Schönsee
11.10.2018 - 10:58 Uhr

Schlüsseljahre einer Republik

Das Gründungsjahr der ersten Republik 1918 und der Prager Frühling 1968 - markante Wendepunkt der tschechischen Geschichte rücken im Centrum Bavaria Bohemia in den Fokus. Auch in der Oberpfalz wirken sich diese Ereignisse aus.

CeBB-Leiterin Veronika Hofinger scrollt sich am Touch-Screen Monitor durch die Seiten der Ausstellung „1918 - 1968“. Rechts der Direktor des Tschechischen Zentrums München, Jiří Rosenkranz und links Rainer Christoph Bild: eib
CeBB-Leiterin Veronika Hofinger scrollt sich am Touch-Screen Monitor durch die Seiten der Ausstellung „1918 - 1968“. Rechts der Direktor des Tschechischen Zentrums München, Jiří Rosenkranz und links Rainer Christoph

Für das Jahresthema "Von der Paneuropa-Idee ins gemeinsame Europäische Haus. Begegnungsveranstaltungen im Jubiläumsjahr 2018" hat CeBB-Leiterin Veronika Hofinger die Euregio Egrensis als Förderpartner gewonnen. Die seit September im CeBB laufenden parallelen Fotoausstellungen "Das Jahr 1918 in Prag in historischen Fotografien", "Pilsen im August 1968" und "Durch das Objektiv der Geheimpolizei" werden nun von einer digitalen Präsentation des Tschechischen Zentrums München über die Jahre 1918 und 1968 ergänzt. Direktor Jirí Rosenkranz setzte diese mit einer Berührung der Bildschirme in Gang.

Ende im Desaster

In seinen einführenden Worten bezeichnete er die 50 Jahre auseinander liegenden Ereignisse als Schlüsseljahre für das heutige Tschechien. Schon das ganze Jahr über wird im Nachbarland in vielen Veranstaltungen an die historischen Zusammenhänge und an die Protagonisten der Staatsgründung von 1918 und des Prager Frühlings von 1968 erinnert. Letzteres Ereignis habe für die Bürger des Nachbarlands eine Phase der Hoffnung ausgelöst. Mit der Niederschlagung des Aufbruchs durch sowjetische Panzer habe der in Gang gesetzte Auflockerungsprozess im Desaster geendet. 21 Jahre später stellte die Samtene Revolution von 1989 die Weichen in Richtung Demokratie und Europa.

Zu diesem Themenbereich aus 100 Jahren Zeitgeschichte referierte im CeBB Rainer Christoph, den Veronika Hofinger als unermüdlichen Initiator von grenzüberschreitenden Projekten willkommen hieß. Früher als Lehrer und Schulleiter, jetzt als pensionierter Rektor, gehört er zu den treibenden Kräften der Zusammenarbeit zwischen beiden Nachbarländern. Der Träger des CeBB-Brückenbauerpreises unterstützt die Einrichtung seit dem Start 2006 als Mitglied des Trägervereins. Es entstanden viele gemeinsame Projekte, insbesondere im Kontext mit der Goldenen Straße, Karl IV. und Pilsen, Kulturhauptstadt Europas 2015. Für den Kenner der bayerisch-böhmischen Geschichte war das Jubiläum "100 Jahre erste Tschechische Republik" Anlass, sich mit 1918 als Jahr der Staatsgründung und der Zeit vor und nachher zu befassen und die staatliche Neuordnung nach dem Ende der Donaumonarchie in einen Vortrag nachzuzeichnen.

"Zwischen unseren Nachbarländern gab es signifikante Verquickungen, vieles in der böhmischen Geschichte hatte seine spiegelbildlichen Auswirkungen in der Oberpfalz" meinte Rainer Christoph mit Blick auf die Jahrhunderte vom Mittelalter bis zu Neuzeit. Mit dem Ende des Ersten Weltkriegs waren die bayerische, die preußische und die Habsburger Monarchie Österreich-Ungarn am Ende. Bewegungen aus dem Volk proklamierten als neue Staatsform die Republik.

"Die Welt erhebt sich"

Das Kriegsende am 28. Oktober 1918 gilt als Gründungstag der Tschechoslowakischen Republik, geführt vom Philosphieprofessor Tomás Garrigue Masaryk. "Die Welt erhebt sich" titelte am 29. Oktober 1918 das Prager Tagblatt. Nur ein paar Tage später rief am 8. November Kurt Eiser nach dem Sturz des letzten bayerischen Königs Ludwig III. in München den Freistaat Bayern aus. Die Tschechoslowakische Republik führte T.G. Masaryk als Staatspräsident bis 1935, dreimal (1920, 1927 und 1934) wurde er wiedergewählt. Neben den Tschechen mit 51,5 Prozent und den Deutschen mit 23,4 Prozent waren die Slowaken mit 14 Prozent die größten Volksgruppen. Als Verfechter eines liberalen und demokratischen Humanismus vertrat er zwar eine gemäßigte Richtung, habe aber die "Scharfmacher" in der tschechischen Fünf-Parteien-Regierung nicht zu einem Ausgleich mit den großen Minderheiten bewegen. Ihnen mehr Autonomierechte einzuräumen, wäre der Schlüssel für eine konfliktärmere Politik gewesen.

Die nächste Veranstaltung in der Reihe ist der "bb-talk" am Mittwoch, 24. Oktober. Um 18 Uhr diskutieren im CeBB zwei deutsche und zwei tschechische Gäste zum Thema "1968: Eine Generation, zwei Welten" über ihre Erlebnisse in dieser aufgewühlten Zeit.

 
Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.

Zum Fortsetzen bitte

Sie sind bereits eingeloggt.

Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.