalmuseums in Prag bis 24. April.
- 145. Deutsch-Tschechischer Stammtisch am 9. März um 18 Uhr beim Lindauer Wirt.
- Vortrag "Die vergessene Grenze – Grenzgeschichte(n) vom Eisernen Vorhang Bayern-Böhmen" von Reinhold Balk am 24. März um 18 Uhr.
- Vortrag "Die Entstehung des Grünen Bands" von Professor Kai Frobel am 31. März um 18 Uhr.













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