Schönsee
16.09.2019 - 12:54 Uhr

Ein Freiherr war der Namensgeber

Ob auf dem Wanderweg “BB1” oder “BB2” – beide Routen, ein Mal von Bügellohe, das andere Mal von Plöß her kommend, führen durch das Gebiet des ehemaligen westböhmischen Ortes Wenzelsdorf (Vaclav).

Ein Gedenkstein erinnert an den ehemaligen Ort Wenzelsdorf und dem Weiler Rappauf. Um dessen Erscheinungsbild kümmert sich Wenzel Licha aus Schönsee. Bild: mmj
Ein Gedenkstein erinnert an den ehemaligen Ort Wenzelsdorf und dem Weiler Rappauf. Um dessen Erscheinungsbild kümmert sich Wenzel Licha aus Schönsee.

Dem Freiherr Wenzel Kotz von Dobrz auf Heiligenkreuz verdankt der im Jahr 1780 gegründete Ort seinen Namen. "Ja, Wenzelsdorf war mit Leben erfüllt", erzählt der dort gebürtige und in Schönsee wohnende Wenzel Licha.

Die Einwohnerzahlen erwähnt auch Sieglinde Kroupa als Autorin des Kapitels "Chronik von Wenzelsdorf" im Heimatbuch der Gemeinde Plöß, zu der das Dorf wie ebenso die Weiler Rappauf und Straßhütte gehörten. 1839 waren 28 Häuser mit 321 Einwohner registriert, um 1945 bewohnten 624 Personen 46 Anwesen in Wenzelsdorf, 17 in Rappauf und eines in Straßhütte. Es gab, angeschlossen an die Volksschule in Plöß, eine zweiklassige Schule, ferner eine dem heiligen Johannes von Nepomuk geweihte Kapelle und ein Forsthaus. Sogar von drei Wirtshäusern wird in den Analen berichtet wie auch von, unter anderem, je einem Gemischtwaren- und Lebensmittelgeschäft oder Bäcker und Fleischer.

Karges Leben

Den Lebensunterhalt bestritten die Bewohner "am Huaf", wie Wenzelsdorf im Volksmund genannt wurde, überwiegend aus der Land- und Forstwirtschaft. Aber auch handwerkliche Arbeit trug zum Einkommen bei. Die Männer beschäftigten sich vor allem mit dem Korb- und Rechenmachen oder mit der Fertigung von Holzschuhen. Nicht nur mit Spitzenklöppeln brachten die Frauen ihr Scherflein zur Haushaltskasse bei. Arbeit boten für sie in den Sommermonaten die zum Forsthaus gehörende Baumschule oder die Waldungen des Freiherrn von Kotz.

Für die großen Familien war es in diesem Landstrich oft ein karges und entbehrungsreiches Leben. Eine Abwechslung vom Alltag gab es in der Faschingszeit, der Sieglinde Kroupa viele Zeilen zur Geschichte des Ortes widmete. Sie erinnert darin, dass sich an Lichtmess mit Beginn des Faschings junge Burschen verkleideten, Mädchen in den "Rockerstuben" (Hutschastuben) besuchten und so manchen Schabernack ausführten. Richtig los ging das närrische Treiben dann ab dem Faschingsdonnerstag, das sich bis Faschingsdienstag mit Musik, Tanz, Humor und Spott hinzog. Abschließend erwähnt die Autorin, dass "die dargestellte Schilderung nur vom Hörensagen von Mitbewohnern stammen".

Sie schreibt weiter: "Von meiner Jugendzeit in Wenzelsdorf kann ich nur erzählen, wie wir in unserer Neugier versucht haben, durch die Fenster zu schauen, um den ganzen Verlauf des Fosnachttreibens zu verfolgen. Wir mussten aber immer darauf achten, dass uns der strenge Herr Lehrer nicht erwischte". Hochgehalten wurden im Dorf die Bräuche um die Osterzeit, genauso wie der "kleine Johannistag", das Fest des Heiligen Johann von Nepomuk. Dann kam von Plöß her eine Prozession, die mit Glockengeläut empfangen wurde.

Versöhnungskreuz

Besonders stolz sind die noch lebenden Bewohner von Wenzelsdorf auf die im Mai 1928 geweihte Fahne ihrer Feuerwehr, die bei der Vertreibung mit nach Bayern gerettet werden konnte. Dieses zu den Exponaten des Heimatkreises Bischofteinitz zählende Stück, ist im Heimatmuseum in Furth im Wald aufbewahrt. Die Fahne wurde im August 2008, als ein Gedenksteins in Erinnerung an den nach 1946 ausgelöschten Ort aufgestellt wurde, bei dessen Weihe mit positioniert. Um die Sauberkeit dieser Anlage, an der Gabelung von Plöß oder Bügellohe her kommend und weiter nach Rybnik führend, kümmert sich Wenzel Licha.

Er fährt regelmäßig mit seiner Frau in seinen Geburtsort und schaut "ob alles passt". Ein weiteres "Versöhnungskreuz", gestiftet von einer ehemaligen Bewohnerin, ist inzwischen ebenfalls auf dem Areal des nicht mehr existierenden Dorfes aufgestellt. Lediglich ein Haus blieb von der Zerstörung und Brandschatzung verschont. Und auch an diesem, wie an den Gebäuden der nach dem Krieg erbauten Kaserne und über diesem Gelände, nagt jetzt die Natur.

Wenzel Licha zeigt auf das Gelände der ehemaligen Kaserne. Im Alter von elf Jahren musste er sein Heimatdorf verlassen. Bild: mmj
Wenzel Licha zeigt auf das Gelände der ehemaligen Kaserne. Im Alter von elf Jahren musste er sein Heimatdorf verlassen.
Das neue "Versöhnungskreuz" wurde von einer ehemaligen Bewohnerin gestiftet. Bild: mmj
Das neue "Versöhnungskreuz" wurde von einer ehemaligen Bewohnerin gestiftet.
Frühere Bewohner des Ortes und zahlreiche Ehrengäste waren bei der Weihe des Dorfkreuzes im August 2008 dabei. Bild: mmj
Frühere Bewohner des Ortes und zahlreiche Ehrengäste waren bei der Weihe des Dorfkreuzes im August 2008 dabei.
Nach und nach holt sich die Natur ihr Terrain zurück. Bild: mmj
Nach und nach holt sich die Natur ihr Terrain zurück.
Das Dorfkreuz wurde im August 2008 von Pfarrer Karl Wohlgut geweiht, rechts Ortsbetreuer Gottfried Leibl. Bild: mmj
Das Dorfkreuz wurde im August 2008 von Pfarrer Karl Wohlgut geweiht, rechts Ortsbetreuer Gottfried Leibl.
 
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