Mutter Leonie, Tochter von Heinrich Mann und Nichte von Thomas Mann, brachte Jindřich 1948 zur Welt. Vater war der Poet und Widerstandkämpfer Ludvík Askenazy. Mit 20 Jahren, als 1968 die Panzer des Warschauer Pakts in Prag anrollten, emigrierte die Familie nach Deutschland. Für Jindřich hieß das Fuß fassen, Studium an der Filmhochschule, dann Filme für ARD und ZDF drehen. Prag ließ sich als Heimatstadt nicht auslöschen, deshalb nach der Samtenen Revolution 1989 Rückkehr nach Prag. Journalismus ist der Berufsweg, doch die Schriftsteller-Gene seiner Familie kommen zu Tage in seinen zwei Werken „poste restante (postlagernd)“ und „Eisbär“, die im Mittelpunkt der Lesung im CeBB stehen.
Moderator David Stecher baut seit 2012 als Direktor des Prager Literaturhauses mit großem Gespür Brücken zwischen Literatur und Gesellschaft in Tschechien. Einer, der diese Literatururbrücke ständig bereichert ist Jindřich Mann, der im Rahmen des Projekts Kultur ohne Grenzen mit finanzieller Unterstützung des Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds und des Landkreises Schwandorf Anfang Dezember im CeBB aus seinen beiden Büchern las.
Was Jindřich Mann so menschlich macht: Zwischen den Absätzen und Kapiteln plaudert er offen, aber auch hintergründig. In „poste restante (postlagernd)“ erzählt er von seiner Familie, seiner Kindheit, der Schulzeit und die begleitenden Ereignisse. Prägend sind die Erinnerungen an Prager Lebenswelten aus Kindheitstagen in den 50er Jahren. Viele Nachmittage Glasmurmel spielend verbringen. Etwas älter dann schon fein beobachten, wie sich alter Sitte gemäß Leute sogar im Park mit Titeln und Berufsbezeichnungen ansprechen oder wie das kommunistische Regime mit der Umbenennung von Straßen in Prag - aus der Franz-Josef wird über Nacht die Stalin-Straße - seine Verbrüderung mit Moskau ausdrückt.
Schicksalsverarbeitung oder sich die Seele vom Leib schreiben, könnten Zwischenüberschriften sein, wenn er ins Jahr 1939 springt und vom Leben seiner jüdischen Großmutter Marie Mann erzählt oder dann mehr als dreißig Jahre später seine Erfahrungen als Migrant schildert. Im zweiten Teil leitet Moderator David Stecher über zum 2017 erschienenen „Eisbär“. Zum Schluss noch ein Blick in „Der silberne Zauberer“. Das Buch mit zwei ergänzenden Monologen, die eine Busfahrt in Begleitung des Geheimdiensts beschreiben, wird Anfang 2023 erscheinen.
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