Die Zeitreise „Fingierte Grenzen – Auf den Spuren der Aktion ‚Kámen‘“ wird es ab Juni an vier verschiedenen Grenz-Standorten geben – als zweisprachiges Theatererlebnis für Deutsche und Tschechen, gespielt von etlichen Akteuren aus beiden Ländern. Am vergangenen Samstag gab es den Auftakt-Workshop für das Schauspiel-Ensemble im Centrum Bavaria Bohemia in Schönsee.
Die Ovigos versammelten insgesamt 50 Akteure, die an den Standorten Bärnau/Pavlova Hut‘, Waldsassen/Cheb, Selb-Wildenau/Aš und Stadlern/Bělá nad Radbuzou die schier unfassbare Geschichte der Aktion „Kámen“ mit Leben füllen werden. Worum geht es in dieser „Zeitreise“, also der geführten Schauspiel-Wanderung, die die Autorin und Historikerin Václava Jandečková für das Ovigo- Theater geschrieben hat?
Durchdachte Fallen
In den Jahren 1948 bis 1951 errichtete die tschechoslowakische Geheimpolizei an mehreren Stellen im westlichen Grenzland eine fingierte Staatsgrenze mit falschen deutschen Zollämtern und Amtsräumen der amerikanischen Spionageabwehr. Dabei handelte es sich um sorgfältig durchdachte Fallen, die im richtigen Moment zuschnappen sollten. Flüchtlinge wähnten sich bei bereits im sicheren und freien Westen, ohne zu wissen, dass die Grenze, die sie übertreten sollten, nicht echt war. Alles reiner Betrug, der Leben zerstörte. Unzählige Menschen fielen dieser Aktion ‚Kámen‘ zum Opfer.
Autorin Jandečková führte die Schauspieler in Schönsee behutsam in die Rollen ein, die sie später verkörpern werden. „Alle Figuren hat es wirklich gegeben. Es handelt sich um echte Opfer, echte Geschichte“, so Florian Wein, Regisseur des Projekts. Anschließend versuchten sich die Darsteller selbst an den Szenen.
Im Anschluss wurden die Darsteller vom ehemaligen Grenzpolizisten Hermann Wallisch an die Grenze bei Schönsee-Friedrichshäng geführt, wo das Ensemble tief in die Zeit des Kalten Krieges und der „scharfen Grenze“ eintauchte. Für den Abend organisierte das Ovigo-Theater eine Podiumsdiskussion, an der neben Jandečková, Wein und Wallisch auch Günther Borutta (ebenfalls ehemaliger deutscher Grenzpolizist), der freie Journalist Karl Reitmeier aus Furth im Wald und der frühere weltbekannte Tänzer Jan Minarik, der einst als rechte Hand von Pina Bausch in Wuppertal galt, teilnahmen. Minarik und seine Familie wurden einst selbst Opfer der Aktion ‚Kámen‘. Nachdenkliche Töne wurden in der Runde angestimmt, als man den Bogen zur aktuellen Situation in der Ukraine spannte, denn eine Zeit des Kalten Krieges könne schließlich erneut bevorstehen.
Sprachbarriere überwunden
„Umso wichtiger, dass wir diesen Beitrag leisten“, so Regisseur Florian Wein. „Wir möchten an diese wahnwitzige Geheimdienst-Aktion erinnern, denn dies darf nicht vergessen werden“, so auch Co-Regisseurin Maria Oberleitner.
Besonders spannend gestaltete sich beim Auftakt-Workshop in Schönsee das Zusammenspiel der tschechischen und deutschen Theater-Akteure. „Die Sprachbarrieren sind erstaunlich schnell verschwunden“, so Wein. Das Stück ist zweisprachig, es wird Deutsch und Tschechisch gesprochen, dennoch soll das Publikum die Inhalte gut verstehen.
Die Premiere des Gesamtprojekts wird am 4. Juni 2022 steigen. Regisseur Florian Wein möchte zudem ermuntern, sich zu melden, wenn man noch mitmachen möchte. Interessierte können eine Mail schreiben (info[at]ovigo-theater[dot]de) oder anrufen (09676 / 923 84 56). Weitere Informationen zum deutsch-tschechischen Grenzprojekt „Fingierte Grenzen“ und den Vorverkauf gibt es unter www.ovigo-theater.de
„Alle Figuren hat es wirklich gegeben. Es handelt sich um echte Opfer, echte Geschichte.“













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