Am Mittwoch hörten ihm 300 Schüler des Beruflichen Schulzentrums Oskar von Miller aufmerksam zu. Der ehemalige Militärarzt hatte 15 Auslandseinsätze in Krisen- und Katastrophengebieten hinter sich, bis er an der Strategie der Bundeswehr zu zweifeln begann. Er kehrte 2002 den Streitkräften den Rücken und zog mit seiner Familie nach Pakistan, um von dort aus der Bevölkerung in der Grenzregion von Afghanistan humanitäre Hilfe zu leisten.
Im Land am Hindukusch herrscht seit 40 Jahren Krieg. „Bis 2013 kamen die meisten Flüchtlinge aus Afghanistan“, sagt Dr. Reinhard Erös. Am Beispiel dieses südasiatischen Staates zeigte der Entwicklungshelfer auf, warum dort militärisches Eingreifen keinen Sinn habe. Er ist überzeugt: „Afghanistan lässt sich nicht erobern“. Dr. Erös erklärt das am Beispiel des afghanischen Nationalsports, dem „Buzkaschi“. Beim „Ziege ziehen“ jagen die Reiter einem 40 Kilogramm schweren Ziegenkadaver hinterher und bekämpfen sich dabei bis aufs Blut. „Ein Afghane hört erst auf zu kämpfen, wenn er tot ist“, sagt Erös. Er vergleicht deren Mentalität mit "den wehleidigen Fußballprofis, die Millionen verdienen, aber bei jedem blauen Fleck am Schienbein liegen bleiben“. Kein Vergleich zu den tapferen, widerstandsfähigen Kriegern am Hindukush. Deshalb hätten sich in der Vergangenheit auch die Engländer, die Russen und auch die Nato-Soldaten dort die Zähne ausgebissen.
Im Glaubenskrieg zwischen den Schiiten und den Sunniten mische Saudi-Arabien kräftig mit, ist Erös überzeugt. Doch der Westen lasse „das verbrecherische Regime“ gewähren, weil es um die Öllieferungen fürchte. Militärisch lasse sich der Konflikt der muslimischen Gruppen nicht lösen, zielführend seien nur humanitäre Hilfen privater Organisationen.
Der Referent bereitete die Jugendlichen auf eine „spannende Zukunft“ vor. 70 Millionen Menschen seien aktuell auf der Flucht, 200 Millionen werden es sein, wenn sich das Klima weiter so verändere. „Wir leben hier im Paradies“, stellte der Mediziner fest. „Aber wie lange noch?“ Die Jugendlichen in Afrika, Afghanistan, Bangladesch und Pakistan wissen, wie die Menschen in Europa leben und "wären blöd, wenn sie zu Hause blieben", so der Referent. Deshalb malt der 71-jährige ein düsteres Bild und macht der Jugend von heute klar: „Ihr könnt euch eure Zukunftspläne abschminken, wenn auch nur ein Bruchteil der Flüchtlinge zu uns kommt“. Es sei denn, die Jugendlichen engagierten sich politisch und "zwingen die Verantwortlichen an den Schalthebeln der Macht zum Handeln".
Der Afghanistan-Kenner war auf Einladung des Verbandes der Lehrer an Berufsschulen nach Schwandorf gekommen. Kreisvorsitzender Stefan Potschaski hatte den Kontakt hergestellt.
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