Große Windrad-Pläne im Niemandsland

Speinshart
03.03.2019 - 12:16 Uhr

Gut Ding braucht Weile, sagt Speinsharts Bürgermeister. Er meint damit die Aufteilung eines riesigen gemeindefreien Gebietes vor seiner Haustür. Historisch gehöre es zu Speinshart, stellt er vielsagend fest.

Auf dem gemeindefreien Gebiet zwischen Speinshart, Vorbach, Neustadt am Kulm, Speichersdorf und auch Prebitz sollen Windräder entstehen.

Die Auswirkungen der Säkularisation von 1803 werden zum Zankapfel zwischen Gemeinden. Gut 200 Jahre nach der Eingliederung des Speinsharter Klosterwaldes in den Staatsforst reißen sich gleich fünf Kommunen um die gemeindefreie Fläche des ehemaligen Prämonstratenser-Eigentums. Jeder will das Niemandsland. Seit Jahren diskutieren die Anliegergemeinden Speinshart, Vorbach, Neustadt am Kulm, Speichersdorf und auch Prebitz über die Eingemeindung der 1116 Hektar großen Waldfläche. Denn einige Gemeinden hoffen auf die Errichtung von Windrädern auf den bisher gemeindefreien Flächen.

Der Wind bläst den Kommunen neben der Grundsteuer vor allem Gewerbesteuereinnahmen in den Gemeindesäckel. Nun setzte Bürgermeister Albert Nickl in der Bürgerversammlung eine Duftmarke: "Der Speinsharter Forst war einmal Klosterwald." Nickl folgerte: "Das Gebiet gehört deshalb zum Klosterdorf."

Für gerechte Lösung

Von dieser Maxime ausgehend, zeigte sich der Speinsharter Gemeindechef in der Bürgerversammlung dennoch kompromissbereit. Nickl verwies auf Gespräche mit den Kollegen Werner Roder, Wolfgang Haberberger und Manfred Porsch und plädierte für eine aus Sicht der Gemeinde Speinshart gerechte Lösung unter Einbeziehung einer 80 Hektar großen Speinshart-Enklave an der oberfränkischen Grenze, die bereits zum Gemeindegebiet des Klosterdorfes gehört. Dieses Gebiet stehe nicht zur Disposition, machte Nickl im Einklang mit der Auffassung des Gemeinderates deutlich.

Nach Verhandlungen auf der Ebene der Bezirksregierungen der Oberpfalz und Oberfrankens liege der Ball derzeit bei den Regierungsstellen. Der Bürgermeister deutete Kompromissbereitschaft an. Die Zukunft werde zeigen, ob diese Bereitschaft auch bei den anderen Anrainer-Kommunen bestehe. Ohne Einigung prophezeite Speinsharts Gemeindechef Stillstand. Nickl: "Auch damit könnten wir leben."

Die Gebietsansprüche stehen im Zusammenhang mit den Interessen der Windpark-Lobby. Nickl verwies auf eine Initiative des "Windparks Frankenpfalz" zum Bau von bis zu sechs Windrädern in Teilen des Speinsharter Forstes. Auch zu diesem Thema habe es interkommunale Gespräche gegeben, gab der Bürgermeister bekannt. Nickl verwies zudem auf Aktivitäten der Neue Energien West (NEW) zur artenschutzrechtlichen Prüfung des Areals. "Die Zwischenergebnisse lassen auf eine Genehmigungsfähigkeit des Windkraft-Projekts schließen."

Widerstand formiert sich

Es gebe aber auch Widerstände gegen die geplanten Windkraftanlagen: Nickl verwies auf die Bürgerinitiative "Windkraftfreie Heimat um den Rauhen Kulm" und insbesonere auf die Ortschaften Ramlesreuth (Gemeinde Speichersdorf) und die Gemeindeteile Lämmershof und Tremau der Stadt Neustadt. Mittlerweile lehne die oberfränkische Nachbarkommune Speichersdorf die Windkraftplanung der NEW ab. Der Windpark in diesem Gebiet stehe deshalb vor dem Aus, zitierte der Bürgermeister aus einer Presserklärung der NEW. Daraus folgerte Albert Nickl: "Gegen den Willen der Betroffenen sind 250 Meter hohe Windräder nicht durchsetzbar."

In einer kurzen Diskussion verurteilte Bettina Stickling aus Grün den "Windrand-Gigantismus" als menschenverachtend. Viele Bewohner der Ortschaften bekämpften deshalb den Bau der monströsen Anlagen. Stickling warb zugleich für die Bürgerinitiative "Windparkfreie Heimat rund um den Rauhen Kulm", warnte vor gesundheitlichen Spätfolgen durch Windräder und der Verschandelung von Kulturlandschaften und Naturdenkmälern.

Gemeinderat Johann Mayer, Vorstand der Energie-Bürgergenossenschaft West, meinte dagegen: "Einem großen Konzern sind solche Einwände wurscht." Der Bürgermeister ergänzte: "Wenn die Kommune kein Baurecht herstellt, geht gar nichts."

Hintergrund:

Beispielhaft bei neuen Energien

Bürgermeister Albert Nickl pries Speinshart als Mustergemeinde bei der Energiegewinnung. „In Speinshart tut sich eine Menge bei der Erzeugung erneuerbarer Energien“, stellte Nickl in der Bürgerversammlung fest und verwies auf interessante Energiedaten. Zum Beispiel seien im Jahr 2017 über 7 Millionen Kilowatt-Stunden Stromerzeugung aus regenerativer Biomasse und aus Photovoltaikanlagen erzeugt worden. Zum Vergleich: Auf 3 Millionen kW/h belief sich der Stromverbrauch im Gemeindegebiet. Im Verhältnis zeige die Gemeinde mit dem Faktor 2,4 eine deutliche Mehrproduktion an regenerativem Strom. Eine gute Bilanz, wie der Bürgermeister urteilte. Sein Dank galt Bernhard Trassl als Produzent von Biogas. Die Biogasabwärme nutzten die Gemeinde und viele umweltfreundliche Speinsharter zur Nahwärmeversorgung.

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