Speichersdorf
07.10.2019 - 11:59 Uhr

Gartenbauer besiegeln ihr Aus

Betretene Mienen bei den Mitgliedern des Obst- und Gartenbauvereins. In einer außerordentlichen Versammlung haben sie dessen Auflösung zum Jahresende beschlossen. Bild: hai
Betretene Mienen bei den Mitgliedern des Obst- und Gartenbauvereins. In einer außerordentlichen Versammlung haben sie dessen Auflösung zum Jahresende beschlossen.

Damit kann sich der Vorstand des Obst- und Gartenbauvereins um die Abwicklung kümmert. Die Entscheidung sei notwendig, geworden, da die Mitgliedschaft im Kreis-, Bezirks- und Landesverband ein Vierteljahr vorher gekündigt werden müsse, erklärte Vorsitzender Horst Surauf. Andernfalls müssten die anteiligen Beiträge für ein weiteres Jahr abgeführt werden. Das Vereinsvermögen werde satzungsgemäß gemeinnützigen Einrichtungen gespendet, der Gerätepark zum Verkauf angeboten. "Mir tut es selbst im Herzen weh", betonte Surauf. Der 73-Jährige, der seit knapp 20 Jahre den Verein führt, dankte vor allem seinen Weggefährten für die Zusammenarbeit, den anwesenden Mitgliedern für die Treue.

Ende einer Entwicklung

Mit der Auflösung "stirbt" erstmals seit der Gebietsreform 1972 ein immer um die 100 Mitglieder zählender Verein. Die Auflösung ist der konsequente Schritt einer jahrelangen Entwicklung. Ein Großteil der aktuell 93 Mitglieder hatte kaum mehr Interesse am Angebot und an der Arbeit im Vorstand. Auch fehlte die Jugend. Der Altersdurchschnitt liegt bei 68,7 Jahren. Aber vor allem bedeuteten die gescheiterten Suchen nach einem neuen Gerätewart sowie Standort für den Gerätepark das Aus (Kasten).

Der Entscheidung war eine zweistündige Diskussion der Probleme und Lösungsversuche vorangegangen. Dabei zeigte sich auch, dass es nicht an der Führungsriege mit Vorsitzendem Horst Surauf, Stellvertreter Norbert Kopp, Gerätewart Robert Söllner, Kassierin Ingrid Kostka, ihren Nachfolger Roland Herath und Schriftführerin Brigitte Redel lag. Sie hatte jährliche Pflanzaktionen gestartet, mit Vereinserlösen soziale Einrichtungen unterstützt, die Internetseite neu entwickeln lassen sowie Vorträge, Ausflugsfahrten und Feste organisiert. "Aber es kamen immer nur dieselben", resümierte Surauf. Und wenn man um Unterstützung nachgefragt habe, habe kein Mitglied Zeit gehabt, ergänzte Söllner.

Auch hatte Surauf wiederholt seinen Rückzug als Vorsitzender angekündigt. 2020 wären Neuwahlen angestanden. Es fanden sich weder ein Nachfolger noch ein tragfähiger Vorstand, vor allem kein Nachfolger für den Gerätewart. Es seien Flyer-Aktionen gestartet, die Zusammenarbeit mit anderen Vereinen ausgelotet und Fusionsgespräche geführt worden, jedoch ohne eine Lösung zu erzielen.

Bürgermeister Manfred Porsch und Ehrenbürger Siegfried Schäller appellierten an das Traditionsbewusstsein sowie den Idealismus der Mitglieder. Sie sollten dem Verein noch einmal für ein Jahr eine Chance geben. Mit Gärtnereimeister Manfred Bauer als kommissarischen Vorsitzenden hatten sie nämlich eine Übergangslösung mitgebracht. Der 73-Jährige Windischenlaibacher hatte sich bereit erklärt, interimsweise einzuspringen. Porsch setzte darüber hinaus alle Hoffnungen auf Junior-Chef Harald Bauer. Ebenso hatten sich Kopp, Redel sowie Norbert Kaussler bereiterklärt, vorübergehend weiterzumachen. Doch mit einer Übergangslösung konnten sich weder Surauf noch die Mehrheit anfreunden. Ohne eine tragfähige Mannschaft werde nur weiter gewurschtelt. "Liebe ein Ende ohne Schrecken als ein Schrecken ohne Ende", meinte der Vorsitzende.

Versäumnisse vor Jahren

Laut Kopp ist es in den 1970er und 1980er Jahren versäumt worden, sich Gedanken über die Zukunftsfähigkeit des Vereins zu machen. Man habe sich um kein eigenes Grundstück, Vereinsheim und keinen eigenen Geräteschuppen gekümmert. Mit eigenen Räumlichkeiten hätte man auch für Kinder etwas anbieten können. Dann wären wie in Kemnath junge Familien gekommen. Gertraud Pögelt mahnte, das frühere Angebot des Gartenbauvereins mit Ausflugsfahrten nicht madig zu machen. Für sie liegen die Gründe für das mangelnde Interesse, vor allem bei der Jugend, im explodierenden Freizeitangebot. Bei der Volkshochschule würden sich noch zwei Kinder für Veranstaltungen anmelden, berichtete deren Leiterin.

Der Verein habe lange Zeit Hoffnungen in die Unterstützung durch die Gemeinde gesetzt, berichtete Surauf. So erinnerte er unter anderem an die Jahreshauptversammlung im April, in der zweiter Bürgermeister Rudi Heier seine uneingeschränkte Unterstützung zugesagt habe. "Von April bis September hat sich kein Schwein gerührt - jetzt soll alles in fünf Minuten passieren", schimpfte Surauf. Söllner verwies noch auf die Möglichkeit, dem Siedlerbund beizutreten. Dieser verfüge ebenfalls über einen Gerätepark.

Hintergrund:

Den „Luxus“ Geräteverleih immer weniger gewürdigt

Der Geräteverleih war das Herzstück und die Einnahmequelle des Vereins. Gerätewart Robert Söllner, unterstützt von seiner Frau Sieglinde, hatte vor 19 Jahren das Ehrenamt übernommen. Seitdem hatte der 69-Jährige auch kostenlos seine Scheune für die Unterbringung der Geräte zur Verfügung gestellt. „Das war Luxus, was die Familie Söllner hier leistete“, erklärte Kassier Roland Herath. Söllner gewährleistete eine Ausgabe auf kurzem Wege. Doch es sei immer weniger gewürdigt worden.

Seit drei Jahren hatte er und Vorsitzender Horst Surauf ihren Rückzug angekündigt. Wie sich in der Auflösungsversammlung zeigte, konnte trotz größter Bemühungen für die Nachfolge und für eine Scheune oder Garage keine Lösung gefunden werden, um den Geräteverleih am Laufen zu halten.

Der Vorschlag von Bürgermeister Manfred Porsch, Gerätewart und Unterstellmöglichkeiten über einen Aufruf im Gemeinderundbrief zu suchen, stieß auf Unverständnis. Schon im April sei dies zugesagt worden, passiert sei seitdem nichts, kritisierte Surauf. Den Vorschlag, die Geräte im Bauhof unterzubringen lehnte Porsch mit dem Hinweis ab, dass der Bauhof am Wochenende geschlossen sei. Auswärtige Standorte wurden als nicht praktikabel eingeschätzt. Porsch brachte auch einen Fortbestand des Vereins ohne Geräteverleih ins Gespräch. „Wir können den Mitgliedern doch nicht das Geld abnehmen und nichts zurückgeben“, hielt Surauf dagegen.

Willi Kreutzers Idee, die Unterbringung und den Verleih von Geräten auf einzelne Mitglieder zu verteilen, erteilte der Vorsitzende ebenso eine Absage. Mit Leitern sei das schon einmal gemacht worden, am Ende habe keine mehr gewusst, wo sie verblieben seien. Das sei eine Disziplinfrage. Die Logistik sei so nicht zu bewältigen. Die Ausgabe- und Rücknahmezeiten zu reglementierten, blieben dabei gut gemeinte Vorschläge. Die Geräte dann zur Reparatur und Wartung in die Werkstatt zu geben sei nicht finanzierbar.

Zudem wusste Schriftführerin Brigitte Redel, dass manche Geräte überhaupt nicht mehr nachgefragt werden. Auch seien zusehends Geräte verdreckt und defekt abgegeben worden. Ärgerlich war für Söllner selbst, dass sogar am Sonntagabend das Telefon wegen einer Ausleihe geläutet habe. Manche hätten sich dafür angemeldet, seien aber erst Stunden später gekommen. Ebenso seien Geräte erst Tage später nach der vereinbarten und bezahlten Ausleihzeit zurückgebracht worden.

 
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