Langweilig wird es Ralf Bormann wahrscheinlich auch im Ruhestand nicht. Er wird auch weiterhin im Jahn-Stadion sitzen, will seinen vier Enkelkindern mehr Zeit schenken und öfter ins Fitnessstudio. Bei einem Interview in seinem Büro spricht der gebürtige Niedersachse über seine Freizeitgestaltung ab dem kommenden Sommer, warum eine gewisse Coolness als Schulleiter nicht schadet und darüber, warum er seinem Nachfolger kein bestelltes Haus hinterlässt.
Schwandorf ist ein super Standort. Wir haben noch Schüler die „Grüß Gott“ und „Pfiat Gott“ sagen.
ONETZ: Sie haben 1982 ihr Referendariat absolviert, arbeiten somit seit knapp vier Jahrzehnten in der Schule. Sind die Schüler immer noch so brav wie früher?
Ralf Bormann: (lacht) Ich glaube, da hat sich nicht viel geändert. Der Schüler von damals ist Schüler von heute. Auch wenn sich die Verhältnisse etwas geändert haben.
ONETZ: Wie sieht ihr persönliches Resümee aus?
Ralf Bormann: Ich habe den richtigen Beruf gewählt. Ich habe erst BWL in Regensburg studiert und bin nach dem Vordiplom an die LMU München gewechselt (und studierte dort Wirtschaftspädagogik; Anm. d. Red.). Irgendwann stand ich vor dem Dilemma: Jetzt musst du als Lehrer arbeiten. Dann habe ich gemerkt: Ich kann das. Ich habe für mich persönlich den richtigen Beruf gefunden.
ONETZ: Sie sind 1995 in die Schulleitung an der Berufsschule in Amberg gewechselt. So wie es sich anhört, war das Lehrerdasein eine Passion. Als Direktor steht man nicht mehr so oft vor der Klasse – fanden Sie das schade?
Ralf Bormann: Schade auf der einen Seite. Der Kontakt zu den Schülern war immer wichtig. Ich habe es geliebt, in der Berufsschule in Großhändler-Klassen reinzugehen. Diese ganzen Rabauken und Chaoten, die da aufgetaucht sind – aber sie haben gut mitgearbeitet, waren menschlich total perfekt. Diese Sachen sind nicht zu unterschätzen, das ist einfach hervorragend. Auf der anderen Seite: Wenn man in die Schulleitung kommt und Gespräche mit den Kollegen führt, ist das auch nicht so viel anders. Du hast entsprechende Charaktere – den, der eher chaotisch arbeitet, den, der überpingelig ist und alles mögliche. Das ist eigentlich ein Ersatz. In den Konferenzen triffst du auf eine Art Schulklasse mit allen möglichen Persönlichkeiten. Man lernt ganz viel und kann auch viel geben.
ONETZ: Ihnen wird eine gewisse Coolness nachgesagt. Sie haben im Vorgespräch schon spaßeshalber die Taschentücher angesprochen, die Sie auf ihrem Konferenztisch für die Gespräche bereitstellen. Ich kann mir vorstellen, dass das Ministerium oder die Regierung Ihnen regelmäßig im Genick sitzen. Braucht es da eine gewisse Lockerheit?
Ralf Bormann: Ich kann wirklich nicht behaupten, dass mir jemand im Genick gesessen ist. Das habe ich kategorisch vermieden. Ich muss ganz klar sagen: Es hat viele Hakeleien gegeben. Aber grundsätzlich, ob das der Landkreis war, die Regierung oder das Kultusministerium, es war immer alles zielführend.
ONETZ: So zielführend, dass Sie mit der Sanierung und dem Neubau des Beruflichen Schulzentrums die größte Baumaßnahme in der Geschichte des Kreises auf den Weg gebracht haben. Wie sehen Sie die Entwicklung der Schule?
Ralf Bormann: Natürlich super positiv. Es war keine einfache Geschichte zu vermitteln: Hier muss saniert und gebaut werden. Ich muss ganz klar sagen: Ich bin auf viel Verständnis gestoßen, auch die Ideen waren gut. Jetzt ist das Ganze am Laufen und wird im Jahr 2024 oder 2025 fertig werden. Das Schulzentrum wird in Zukunft organisatorisch geteilt in zwei Einheiten. Ich finde das gut, denn wenn du so eine große Einheit mit fünf Außenstellen, vier Schularten und 200 Lehrkräften hast, dann brauchst du eine gewisse Mentalität, dass du damit zurechtkommst. Du musst viele Sachen delegieren und viele Sachen akzeptieren.
ONETZ: Als Sie in Schwandorf Schulleiter geworden sind, haben Sie gesagt: „Ich übernehme ein bestelltes Haus. Das heißt aber nicht, dass alles beim Alten bleiben wird.“ Den Worten haben Sie Taten folgen lassen. Was erwartet nun ihren Nachfolger und was muss er mitbringen?
Ralf Bormann: Wie gesagt: Eine gewisse innere Ruhe. Er darf auf keinen Fall ein i-Tüpfel-Scheißer sein. Er muss genau hinschauen können, Empathie zeigen. Ein bestelltes Haus kriegt er nicht, er hat einen Haufen Arbeit hier (lacht). Aber das Kollegium ist total in Ordnung. Schwandorf ist ein super Standort. Wir haben noch Schüler die „Grüß Gott“ und „Pfiat Gott“ sagen. Ich wünsche den Kollegen und meinem Nachfolger jedenfalls alles erdenklich Gute. Etwas Besseres als an so einem Standort mit solchen Schülern und Lehrern zu arbeiten gibt es eigentlich gar nicht. In München oder Regensburg sieht das ganz anders aus – hier bei uns ist die Welt noch schnuckelig
ONETZ: Ein von einem Lehrer programmierter Counter zeigt an, dass noch 48 Diensttage bleiben (am Tag des Interviews, Anm. d. Red.). Was passiert, wenn der Zähler auf 0 steht?
Ralf Bormann: Die erste größere Operation sind meine Enkelkinder (Bormann ist vierfacher Opa, Anm. d. Red.). Der eine wird eingeschult, die andere beginnt mit dem Gymnasium – ich fahre erstmal nach Wiesbaden hoch, wo sie leben. Ich werde meine kulturellen Interessen weiter verfolgen. Ich werde nach wie vor im Jahn-Stadion sitzen. Ich werde nach wie vor Schafkopf spielen. Dann will ich mit dem Rucksack durch Südostasien reisen. Irland ist auch auf dem Radar. Ich muss mich außerdem gesundheitlich ein bisschen umstellen; möchte mehr trainieren und Radfahren. Ins Fitnessstudio komme ich jetzt zweimal die Woche, wenn überhaupt. Das ist doch schrecklich: Da hast du kaum die Muskeln etwas angespannt, dann sind sie schon wieder abgeschlafft. Mit Interesse habe ich gelesen, dass es Rennräder mit E-Bike-Motoren gibt, das werde ich mal testen.
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