Speichersdorf
06.12.2022 - 12:40 Uhr

In Speichersdorf fällt Startschuss für lebensrettende App bei Herzstillstand

Mit der neuen App "Team Bayern Lebensretter" wird ein Nothelfer-Netzwerk aufgebaut, um bei Herz- oder Kreislaufstillständen die Überlebenschance des Patienten zu erhöhen und Leben zu retten. Der Startschuss dafür fiel in Speichersdorf.

In der Sportarena die App "Team Bayern Lebensretter". Speichersdorf sei für die Kick-off-Veranstaltung auserkoren worden, da die Flächengemeinde in Bayern den größten Versorgungsgrad an Defibrillatoren aufweise, erklärte Bürgermeister Christian Porsch. Auf Initiative von Karl Bernet, Projekt-Koordinator Defi-Netzwerk Bayreuth, und Gemeinderat Wolfgang Hübner waren in den vergangenen fünf Jahren in Zusammenarbeit von Vereinen und Gemeinde 16 öffentlich zugängliche Defibrillatoren installiert worden.

Symbolisch für die Inbetriebnahme drückten Jürgen Dippold (BRK-Landesverband Abteilungsleiter Leitstellen), Bayreuths Oberbürgermeister Thomas Ebersberger (Verbandsvorsitzender Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung Bayreuth/Kulmbach), Markus Ruckdeschel (Kreisgeschäftsführer BRK-Bayreuth), Lisa Neumeier (Projektleitung Team Bayern), Christian Porsch (Bürgermeister), Raimund Heiny (Leitung Team Bayern), Dr. Christian Haag (Ärztlicher Leiter Rettungsdienst Bayreuth/Kulmbach) und Peter Maisel (Vorsitzender BRK Bayreuth) den roten Knopf.

Reanimation nur bei 40 Prozent

Zuvor wurde das Projekt der Öffentlichkeit präsentiert und dessen Funktionsweise demonstriert. Über 60 000 Menschen erlitten jedes Jahr in Deutschland außerhalb eines Krankenhauses einen Herzstillstand. 90 Prozent sterben. Nur 40 Prozent erhielten eine Laien-Reanimation. Das appbasierte System ersetze nicht die Fachleute. Es vergrößere das Helferpotenzial und beschleunige die Ersthelferalarmierung in der Fläche.

Ziel ist, gemeinsam mit tausenden Menschen in Bayern das therapiefreie Intervall bei Herz-/Kreislaufstillständen zu verkürzen und so Leben retten. In Zusammenarbeit mit vielen Geburtshelfern, so der Initiator und Promotor des Projekts Markus Ruckdeschel, wie dem Zweckverband für Rettungsdienst- und Feuerwehralarmierung (ZRF), der ILS Bayreuth/Kulmbach und dem Bayerischen Roten Kreuz hat das "Team Bayern" ein System zur Laienreanimation nach Vorbild des "Teams Österreich" entwickelt.

Erste-Hilfe-Kurs Voraussetzung

Freiwillige Helfer im Netzwerk können fortan als sogenannte "Team Bayern Lebensretter" noch vor dem Eintreffen des Rettungsdienstes wichtige Erste Hilfe in Form von Wiederbelebungsmaßnahmen leisten. Die Leitstelle verständigt im Ernstfall nicht nur den Rettungsdienst, sondern auch die in der Nähe anwesenden und registrierten freiwilligen Lebensretter. "Jeder, der sich das zutraut - ganz nach seinen Fähigkeiten und Einsatzmöglichkeiten" könne mitmachen, erklärte Lisa Neumeier. Voraussetzung sei ein neunstündiger Erste-Hilfe-Kurs, der nicht länger als zwei Jahre zurückliegt, oder eine höherwertigere Ausbildung.

Triebfeder sei die Vision gewesen, jeden Kreislaufstillstand innerhalb von sechs Minuten zu erreichen, fuhr Neumeier fort. "Das Potenzial der Menschen, die bereit sind, bei einem Kreislaufstillstand zu helfen, macht diese Vision realisierbar", meinte sie. Neumeier verwies auf das Erfolgsmodell Österreich, wo der Beginn der Wiederbelebung innerhalb von sechs Minuten von 10 auf 50 Prozent gesteigert werden konnte.

Interessierte können sich auf der App registrieren. Bei einem Notfall im Umkreis des Helfers von 400 Metern wird dieser alarmiert. Ist er bereit zu übernehmen, erhält er eine Wegbeschreibung mit den Standortdaten des Patienten und des nächstgelegenen Defibrillators, eine Anleitung zur Herzdruckmassage und die richtige Taktgebung für die Reanimation. Über die App kann sich der Helfer auch mit der Leitstelle verbinden lassen.

Die Datenübertragung erfolgt laut Lisa Neumeier von der Leitstelle direkt an diese Helfer auf deren Handy und sind verschlüsselt. Die Einsätze würden auch dokumentiert und seien jederzeit nachvollziehbar. "Team Bayern" kümmere sich auch um eine erforderliche Nachsorge. Einen "Baustein der Menschlichkeit und Nächstenliebe", nannte Jürgen Dippold die Lebensretter-App. Deshalb sei es besonders wichtig, möglichst viele Mensch zu erreichen, die mitmachen, so der Leiter von "Team Bayern", Raimund Heiny. Er wünschte sich, dass von Speichersdorf ein Welle der Bereitschaft zur Mitwirkung ausgehen möge.

In einem Laienschauspiel wurde anschließend ein Live-Szenario eines Lebensretter-Einsatzes simuliert. Oliver Heinz von der BRK-Bereitschaft Mistelgau, Karl Bernet, Annika Schreier (Marketing und Datenschutz für den BRK-Kreisverband Bayreuth), Katrin Kürzdörfer (Landratsamt Bayreuth, Koordinatorin der gemeinsamen Gesundheitsregion Plus der Region Bayreuth Stadt und Land) sowie Daniel Schott und Markus Grasser vom Rettungsdienst stellten eindrucksvoll dar, wie schnell, effizient und unproblematisch ein "Team Bayern"-Lebensrettereinsatz abläuft.

Hintergrund:

"Team Bayern Lebensretter"

  • zunächst Start für den Bereich der Integrierten Leitstelle Bayreuth/Kulmbach mit den Landkreisen Bayreuth und Kulmbach sowie der kreisfreien Stadt Bayreuth mit insgesamt knapp 250.000 Einwohnern
  • weitere Leitstellengebiete in der Oberpfalz und in Oberfranken sowie im Süden Bayerns sind in der technischen Vorbereitung
  • Hintergrund: „Team Bayern“ als Hilfsnetzwerk aus ungebundenen freiwilligen Helferinnen und Helfern im Jahr 2013 vom BRK und Radiosender Bayern 3 eingerichtet; unter anderem im Falle von Naturkatastrophen oder zur Entlastung von Pflegepersonal in Pandemiezeiten
 
Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.

Zum Fortsetzen bitte

Sie sind bereits eingeloggt.

Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.