Schönsee
20.03.2022 - 11:30 Uhr

Auch für Klöppelschätze bricht das digitale Zeitalter an

Die Schätze aus dem Nachlass der staatlichen Klöppelschulen sollen nicht mehr einer Wunderkiste gleichen: Intensiv wird an der digitalen Erfassung des wertvollen Fundus in einem grenzüberschreitenden Projekt gearbeitet.

Den Ruhm, es unter dem Begriff „Spitzenklöppeln im Oberpfälzer Wald“ 2016 ins bayerische und 2017 ins bundesweite Unesco-Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes geschafft zu haben, verstehen die Verwaltungsgemeinschaft Schönsee und die Gemeinde Tiefenbach als Verpflichtung, das Erbe zu bewahren und für die Zukunft zu sichern. Das heißt in der Sprache des 21. Jahrhunderts „Digitalisierung“. Die Herausforderung ist, diese Anfang des 20. Jahrhunderts in der Oberpfalz angesiedelte seltene Handwerkskunst für junge Menschen interessant und erlebbar zu machen. Dabei helfen besonders das derzeit laufende EU-Projekt und das in Bayern einmalige Lehrangebot an der Schönseer Grundschule, die Kunst des Spitzenklöppelns für die Jahrgangsstufen 1 bis 3 auf freiwilliger Basis zu unterrichten. 35 Kinder sind in diesem Schuljahr mit Begeisterung dabei, fachlich betreut von Frieda Roith vom Klöppelkreis.

Lückenlose Erfassung

Epin heißt ein tschechisches Dienstleistungsunternehmen, das für die Umsetzung des grenzüberschreitenden Euregio-Projekts „Klöppelhandwerk in Zeiten von Digitalisierung für Schüler erlebbar machen“ verantwortlich ist. Höchste Priorität für Epin-Geschäftsführerin Mirka Vacková hat die lückenlose Erfassung. „Dies betrifft jedes einzelne Stück aus dem wertvollen Fundus, als Sicherheitsmaßnahme werden die Übernahmelisten von mir abgestempelt und unterschrieben.“

Weiter berichtet sie, dass eine in Tschechien entwickelte Spezialsoftware für die Klöppelspitzen- und Klöppelbrief-Archivierung genützt wird und dass das von der Verwaltungsgemeinschaft Schönsee getragene Projekt coronabedingt statt im Januar erst im September 2021 beginnen konnte. Dies führte zu einer Verlängerung der Projektlaufzeit bis Ende September 2022. Um den Terminplan einzuhalten, wird mit Hochdruck parallel gearbeitet.

Ein kurzer Blick zurück: Für die Erfassung des Nachlasses aus den drei ehemaligen staatlichen Klöppelschulen Schönsee, Stadlern und Tiefenbach gab es schon mehrere Anläufe. Die erste Sicherung ging zurück auf die 1980er Jahre unter intensiver Mitwirkung des Deutschen Klöppelverbands. Der damaligen Vorsitzenden Marianne Stang war es zu verdanken, dass 1989 Schönsee zum Tagungsort des 7. Spitzenklöppelkongresses mit dem Titel „Suse Bernuth“ auserkoren wurde. Hinter diesem Namen verbirgt sich eine Designerin, die in den 1950er Jahren an der Klöppelschule in Schönsee wirkte und mit ihren Entwürfen einen ganz neuen Blick auf dieses Kunsthandwerk auslöste. Dr. Bärbel Kleindorfer-Marx, Kulturreferentin im Landkreis Cham, hat sehr viel dafür getan, dass Schönsee, Stadlern und Tiefenbach mit dem gemeinsamen Klöppelkreis, über die Landkreisgrenze Schwandorf/Cham hinweg, immer als Einheit im Oberpfälzer Wald in Erscheinung getreten sind. Dies war auch ein ständiges Anliegen der verantwortlichen Bürgermeister der drei Gemeinden.

Zweisprachige Lernblätter

Das aktuelle, von der EU geförderte, Projekt mit dem Titel „Klöppelhandwerk in Zeiten von Digitalisierung für Schüler erlebbar machen“ hat mehrere Schwerpunkte. Erstens: Digitalisierung und Archivierung der Klöppelbriefe, Spitzen und Entwürfe: Schätze, die seit geraumer Zeit ungeordnet in Kartons in der ehemaligen Hauptschule in Schönsee lagerten. Von jedem Stück wird nach der Übernahme ein Bild gemacht. Maria Hanauer archiviert und digitalisiert die Klöppelbriefe, Spitzen und Entwürfe in einem Raum der ehemaligen Hauptschule und Frieda Roith liefert vom Homeoffice aus für jedes in die digitale Erfassung wandernde Teil den beschreibenden Text. Jedes Teil erhält einen ausgedruckten, auf eine Etikette geklebten Strichcode, der an das Stück angehängt wird. Davon wird wieder ein Bild gemacht und der digital erfasste Gegenstand kommt zurück in den entsprechenden Karton. Alle Bilder werden jedem Eintrag zugeordnet.

Zweitens geht es um Lernblätter, die auf die häufigsten Fehler beim Klöppeln-Lernen eingehen: Die zweisprachigen Lernblätter knüpfen an das noch laufende Projekt der Stadt Sedlice an (Euregio Bayeischer Wald/Sumava) „Wenn scho´ Klöppeln lernen, dann g´scheid!“ Projektpartner sind die südböhmische Stadt Sedlice (Landkreis Strakonice) und die Gemeinde Tiefenbach (Landkreis Cham). Im Projekt werden Lernblätter für Kinder und Erwachsene (Anfänger und Fortgeschrittene) erstellt. 80 Lernblätter sind ein kompletter Satz.

Die Pandemie hat aber alles auf den Kopf gestellt. Außer der Präsentation des von den Kindern geklöppelten Märchenbaumes im September 2021 in Schönsee waren keine weitere Begegnungen mit den Schülerinnen in der Partnerstadt Poběžovice mehr möglich. Momentan wird ein gemeinsamer Termin für den September 2022 geplant. Zur Vorbereitung findet demnächst eine Besprechung mit der Partnerstadt des Schönseer Landes statt.

Hintergrund:

Klöppeltage Schönsee 2022

  • Anlass: Verbesserung der Außenwahrnehmung
  • Termin: Ende September 2022
  • Teilnehmer: Unter anderem der einheimische Designer und Fotograf Stefan Sperl aus Weberhäuser, der die Bandbreite der Klöppelkunst im Oberpfälzer Wald in vier thematischen Videosequenzen anschaulich macht.
 
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