Die Bauern liefen Gefahr, im Spannungsfeld zwischen Verbrauchern, Umweltverbänden und Gesetzgeber zerrieben zu werden. Der Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes ist entsetzt über die "rabiate Art und Weise der Kritiker und die einseitige Dresche auf die Landwirte". Er stellt fest: "Die Stimmung auf den bayerischen Bauernhöfen ist am Boden."
Auch stellvertretender Kreisobmann Johann Hahn spürt "einen gnadenlosen Vernichtungsfeldzug gegen die Landwirtschaft". Dabei seien die Bauern die wahren Umweltschützer und würden die Bevölkerung mit gesunden Lebensmitteln versorgen. "Arten sterben aus, und es entstehen neue", sagt Johann Hahn, denn Leben und Sterben gehörten zur Evolution. Dort, wo der Lebensraum passe, gebe es auch eine Vielfalt der Arten. BBV-Geschäftsführer Josef Wittmann fordert einen "Gesellschaftsvertrag" zur Sicherung der bäuerlichen Existenzen. Der Landwirt stehe "in einem knallharten Wettbewerb" und sehe sich täglich neuen Auflagen ausgesetzt. Dies führe dazu, dass der bäuerliche Nachwuchs zunehmend abwandere. Die Verbandsvertreter fordern Planungssicherheit in der EU-Agrarpolitik und einen Auflagen-Stopp als "Signal an Wirtschaft und Gesellschaft". Freiwilligkeit und Kooperation" müssten den Vorrang haben "vor immer neuen gesetzlichen Einschränkungen".
MdL Joachim Hanisch (Freie Wähler) hat Verständnis für die Bauern und verurteilt die "einseitige Stimmungsmache gegen die Landwirte". Klimaveränderung und Artensterben dürften nicht den Landwirten alleine angelastet werden. Der stellvertretende Landrat spricht sich für Steuererleichterungen, mehr Planungssicherheit und höhere Ausgleichszahlungen für die Pflege der Kulturlandschaft aus.
MdL Alexander Flierl (CSU) sieht die Bauern im Spannungsfeld zwischen den landwirtschaftlichen Herausforderungen und den Vorstellungen der "Balkon- und Hobby-Ökologen". Die Bevölkerung schätze zwar die bäuerlichen Erzeugnisse, "aber sie sollen möglichst billig sein". Der Abgeordnete fordert "eine Düngeverordnung mit Augenmaß" und Gesetze, "die dem Landwirt Spielraum lassen". MdB Karl Holmeier informierte über die modifizierten Pläne aus dem Landwirtschaftsministerium zur Düngeverordnung und versicherte: "Eine Absenkung der Stickstoffdüngung wird nur in den mit Nitrat belasteten Gebieten erforderlich werden". Für eine Ausweisung seien die Bundesländer zuständig.
Mit dem Projekt "Virtueller Stall der Zukunft" gebe das Landwirtschaftsministerium Denkanstöße zur Entwicklung zukunftsfähiger Schweineställe, die den Anforderungen des Tierschutzes, der Gesellschaft und der Nutztierhalter gerecht würden, so CSU-Politiker Karl Holmeier.
Das Hauptproblem der Landwirte ist der Bauernverband. Der Bauernverband kanalisiert sämtliche berechtigte und unberechtigte Kritik, egal ob differenziert oder pauschal, an die Adresse sämtlicher Landwirte. Wenn Kritik an einem Milchviehbetrieb in industriellen Dimensionen im Allgäu geübt wird, gibt der Bauernverband auch noch dem Nebenerwerbs-Biobauern in Oberfranken das Gefühl mitgemeint zu sein. Damit deckt der Bauernverband die Vergehen großer Industriebetriebe auch auf Kosten kleiner Vorzeigebetriebe.
Aber die Bauern sind genau so wenig über einen Kamm zu scheren, wie die Radlfahrer, die Geflüchteten oder die Katholiken. In jeder großen Gruppe gibt es solche und solche und ganz andere. Daher sollten sich die Landwirte dringend vom Bauernverband emanzipieren und sich von schwarzen Schafen in ihren Reihen distanzieren.
Der Verbraucher steht derweil genau so blöd da, wie ein Großteil der Landwirte. Viel zu lasche, kaum überprüfte Vorschriften, wirklungslose freiwillige Selbstverpflichtungen oder halbscharige Gütesiegel geben keine belastbare Orientierung. Der Verbraucher muss sich sicher sein können, dass er ein Produkt kauft, dass ohne Unkrautvernichtungsmittel, übermäßigen Medikamenteneinsatz, quälende Haltungsbedingungen, unnötige Tiertransporte oder grausame Schlachtbedingungen erzeugt wurde. Dann ist er auch bereit, einen Preis dafür zu bezahlen, der auch dem Erzeuger ein vernünftiges Auskommen garantiert. Dies darf sich natürlich nicht auf den Kauf der Rohware beschränken, sondern muss sich über die Gastronomie bis hin zu den Inhaltsangaben in verarbeiteten Lebensmitteln erstrecken. Nur vollständige Transparenz schafft Vertrauen. Man muss wissen können, ob die Salami auf der Pizza vom freilebenden, hausgeschlachteten Schwein kommt oder die Eier im Kuchen und den Nudeln aus Bio-Bruderhahn-Haltung kommen.
Freiwilligkeit und Spielraum dienen nur den skrupellosen Geschäftemachern, deren stärkste Lobbyorganisation der Bauernverband ist. Dies geht auf Lasten der Landwirte, die sich bemühen, ökologisch und ethisch zu wirtschaften.
Aussagen wie "Arten sterben aus, und es entstehen neue" sind an Zynismus und Pseudo-Darwinismus nicht zu überbieten. Dem könnte man entgegnen, dass auch Berufsfelder aussterben und neue entstehen, wenn man ähnlich ignorant denkt.
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