Von Schmuggel, Liebe und Vertreibung: Berührende Grenzgeschichte am Eulenberg

Schönsee
07.08.2022 - 14:10 Uhr

Es ist der Mix aus dramatischer Historie und Liebesgeschichte, der die Zuschauer beim Pascherspiel am Eulenberg bei Schönsee fasziniert. Die authentischen Orte sorgen für eine besondere Betroffenheit.

Franz Langmeister hackt trockene Fichtenäste. Er hat an seinem abgeschiedenen Bauernhof unmittelbar an der Grenze zu Tschechien alle Zeit der Welt und der Zuschauer versinkt einen Moment in dieser beschaulichen Waldeinsamkeit, wenn nicht vom Dorf her ein quirliges junges Paar im verhaltenen Diskurs die Szene betreten würde. So beginnt „Pascher – Die Nacht der langen Schatten“, das am Freitag seine Premiere hatte und am Samstag eine zweite Aufführung erlebte.

Ludwig Zwick spielt authentisch den alten Eigenbrötler Franz Langmeister, der mit „denen da unten im Dorf“ nichts zu tun haben will. Sein ebenso hervorragend umgesetzter dynamischer Gegenpart sind das tschechische Mädchen Lucie (Tereza Dubnickova) und ihr deutscher Freund Mike (Franz Dietl), die den in sich gekehrten Alten in Sachen Familiengeschichte befragen wollen, was aber erst nach mühevollem Einsatz gelingt.

Dramatische Verhaftung

Der Handlungsplot des gesamten Stücks entwickelt sich in Rückblenden, in denen nicht nur der Schmuggel an der Grenze zu Beginn des 20. Jahrhunderts in dramatischen Auswüchsen aufgerollt wird, sondern auch die Liebesgeschichte zwischen Adam (Herbert Spichtinger) von diesseits der Grenze und der Tschechin Wanka (Magdalena Höcherl), die als Baldowerin den Schmuggel im größeren Stil entwickelt. Als im Grenzbauernhof geschmuggeltes Vieh einquartiert wird, um es auf den Viehmarkt in Oberviechtach zu verkaufen, fliegt dieser Coup durch Verrat auf. Die dramatische Verhaftungsaktion der Zöllner gestaltet sich auch als Lossagung aller von Wanka, die im Zuchthaus ihren Sohn zu Welt bringt. Das ist kein anderer als Franz Langmeister, der ein Leben lang unter dieser biografischen Konstellation leidet. Und auch Lucie bekommt eine Antwort auf ihre Familienforschung. Wanka war ihre Urgroßmutter, Langmeister hat die Ähnlichkeit von Anfang an erkannt.

„Aus jedem Loch hat d´Not aussazahnt“, erzählt Franz Langmeister, wenn er auf „das Schwirzn über d´Sautreibergass“ zu sprechen kommt. Noch aufwühlender ist aber für ihn und auch für manchen Zuschauer das Niederbrennen von Wenzelsdorf. Die daraus vertriebenen „Deutschböhmen“ hatten gehofft, nach einer Zwischenstation in Bügellohe wieder in ihren Heimatort zurückkehren zu können. „Es ist ein Stück, das unter die Haut geht, aber auch mit Humor gewürzt ist“, kündigt Spielleiterin Birgit Höcherl bei der Begrüßung der Zuschauer an. Ihr besonderer Gruß gilt auch zahlreichen Ehrengästen, unter ihnen die Bundestagsabgeordneten Marianne Schieder und Martina Englhardt-Kopf sowie Landtagsabgeordneter Alexander Flierl.

Viele Kurzentschlossene

Sie freuen sich auch über die hervorragende Bewirtung, die der Pascherverein unter den schmissigen Klängen der Paschermusik am Bergweberhaus anbietet. Schmalzgebäck und deftige Pascherwurst dürfen da nicht fehlen.

Das Spiel auf der Naturbühne ist nach wie vor ein Besuchermagnet am Eulenberg. Bei den beiden nahezu ausverkauften Aufführungen gab es viele kurzentschlossene Zuschauer, wie der Kartenabsatz an der Abendkasse deutlich machte. "Das machte es für die Planungen des Bewirtungsteams nicht leichter", resümiert die Spielleiterin, die den Zusammenhalt im Pascherverein ganz hoch ansetzt.

Hintergrund:

Von der Idee zum Besuchermagnet

  • 2000: Idee von Birgit Höcherl zu einem Stück über das „Paschen“ (Schmuggel) mit den historischen Begleiterscheinungen
  • 2003: Kontaktaufnahme zu Martin Winklbauer, dem späteren Autor und Regisseur
  • 2005: Gründung der „Arbeitsgemeinschaft Pascherspiel“ mit Sprecherin Birgit Höcherl
  • 2005: Erstmals „Advent im Wald“ zur Mitfinanzierung des geplanten Stücks
  • 2007: Februar Übergabe des Textbuchs „Pascher - Die Nacht der langen Schatten“ von Martin Winklbauer, erfolgreiche Premiere im August
  • 2008: Von da an Entwicklung des Stücks zum Besuchermagnet am Eulenberg
  • 2010: Offizielle Gründung des „Paschervereins Schönseer Land e.V.“ mit heute 176 Mitgliedern (lg)
 

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