Bis 1971 musste in Deutschland jede Seifenkiste ohne fremde Hilfe allein von dem 11- bis 15-jährigen Buben konstruiert und gebaut werden, der sie auch im Rennen fuhr. Etwa 130 Stadtsieger nahmen dann jeweils an der Bundesmeisterschaft in Duisburg teil und der Bundessieger durfte auf Einladung der Adam Opel AG zur "Weltmeisterschaft der Seifenkisten-Fahrer" in die USA fliegen. Schwandorf war in den 1960er Jahren die Seifenkisten-Hochburg in der Oberpfalz: Fritz Beer wurde 1965 in Duisburg zwar "nur" Zweiter bei der "Deutschen", erhielt aber 3000 Mark Ausbildungsbeihilfe und durfte an einer dreiwöchigen Reise durch Deutschland teilnehmen. Vier Jahre später siegte bei der "Deutschen" der 14-jährige Gymnasiast Wolfgang Kick - seinen Eltern Franz und Klärle Kick gehörte das Hotel "Waldlust" - und bekam 1969 neben der Reise nach Akron/Ohio sogar 5000 Mark.
In Ohio liegt die Rennstrecke immer noch an den Derby Downs neben dem Akron Fulton International Airport. Von einem neuen Starthaus mit drei exakt nivellierten, relativ flachen Startrampen führt die frisch geteerte und nur noch 285 Meter lange Strecke hinunter zu den Tribünen beiderseits der Zielbrücke, wo sich in Spitzenzeiten bis zu 70 000 Zuschauer tummelten.In Akron zeigt die "Hall of Fame" viele Seifenkisten ehemaliger Sieger.
Ohne deutsche Fahrer
Beim 81. All American Soap Box Derby waren aber heuer keine deutschen Teilnehmer dabei. Sie hätten auf eigene Kosten fahren müssen. Teilnehmer aus Deutschland gab es nur von 1951 bis 1971 während der Ausrichtung durch Opel und anschließend unregelmäßig als Meister des Deutschen Seifenkisten-Derby. Außerdem gelten inzwischen in den USA neue Rennklassen und Bauvorschriften in diesem Sport "mit reinem Schwerkraft-Antrieb". In den Staaten heißt der Sport deshalb auch "Gravity Racing". Statt selbst gebauter Renner werden bei der US-Meisterschaft nur noch einheitliche Bausätze mit Kunststoff-Karosserie verwendet. Die "Stock-Car"-Klasse für Kinder von 7 bis 13 Jahren, bis 1,60 Meter Größe und maximal 55 kg Körpergewicht ist ein relativ kantiges Einstiegs-Fahrzeug, in dem Fahrerin oder Fahrer - seit 1972 sind auch Mädchen zugelassen - nach vorne gebeugt sitzen.
In der deutlich gerundeten "Super Stock Division" für 9- bis 18-Jährige ist Aufbau und Sitzposition ähnlich und die Bausätze kosten rund 500 Dollar. Der besonders schnittige, zweiteilige Master-Kit, in dem 10- bis 20-Jährige möglichst flach auf dem Rücken liegen, ist für 675 Dollar mit Fuß- oder 730 Dollar mit Handbremse erhältlich. In jedem Fall sind bei Rennen einheitliche Kunststoff-Radsätze für 125 Dollar zu verwenden.
Um auszuschließen, dass die Kugellager der Räder verbotenerweise geölt oder nachgehärtet wurden und Weichmacher den Rollwiderstand der Gummi-Laufstreifen reduzieren, werden bei den US-Bundesmeisterschaften immer neue Radsätze ausgegeben, die alle die gleiche Qualität haben. Der Rennerfolg selbst wird hauptsächlich durch ein ruhiges Lenkverhalten und in geringem Umfang auch durch Einstellung von Sturz und Vorspur an den Starrachsen beeinflusst.
Projekte an Schulen
Viele Bausätze werden in Schulklassen unter Mithilfe von Lehrern oder Studenten des College of Engineering der University of Akron montiert. Ein auf "Science, Technology, Engineering and Mathematics" (Wissenschaft, Technik, Ingenieurswesen und Mathematik) basierendes Lernprogramm fördert Teamarbeit, Projekt-orientiertes Lernen, kritisches Denken, handwerkliche Fähigkeiten und nicht zuletzt: Spaß! Anregungen dazu geben in einer großen Museums-Halle auch die zahlreiche Seifenkisten aus früheren Jahren, die von Erfolgen berichten und Entwicklungen aufzeigen. Weil sich aber auch Erwachsene gern an ihre Seifenkisten-Zeit erinnern oder diese sogar "verpasst" haben, gibt es über klassische Rennen für Kinder und Jugendliche hinaus immer mehr Fun-Veranstaltungen. Dafür steht ein bewusst rustikaler Bausatz inklusive klassischen Speichenrädern mit dicken Luftreifen zum Preis von 550 Dollar zur Verfügung.
Damit lassen sich richtige "Kisten" für Erwachsenen-Wettbewerbe, Marketing-Maßnahmen oder Teambuilding- Aktionen bauen und anschließend ausprobieren. Schließlich gibt es mit den National Super Kids Classic auch noch einen Wettbewerb, bei dem körperlich oder geistig behinderte Kinder als Beifahrer in einer zweisitzigen Seifenkiste antreten und Erfolge erringen können.
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