Vor der Dritten Strafkammer des Amberger Landgerichts stehen 600 Euro Geldstrafe zur Debatte. Doch selbst wenn die Richter diese wegen Beleidigung vom Amtsgericht Schwandorf verhängte Ahndung bestätigen, will der 50 Jahre alte Angeklagte den Rechtsweg weiter beschreiten. "Notfalls bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte", ließ der aus einem ehemaligen Ostblockstaat stammende Asylbewerber übersetzen.
Der Kammervorsitzende Peter Hollweck gestattete dem Beschuldigten, die sich in einer schwül-warmen Augustnacht 2018 zugetragene Geschichte aus seiner Sicht zu schildern. Das tat der 50-Jährige mit massiven Vorwürfen gegen zwei Schwandorfer Polizisten. Kurz nach Mitternacht hielten sich damals viele Asylsuchende vor ihrer Unterkunft im Süden der Stadt Schwandorf auf. "An Schlaf war bei dieser Hitze in der ehemaligen Werkhalle nicht zu denken", hörte das Gericht.
Dann seien zwei Polizisten erschienen, hätten alle Menschen mehr oder weniger rüde in das Haus gedrängt. "Ich habe das mit meinem Handy gefilmt", berichtete der 50-Jährige und gab zu erkennen, dass er Augenblicke später im Mittelpunkt körperlicher Attacken gestanden habe.
Richter Hollweck hörte: "Eine Hand verdreht, abgeführt und ohnmächtig geworden". Da habe man ihn mit Wasser übergossen und kurze Zeit später mit auf dem Rücken gefesselten Händen zum Streifenwagen geschleppt. Dort habe ihn dann einer der Beamten auf Russisch angesprochen und einen "Mafiosi" und "Banditen" geheißen.
Auf der Polizeiwache will der Mann in eine Haftzelle gebracht und auch dort übel misshandelt worden sein. Die Bitte, einen Arzt zu verständigen, sei auf taube Ohren gestoßen. Nach seiner Entlassung aus dem Arrest habe er sich verzweifelt an eine dem Revier benachbarte Behörde gewandt. "Dort hat man mir geholfen und einen Arzt geholt". Allerdings: Die von dem 50-Jährigen geschilderten Verletzungen standen später so nicht im Attest des Mediziners.
"Haben Sie beleidigt?", wollte Richter Hollweck wissen. Der Angeklagte räumte ein: "Ich habe während der Fahrt Faschisten gesagt". In seinem ihm abgenommenen Handy habe später die SIM-Karte gefehlt. Sie sei nie wieder aufgetaucht.
Weil der andere gerade Urlaub hat, erschien nur einer der beiden zum Einsatz erschienenen Polizisten. Der Richter vernahm eine gänzlich andere Version. Viele Leute vor der Unterkunft, Krawalle zu befürchten: "Sie sollten reingehen", ließ der 35-Jährige vernehmen. Also habe man die Menschen ins Haus bugsiert. Der Angeklagte sei dann als eine Art Rädelsführer aufgetreten. Deswegen habe man ihm den Gewahrsam erklärt und ihn zum Streifenwagen gebracht. Auf dem Weg dorthin habe es eine offenbar gespielte Bewusstlosigkeit des Mannes gegeben und später im Dienstfahrzeug Beleidigungen wie "Nazis", "Banditen" und "Faschisten". Danach hätte es selbstverständlich keine Tritte und Hiebe im Haftzellenraum gegeben.
Interessant ist: Die Staatsanwaltschaft hat unterdessen ein Verfahren gegen die Uniformträger eingestellt. Ungeklärt blieb allerdings in diesem Berufungsverfahren, wie denn die Rolle des so bezeichneten Rädelsführers konkret aussah. Fakt war letztlich nach Worten von Richter Hollweck nur: "Wir haben hier über Beleidigungen zu befinden. Und die haben Sie eigentlich zugegeben."
Das Verfahren geht im September weiter. Dann soll der zweite damals eingesetzte Ordnungshüter erscheinen. Vornehmlich zur Beantwortung der Frage, ob er den festgenommenen Asylbewerber im Streifenwagen auf Russisch angesprochen hat. "Der spricht diese Sprache nicht", ließ sein Kollege wissen.
Eine Bestätigung des Urteils gegen den 50-Jährigen steht bevor. Doch was sich in dieser Augustnacht 2018 zutrug, wird wohl auch danach einen faden Beigeschmack behalten.













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