"Wissen die in der hohen Politik das auch?", fragte Stadtrat Jochen Glamsch (UW) am Mittwoch im Alten- und Pflegeheimausschuss. "Das", das ist die Tatsache, dass das Elisabethenheim - wie viele andere Alten- und Pflegeeinrichtungen im Lande auch - seine Kapazität im vergangenen Jahr nicht voll nutzen konnte. Von den 178 Plätzen waren im Schnitt 169 belegt - obwohl es Wartelisten gibt. Den Grund dafür hatte Geschäftsführer Egon Gottschalk erläutert. Das Heim konnte die geforderte Quote von 50 Prozent Pflegefachkräften unter den Beschäftigten nicht erfüllen. "Es gibt keine Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt", sagte Gottschalk.
Eine Anwerbung von Kräften aus dem Ausland lehnt er ab. Da sind einerseits zu überwindende Sprach- und kulturelle Barrieren. Andererseits reiße jede abgeworbene Fachkraft in ihrem Heimatland eine Lücke. Denn der Mangel an Pflegekräften treffe nicht nur die Bundesrepublik. Die Maßnahmen für Aus- und Fortbildung, die am Elisabethenheim laufen, brauchen ihre Zeit. "Wir konnten bis zu zehn Prozent unserer Heimplätze nicht belegen", sagte Gottschalk. Wegen einer geforderten Quote, der es laut Gottschalk an wissenschaftlicher Untermauerung fehlt. Das Fatale an der 50-Prozent-Quote: Wird ein schwer pflegebedürftiger Mensch aufgenommen, kann das dazu führen, dass weniger Zimmer belegt werden können - denn die nötigen Fachkräfte sind derzeit nicht zu bekommen.
Was das bedeutet, ist leicht auszurechnen: Letztlich müssten Betreiber von Alten- und Pflegeeinrichtungen darauf zielen, nur möglichst rüstige Senioren aufzunehmen. Da mag die Fachkraftquote politisch noch so gut gemeint sein - letztlich trifft sie pflegebedürftige Senioren und ihre Familien. Das löste nicht nur bei Glamsch Kopfschütteln aus.
Vier Vollzeit-Fachkräfte bräuchte die Stiftung etwa, um die Plätze wieder nutzen zu können, erläuterte Gottschalk gegenüber den Oberpfalz-Medien. Die Lage erleichtern würde es auch, wenn die gesetzliche Quote nicht taggenau eingehalten werden müsste, sondern ein Schnitt über einen längeren Zeitraum gelten würde. Bei unplanbaren Ereignissen wie einer Erkrankung einer Mitarbeiterin oder wenn eine Mitarbeiterin schwanger wird - in der Pflege gilt dann sofortiges Beschäftigungsverbot - könnte dann besser reagiert werden.
Geld wäre da
"An finanzieller Ausstattung fehlt es nicht", sagte Gottschalk. Das Geld für Fachkräfte wäre da. Das "Pflegepersonalstärkungsgesetz" des Bundes ermöglicht bundesweit 13 500 Planstellen in den Einrichtungen. "Die meisten der Stellen können aber mangels Bewerberinnen nicht besetzt werden", heißt es im Lagebericht des Geschäftsführers. "Die Nachfrage nach Kurzzeit- oder vollstationären Pflegeplätzen übersteigt das Angebot deutlich". Diese Entwicklung werde sich verstärken.
Die jährliche Qualitätsprüfung durch den medizinischen Dienst schloss das Heim mit einer 1,0 ab. Mit dem "grünen Haken", der vor allem "weiche" Faktoren wie Selbständigkeit, Lebensqualität und Zufriedenheit der Bewohner bewertet, darf sich das Heim seit Jahren auszeichnen. "Ich vergleiche es immer mit einem Vier-Sterne-Hotel", sagte CSU-Sprecher Christian Eimer.
"Die Lage ist derzeit wirklich schwierig", bewertete Alfred Braun (SPD) die Personalprobleme. Er sprach den Mitarbeitern und der Führung des Hauses "größten Respekt" aus: Denn auch in schwierigen Fällen - etwa wenn ein pflegebedürftiger Senior abgewiesen werden muss - helfe die Mannschaft um Gottschalk und seinen Stellvertreter Josef Siml und sei um Lösungen bemüht. Marion Juniec-Möller (Grüne, AuGe) und Lothar Walz (FW) teilten diese Ansicht. Die fehlende Belegung schlägt sich in den Zahlen für das Elisabethenheim nieder. Der Fehlbetrag lag 2018 bei über 182 000 Euro. Zum Glück hat die Vermögensverwaltung der Stiftung, der vor allem Wald und Grundstücke gehören, einen Überschuss von 115 000 Euro erwirtschaftet. Darin enthalten ist ein Vermächtnis von 20 000 Euro, das die Spitalstiftung erhielt. Konsolidiert schließt die Bürgerspitalstiftung damit das Jahr mit einem Minus von knapp 67 000 Euro ab. Es ist der erste Fehlbetrag seit mehreren Jahren.
Auch 2019 Verlust
Auch für 2019 rechnet die Stiftung mit einem negativen Abschluss. Die Kosten für die Bewohner sollen ab August für die Pflegeleistungen und die Unterkunft um je zwei Prozent steigen. Mit Ausbildungsplätzen zu Fachkräften und Fortbildung für Pflegehilfskräfte soll der Personalmangel aufgefangen werden. Bei einer geplanten Auslastung von 170 Plätzen (95 Prozent) rechnet Gottschalk mit Einnahmen von 6,66 Millionen Euro, die Ausgaben sind auf 6,84 Millionen Euro kalkuliert. Bleibt ein Minus von gut 176 000 Euro. Aus dem Stiftungsvermögen wird ein Gewinn von 132 000 Euro erwartet, bleibt insgesamt ein Fehlbetrag von 44 000 Euro.
Ab dem vierten Quartal 2019, wenn Auszubildende fertig werden, könne das Elisabethenheim voraussichtlich alle Plätze belegen, so Gottschalk in seinem Bericht. Der Alten- und Pflegeheimausschuss billigte den Jahresabschluss 2018 einstimmig, ebenso die Planungen für das laufende Jahr. Über letztere muss auch noch der Stadtrat beschließen.
Luftschlösser statt Pflegeplätze
Hört sich toll an, 13500 zusätzliche Stellen für die Pflege. Auch dagegen, dass die Hälfte des Pflegepersonals in einem Heim einen Fachkraftbrief in der Tasche haben muss, kann niemand etwas haben. Oder?
Die Politik könnte momentan auch 50000 zusätzliche Planstellen für die Pflege versprechen. Es würde nur nichts helfen: Es gibt einfach zu wenige Menschen, die den Beruf ergreifen wollen. Das mag an der Bezahlung liegen, an den (Schicht-)Arbeitszeiten und auch der Dichte der Aufgaben. Und es ist auch nicht Jede(r) für einen sozialen Beruf geboren.
Angesichts dieses Mangels gesetzlich strikt auf eine 50-Prozent-Quote zu pochen, ist angesichts dessen ein Fehler. Entscheidend muss die Qualität der Versorgung der Pflegebedürftigen sein. Nicht, ob das Personal ein bestimmtes Zeugnis in der Tasche hat oder nicht. Es ist kein Drama, wenn die Bürgerspitalstiftung wegen der Quote zwei Jahre hintereinander Miese schreibt. Das Drama ist, dass in einer erstklassig bewerteten Einrichtung Plätze frei bleiben, obwohl die Wartelisten voll mit Menschen sind, die Hilfe brauchen. Wäre die Politik so flexibel wie die Mitarbeiter, die sich jeden Tag um Bedürftige kümmern, würde sie reagieren mehr auf Qualität setzen denn auf Zeugnis-Stempel.
Von Clemens Hösamer