Schwandorf
04.09.2020 - 10:03 Uhr

Gewerkschaft für Verbot von Werkverträgen

Das Verbot von Werkverträgen in der Fleischindustrie schafft für den Deutschen Gewerkschaftsbund die Voraussetzungen für gute Arbeitsbedingungen. Ausnahmen – wie in Schwandorf gefordert – lehnt er deshalb vehement ab.

Tom Hiltl, Ortskartell-Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes, spricht sich klar für das geplante Verbot von Werkverträgen aus. Bild: Katja Ertl/exb
Tom Hiltl, Ortskartell-Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes, spricht sich klar für das geplante Verbot von Werkverträgen aus.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund in Schwandorf begrüßt die Entscheidung, Werkverträge in der Fleischindustrie zu verbieten. Er stellt sich vehement gegen Ausnahmen, wie sie auch die Firma Wolf in Schwandorf gefordert hat. „Die Konstruktion der Werkverträge wurde geschaffen, um die Rechte der – oft ausländischen – Beschäftigten zu schwächen", heißt es in einer Pressemitteilung des Ortskartells des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB).

Ein Verbot von Werkverträgen und Leiharbeit hat laut DGB zur Folge, dass die Beschäftigten direkt bei den Fleischkonzernen angestellt werden müssen. Dies schaffe die Voraussetzungen  für bessere Gestaltungsmöglichkeiten für gute Arbeitsbedingungen. Die Gewerkschaft bezieht sich auf eine kürzlich überreichte Petition von Wolf-Mitarbeitern, die fordern, den Gesetzentwurf zum Verbot der Arbeitnehmerüberlassung in der Kerntätigkeit der Fleischwirtschaft zu überdenken.

Schwandorf13.08.2020

Überrascht zeigte sich DGB-Ortskartellsvorsitzender Tom Hiltl laut Mitteilung insbesondere davon, dass auch Oberbürgermeister Andreas Feller für die Ausnahmen geworben habe. „Er müsste es eigentlich besser wissen“, so Hiltl.

Zweifel an Schwankungen

Rainer Reißfelder, Geschäftsführer der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) in der Oberpfalz, zweifelt generell starke saisonale Schwankungen an: „Es existiert keine extreme Saisonarbeit in der Fleischbranche. Die saisonale Schwankung, die es in Teilen der Branche gibt, kann durch gute Einsatzplanung und passgenaue Arbeitszeitkonten aufgefangen werden, so wie es viele andere Branchen – zum Beispiel die Lebensmittelindustrie – seit Jahrzehnten auch tun.

NGG und Betriebsräte hätten hier immer zusammen mit den Unternehmen gute betriebliche Lösungen gefunden. Beispiele aus der Branche würden zeigen, dass Leiharbeit in hohem Maße eingesetzt werde. Dies geschehe aber sehr konstant das Jahr hindurch, und zeigt laut Mitteilung "dass es eben keine erkennbaren Saisonschwankungen gibt".

Befristete Verträge als Alternative

Wenn es saisonalen Bedarf an Arbeitskräften gäbe, könnten die Unternehmen ohne Weiteres dafür befristete Arbeitsverträge schließen. Genau für diesen vorübergehenden Bedarf an Arbeitskräften gebe es gesetzliche Grundlagen: So heißt es in Paragraf 14 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes: "Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht“.

Zudem könnten die Arbeitgeber der Fleischwirtschaft laut Reißfelder – wie alle anderen Arbeitgeber auch – die Arbeitszeit vorübergehend verlängern, sprich Mehrarbeit anordnen. Nach dem Arbeitszeitgesetz sei das sogar bis auf zehn Stunden am Tag an sechs Werktagen in der Woche möglich.

Vor allem Leiharbeitsunternehmen, die in den vergangenen Jahren aufgrund der guten Arbeitsmarktsituation einen Rückgang ihrer Beschäftigtenzahlen verzeichnet hätten, sähen in der Fleischbranche riesige neue Geschäftsbereiche. Was sie unter „Saison“ verstehen, lasse aber erahnen, wo dieser Weg hinführe, wenn er einmal eröffnet werde: "Erst kommt Ostern, dann die Grillsaison, die Urlaubszeit, das Weihnachtsgeschäft und obendrauf kommen noch Exportaufträge – der ,saisonale' Bedarf an zusätzlichen Arbeitskräften erstreckt sich über das ganze Jahr", schreibt die Gewerkschaft.

Einheitliche Regelung

Für DGB-Ortskartellsvorsitzenden Tom Hiltl steht außer Frage, dass das Verbot von Werkverträgen die Zuständigkeit für die Produktions- und Personalplanung und für den Arbeits- und Gesundheitsschutz endlich klar und einheitlich regeln würde. So könne auch die Einhaltung von Maßnahmen zur Unfall- und Krankheitsprävention für alle umgesetzt und kontrolliert werden.

Die Beschäftigten würden unter den Geltungsbereich von existierenden Haustarifverträgen fallen. Auch Branchentarifverträge würden leichter möglich. Ihre Interessen könnten durch eine gestärkte betriebliche Mitbestimmung vertreten werden. Betriebsräte überwachen die Arbeitssicherheit, wirken an Schichtplänen mit und müssten bei Überstunden beteiligt werden.

Diese Verbesserungen seien aber kein Automatismus: "Es muss sichergestellt werden, dass Unternehmen eben keine Schlupflöcher finden, wie sie weiterhin Verantwortlichkeiten verschleiern können", betont die Gewerkschaft abschließend.

 
Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.

Klicken Sie hier für mehr Artikel zum Thema:
Zum Fortsetzen bitte

Sie sind bereits eingeloggt.

Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.