Schönsee
24.05.2021 - 16:05 Uhr

Fitnesskur für die Zeit nach der Pandemie: CSU-Parlamentarier im Live-Chat des CeBB Schönsee

Die Corona-Pandemie hat auch Kontakte zu den tschechischen Nachbarn gekappt. Jetzt ist ein Neustart in Sicht. Die Weichen dafür werden auch im Schönseer Centrum Bavaria Bohemia (CeBB) gestellt.

Auch der deutsch-tschechische Stammtisch ist ein Symbol für die Kontakte zum Nachbarland, die unter der Pandemie gelitten haben. Jetzt ist ein "Reißverschluss" in Planung, der die Länder neu verzahnen soll. Bild: eib
Auch der deutsch-tschechische Stammtisch ist ein Symbol für die Kontakte zum Nachbarland, die unter der Pandemie gelitten haben. Jetzt ist ein "Reißverschluss" in Planung, der die Länder neu verzahnen soll.

Mit einem Zwölf-Punkte-Plan plädieren die beiden jungen Oberpfälzer CSU-Parlamentarier Gerhard Hopp (Landtag) und Christian Doleschal (EU-Parlament) für einen Neustart der grenzüberschreitenden Beziehungen. Wo müssen die sechs bayerischen und tschechischen Nachbarregionen nach dem Zwischenstopp Pandemie ansetzen, um neuen Schwung in die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zu bringen? Was sind die politischen und gesellschaftlichen Schmiermittel, die verhindern, dass der grenzüberschreitende Reißverschluss hakt? Auf diese und weitere Fragen suchte eine Expertenrunde Antworten, die über das Centrum Bavaria Bohemia (CeBB) im Rahmen der Woche der Nachbarn bei einem Online-Diskussionsforum fast zwei Stunden intensiv diskutierte.

Hopp, CeBB-Leiterin Veronika Hofinger sowie Harald Ehm, Geschäftsführer der Euregio Egrensis aus Marktredwitz, Lenka Křížková von der Regionale Entwicklungsagentur Pilsen und Petr Osvald, Bevollmächtigter des Oberbürgermeisters der Stadt Pilsen für europäische Angelegenheiten suchten gemeinsam nach Antworten. Das Publikum konnte die Expertendiskussion über den Live-Chat verfolgen und sich auch einschalten. Gerhard Hopp sieht Bayern seit dem Ende des Eisernen Vorhangs „als Motor der grenzüberschreiten Zusammenarbeit.“ Freundschaften, Partnerschaften, Wirtschaftsbeziehungen, Pendler, Projekte und institutionelle Verbindungen seien durch die Pandemie jedoch auf eine harte Probe gestellt worden. Das Jahr zeigte, wie schnell Vorurteile und Misstrauen wieder nach oben gespült werden. „Der Hintergrund für unseren Aufruf ist, aus der Krise zu lernen und zum Neustart zu motivieren. Wir wollen die Menschen erreichen, denn freundschaftliches Miteinander muss gelebt werden, Politik kann nur den Rahmen vorgeben“, sagt Gerhard Hopp, der zusammen mit Christian Doleschal alle Akteure in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit mit ins Boot nehmen möchte.

„Es sollte uns eine Warnung für die Zukunft zu sein, wie schnell wir bereit waren, in der Pandemie die Grenzen von einem Tag auf den anderen zu schließen“ ergänzt Petr Osvald. Seine Überzeugung: "In unseren Grenzregionen gibt es profunde Studien und Entwicklungsgutachten, was fehlt, ist eine die politischen und gesellschaftlichen Ebenen verbindende gemeinsame Strategie.“ Ins gleiche Horn bläst Harald Ehm, als langjähriger Geschäftsführer der Euregio Egrensis einer der erfahrensten Akteure im grenzüberschreitenden Verbund: Erfolg könne sich nur einstellen durch gemeinsame Lösungen. Als Stichworte nennt er Bildung, Mobilität, Schule, Sprache, Strukturwandel, Natur-, Kultur- und Gesundheitstourismus. „Immerhin leben 37 Prozent der EU-Bürger in Grenzregionen, die sich mit den Euregiones im Verbund Gehör verschaffen.“ Die grenzüberschreitende regionale Vernetzung ist für Lenka Křížková das Stichwort für ihren Appell, die Zukunftsstrategie für die bayerisch-tschechische Zusammenarbeit nicht isoliert, sondern strategisch und unbedingt in einen gegenseitig befruchtenden Kontext zu stellen. „Trotz aller kritischen Bemerkungen sind wir gar nicht so schlecht in unserem gemeinsamen Grenzraum.“

Anschließend waren Diskussionsleiterin Veronika Hofinger und Online-Redakteur David Veres mit einer Reihe von Wortmeldungen konfrontiert, dank der Simultanübersetzung ohne Sprachschranke. Václav Vrbík warb für verbindliche Sprachangebote in den Schulen. Für Hopp ist dies auch ein Zeichen der Wertschätzung. Pablo Schindelmann, Geschäftsführer der Selb eGmbH berichtete von „bayerisch-tschechischen Freundschaftswochen", die 2023 in Selb geplant sind und wünschte sich eine Plattform, um gernzüberschreitende Themen zu bündeln, damit der "Reißverschluss" zwischen beiden Ländern gut funktioniert. Marian Mure, Leiterin des Kompetenzzentrums Bayern - Mittel- und Osteuropa (KOMO) an der OTH Amberg-Weiden, rückte Austauschprojekte in den Fokus. Alfred Wolf aus Bärnau war es besonders wichtig, junge Menschen zu erreichen und dezentrale Akteure einzubinden.

Für Hopp ist die Punktesammlung noch nicht abgeschlossen, und nicht jeder könne umgesetzt werden. „Wichtig ist Christian Doleschal und mir, dass die vorgeschlagene Position eines bayerisch-tschechischen Koordinators in der Staatskanzlei verankert wird.“ Die spannende und wichtige Frage werde sein, wie Prag auf die Vorschläge reagiert. Lenka Křížková kommentiert bedauernd: „Uns fehlt auf tschechischer Seite ein einflussreicher Haupttreiber.“ Der im Europa-Ausschuss des Landtags sitzende Abgeordnete verspricht, intensiv am Thema dran zu bleiben. Er ist Realist genug einzuräumen, dass vor den Bundestagswahlen im September in Deutschland und den Parlamentswahlen im Oktober in Tschechien keine Entscheidungen getroffen werden.

Schönsee14.05.2021
Virtuelles Studio im CeBB. Veronika Hofinger (links am Stehpult) eröffnet das Diskussionsforum, rechts Online-Redakteur David Veres am Schaltpult und auf der Leinwand die zugeschalteten Podiumsgäste. Bild: eib
Virtuelles Studio im CeBB. Veronika Hofinger (links am Stehpult) eröffnet das Diskussionsforum, rechts Online-Redakteur David Veres am Schaltpult und auf der Leinwand die zugeschalteten Podiumsgäste.
Hintergrund:

Zwölf-Punkte-Plan für das Herz Europas

  • Etablierung eines bayerisch-tschechischen Koordinators
  • mit Koordinator Zukunftsthemen im Bereich Sicherheit, Gesundheit, Verkehr, Arbeit, Bildung oder Wirtschaft anpacken
  • bayerisch-tschechische Parlamentariergruppe stärken
  • länderübergreifende Info-Plattform schaffen
  • Sprachoffensive mit Tschechisch im Lehrplan
  • praktikable Lösungen für grenzüberschreitende Katastrophen- und Krisenbewältigung
  • Aus- und Weiterbildungszentrum als Entlastung für Arbeitnehmer und -geber.
  • attraktive Brückenköpfe im Grenzgürtel mit finanziellen Mitteln
  • Verkehrsoffensive Bayern-Tschechien von Rad bis Bahn
  • bayerisch-tschechischen Hochschulagentur weiterentwickeln
  • Klimapartnerschaft mit Vorbildfunktion
  • Mehr Mittel für Deutsch-tschechischen Zukunftsfond und damit für Begegnungsoffensive
 
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