"Das war ein Geschenk für mich als Schriftsteller," sagt der in Cham lebende Setzwein am Donnerstag im Oberpfälzer Künstlerhaus, als er sein Buch vor etwa 30 Gästen vorstellt. Nicht nur für ihn, auch für die Zuhörer: Er blättert das außergewöhnliche Leben der Familie Coudenhove-Kalergi auf, die um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert europäische Geschichte schrieb.
"Das war ein Geschenk für mich als Schriftsteller," sagt der in Cham lebende Setzwein am Donnerstag im Oberpfälzer Künstlerhaus, als er sein Buch vor etwa 30 Gästen vorstellt. Nicht nur für ihn, auch für die Zuhörer: Er blättert das außergewöhnliche Leben der Familie Coudenhove-Kalergi auf, die um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert europäische Geschichte schrieb. Der Auslöser für die Recherchen Setzweins: Eine Gedenktafel am Schloss Ronsperg, heute Pobežovice, Partnerstadt Schönsees und gleich hinter der Grenze zu Tschechien. Hier lebte der Gründer der Paneuropäischen Union, Graf Richard Coudenhove-Kalergi. Setzwein recherchiert, findet eine abenteuerliche Familien-Geschichte, saugt die Quellen auf "wie ein Schwamm", erzählt er - um "dann alles zu vergessen", um frei zu sein für seine neue, teils gefundene, teils erfundene Geschichte.
Setzwein lässt die Sensation aufleben, als Heinrich Graf Coudenhove-Kalergi im Jahr 1896 aus dem diplomatischen Dienst in Japan zurückkehrt nach Ronsperg, um das Erbe der Familie anzutreten. Der Kutsche entsteigen seine japanische Frau Mitsuko, in einen Kimono gehüllt wie die kleinen Söhne Richard, genant Dicky, und Johannes alias Hansi. Mehr Exotik geht nicht in einem kleinen Städtchen am Fuß des Böhmerwalds. Zumal Graf Heinrich internationale Freundschaften lebt, etwa mit einem indischen Kalifensohn, der für eine Pan-Islam-Bewegung der europäischen Muslime wirbt. Auch ein Rabbi geht im Schloss ein und aus. All das verpackt Setzwein in Anekdote um Anekdote, lässt in Dialogen und Szenen die Charaktere aufleben. Ganz nebenbei: Setzwein ist ein herausragender Vorleser.
Die kosmopolitische Atmosphäre in Ronsperg dürfte Grundlage für Richards Traum gewesen sein, Europa zu einen. Er sah das schon Anfang der 1920er Jahre als unabdingbar an - andernfalls werde es bald einen zweiten Weltkrieg geben. Die Geschichte gab ihm bekanntlich Recht. Sein älterer Bruder Graf Hansi - stets mit Lorgnon vor dem linken Auge - hat mit der Politik nichts am Hut. Als gebildeter Schöngeist und Exzentriker ist er als Student in Wien schnell Stadtgespräch und Frauenschwarm. Er heiratet Ungarin Lilly Steinschneider, die als erste Fliegerin im österreichischen Kaiserreich gilt. Hansi feiert in Berlin, auch mit den Braunhemden, baut in Ronsperg einen Turm ans Schloss. Und einen Kachelofen, der ihn in Lebensgröße darstellt.
Die Scherben des Ofens seien erst kürzlich in Ronsperg entdeckt worden, erzählt Setzwein. Das ehrwürdige Gebäude selbst ist völlig ausgeräumt. Denn: Die Politik hat Graf Hansi doch eingeholt, am Ende des Krieges. Die Familie verliert alles. Seine tragische Geschichte ist das Gerüst, um das Setzwein seinen Roman webt. Graf Hansi verschlägt es am Ende nach Regensburg.
Setzwein gelingt, die Geschichte einer vergessenen Familie zu retten und mit leichter Hand in einen herrlich abenteuerlichen Roman zu verpacken. Hinter jeder Figur lauert eine Geschichte, die Setzwein weiter spinnt, zu einem Roman als " Zwitter aus Wahrheit und Unwahrheit" - das Zitat von Graf Dicky passt wie das Lorgnon auf Graf Hansis Auge.
Böhmischer Samurai
Der böhmische Samurai, Roman von Bernhard Setzwein, Haymon Verlag, 448 Seiten, gebunden, 22,90 Euro.
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